Hattingen/Sprockhövel. Die Stromtrasse von Hattingen über Sprockhövel nach Wuppertal wird um- und ausgebaut. Jetzt sollen die Bürger ins Boot geholt werden. Die Fakten.

380 statt 220 Kilovolt: Rund 18 Kilometer Stromtrasse zwischen den Umspannwerken an der Isenbergstraße in Hattingen sowie Linde bei Wuppertal sollen in den nächsten zehn Jahren erneuert werden. Jetzt hat Netzbetreiber Amprion auf WAZ-Anfrage erste Details vorgelegt.

+++ Sie wollen keine Nachrichten mehr aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Auf Hattinger Gebiet sind vor allem die Bereiche um den Homberg (Südstadt), das Wodantal, Eggendahl und Raffenberg sowie Am Geitling, Elfringhauser Straße, In der Porbecke/Porbecker Hof und Oberstüterstraße im weiteren Hügelland betroffen. Zumeist führt die Trasse über Wald und Wiese, sodass sich hier im Gegensatz etwa zur Stadt Schwelm noch kein Widerstand formiert hat.

Lesen Sie auch:

Amprion will bald aktiv auf die Anwohnenden zugehen. „Wir planen derzeit eine Bürger-Infotour entlang des Trassenverlaufs und werden damit auch nach Hattingen sowie zu den anderen betroffenen Kommunen kommen, um unsere erste technische Entwurfsplanung vorzustellen“, so Sprecher Andreas Lehmann. „Im Rahmen der Veranstaltungsreihe werden wir auch noch einmal umfassend über das Projekt und die nächsten Planungsschritte informieren.“

>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Was bisher feststeht: „Derzeit erstellen wir die erste technischen Entwurfsplanung für die zu errichtende 380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen Hattingen und Linde“, berichtet Lehmann. Die Zahl der Leitungsseile wird verdoppelt. Statt zwei gehören künftig vier zu den tonnenschweren Leitungsbündeln. Drei davon werden sowohl in die eine Richtung und ebenfalls drei in Gegenrichtung installiert. Amprion geht bei der Planung davon aus, dass es neue Masten geben wird – bis zu 90 auf der gesamten Strecke. Zudem sollen auch die Seile ausgetauscht werden.

Kosten Hattingen-Linde: Dreistelliger Millionenbetrag

Und dieses Projekt kostet: „Das Vorhaben Hattingen-Linde zuzüglich der Erweiterungen der Umspannanlagen Hattingen und Linde sowie des Baus der Umspannanlage Linderhausen wird sich nach aktuellem Planungsstand im unteren dreistelligen Millionenbetrag bewegen“, teilt Amprion mit.

Auf dem Sprockhöveler Stadtgebiet sind vor allem die Ortsteile Gennebreck, Haßlinghausen und Obersprockhövel betroffen.

„Wir planen die Einreichung der Planfeststellungsunterlagen für das Jahr 2025“, erklärt der Unternehmenssprecher. „Damit wird dann auch das Genehmigungsverfahren beginnen. Nach aktueller Planung werden wir die bereits angesprochene Bürger-Infotour bis Ende des Jahres durchführen.“

Masten werden bis zu 80 Meter hoch

Die Pläne des Netzbetreibers Amprion für die Stromtrasse zwischen Hattingen und Wuppertal sind gesetzlich im Bundesbedarfsplangesetz verankert. Die bestehenden Strommasten müssten für die geplante Höchstspannungsleitung knapp doppelt so hoch und auch wesentlich breiter gebaut werden. Bis zu 80 Meter hohe Masten sollen 24 Leiterseile tragen.

Die Protestler aus Schwelm sehen ein Erdkabel als Alternative zur oberirdischen Hochspannungsleitung und verweisen auf Regelungen im Landesentwicklungsplan NRW. Das Ziel sei es, Amprion dazu zu bewegen, sowohl die Möglichkeit für Erdkabel zu prüfen, als auch eine im Netzentwicklungsplan 2021 ausgewiesene bereits vorhandene Alternativroute zu nutzen, sagt Stefan Wähler, stellvertretender Vorsitzender des Vereins.

Warum hat sich Amprion zu dem Projekt entschlossen? Die Trasse von Hattingen nach Wuppertal-Linde gehört zu mehr als 100 Hochspannungstrassen, deren Kapazitäten erweitert werden. Die Begründung für alle Vorhaben lautet gleich: Windparks an der Nordsee sollen demnächst einen großen Teil des Stroms in Deutschland erzeugen. Für den Transport vom Norden in den Süden Deutschlands reichen die vorhandenen Leitungen dann nicht mehr aus.

Amprion geht davon aus, dass bis 2028 die rechtlichen Grundlagen geschaffen sind, um mit dem Bau beginnen zu können. Wenn alles glattläuft, soll die Trasse 2033 ans Netz gehen. Sollten bei den Arbeiten Flurschäden entstehen, können Entschädigungen beim Bauherren geltend gemacht werden.

In Schwelm hat sich längst massiver Widerstand formiert. Nach zwei Jahren Bürger-Initiative wurde hier der Verein „Energievernunft Schwelm“ gegründet. Die Mitglieder wollen die Hochspannungsleitung, die quer durch Wohngebiete verlaufen soll, stoppen – weil sie einen massiven Wertverfall ihrer Immobilien in den Wohngebieten befürchten. 

>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.

In Hattingen und Sprockhövel dürften eher Proteste von naturverbundenen Menschen zu erwarten sein. Deshalb wird bis zum kommenden Jahr ein Register zu den Tier- und Pflanzenarten entlang der Trasse angelegt. Auch der Vogelbestand etwa wird katalogisiert. Anhand der Daten wird entschieden, ob Vorkehrungen zum Vogelschutz getroffen werden müssen, indem man beispielsweise Warnkugeln montiert.