Hattingen. Viele Schüler leiden unter Stress. Ein Gymnasium in Hattingen hat nun eine Aktion mit Blick aufs Abi gestartet: Entspannter durch die Oberstufe.
Manche klagen über Schlafprobleme, einige stehen Klausuren nur mit drei Energiedrinks und zwei Tafeln Traubenzucker durch. Und weitere sorgen sich, dass ihnen neben der Vorbereitung aufs Abitur keine Zeit mehr bleibt für Freunde und Hobbys. Regelmäßig bekommen Melanie Hoppe (39) und Sylvia Legat (46) dies von Jugendlichen zu hören. Daher haben die beiden Frauen nun einen Workshop-Tag ins Leben gerufen: „Entspannter durch die Oberstufe“. Worum genau es ging; und was der Workshop-Tag gebracht hat.
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Melanie Hoppe und Sylvia Legat arbeiten am Gymnasium Holthausen in Hattingen, die eine als Lehrerin und Schulseelsorgerin, die andere als Schulsozialarbeiterin. „Viele Schülerinnen und Schüler“, schildern sie ihre Erfahrungen, „sind psychisch stark belastet“. Das habe zwar verschiedenste Ursachen. Aber, so ihre Wahrnehmung: Seit Corona habe der gefühlte schulische Stress bei (zu) vielen Heranwachsenden noch einmal deutlich zugenommen. „Uns war und ist es daher umso wichtiger, den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, dass sie wahrgenommen und gehört werden mit ihren Problemen.“
Erfolgreicher zum Abitur gelangen
Den Mädchen und Jungen am Gymnasium Holthausen wollten sie zu Beginn der Oberstufe dabei Strategien und Kompetenzen an die Hand geben, wie diese ihre Ressourcen besser nutzen und erfolgreicher zum Abitur gelangen können. Angeboten bei dem Workshop-Tag für die rund 100 Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase der Oberstufe wurden schließlich Schulungen zu den Themen Ernährung, Entspannung, Stress, Schlaf, Lernen lernen und Zeitmanagement. Zudem gab es ein Angebot zur religiösen Orientierung. Durchgeführt wurden die Workshops von externen Dozenten der Ruhr-Universität Bochum, der Caritas, der AOK. Zudem machten Schulpfarrer Frank Bottenberg und Lisa-Marie Hupka, Lerncoaching-Beratungslehrerin am Gymnasium Holthausen, mit.
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Mara (16) sagt, sie habe sich bis dato „schon sehr gestresst gefühlt“ mit Blick auf die gerade begonnene Oberstufe. „Man hört ja von überall her diese Horrormärchen, dass man so lange in der Schule ist und danach auch noch so viel lernen muss.“ Sie habe wirklich große Sorge gehabt, wie sie das schaffen solle und nicht gewusst, wo da noch Zeit bleibe für Freunde und die Familie. Inzwischen weiß sie: „24/7 lernen kann man gar nicht.“
„Bislang hatte ich ein paar Probleme mit Lernstrategien. Aber jetzt weiß ich genau, worauf es beim Lernen wirklich ankommt.“
Man müsse, sagt unterdessen Ella (16), seine Zeit sinnvoll nutzen fürs Lernen, Prioritäten setzen, sich Lernpläne machen (und einhalten). Zudem brauche man regelmäßige Pausen. „Bislang hatte ich ein paar Probleme mit solchen Lernstrategien. Aber jetzt weiß ich genau, worauf es beim Lernen wirklich ankommt.“
Täglich drei Dinge aufschreiben, die besonders gut gelungen sind
Mara sagt derweil, sie habe aus dem Workshop-Tag vor allem Strategien mitgenommen, wie sie mit Schulstress besser umgehen kann. Statt ständig nur auf die belastenden Momente eines Tages zurückzublicken, schreibt sie nun täglich drei Dinge auf, die besonders gut gelungen sind. Am Tag vor ihrer Deutscharbeit an diesem Montag (7.10.) stand auf dieser Liste etwa das Frühstück mit der Familie, das sie trotz Lernstresses geschafft hatte, einzurichten. „Wenn mein Stresslevel vor dem Workshop-Tag bei 8 (von 10) gelegen hat, so ist es heute auf 4 gesunken“, freut sie sich. „Ich habe gelernt, wie auch ein Leben neben der Schule gelingt.“
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Valentino, der bis dato Schwierigkeiten mit seinem Schlafrhythmus hatte, hat der Workshop-Tag ebenfalls geholfen. „Seit diesem klappt es mit meinem Schlaf viel besser und in der Schule kann ich mich dadurch auch besser konzentrieren.“ Dem 16-Jährigen ist durch den Workshop-Tag dabei noch einmal sehr bewusst geworden, warum man sein Bett nur zum Schlafen und nicht auch noch zum Lernen nutzen sollte. Und dass auch regelmäßiger Sport und Bewegung sich positiv auf guten Schlaf auswirken können, Genussmittel (Alkohol, Nikotin, Koffein) dagegen nicht.
Atemübungen vor der nächsten Klausur
Viel weitere positive Resonanz, betonen Melanie Hoppe und Sylvia Legat, hätten sie auf ihren Workshop-Tag erhalten. Die Jugendlichen hätten plötzlich neue Vorsätze für einen gesunden Pausensnack, manche machten Atemübungen vor der nächsten Klausur. Und ein Junge, sagt Melanie Hoppe, habe stellvertretend für viele gesagt: Der Tag habe ihm die Angst vor dem Abitur und den vielen Anforderungen genommen.
„Entspannter durch die Oberstufe“ steht nach seiner Premiere nun fest im Schulprogramm des Gymnasiums Holthausen. Der Workshop-Tag wird also (nicht nur) im kommenden Jahr erneut stattfinden.