Hattingen. Die Vereinbarkeit von Familie & Beruf stellt viele Arbeitnehmer vor Herausforderungen. Ein Versandhandel in Hattingen zeigt, wie‘s funktioniert.

In Zeiten von Fachkräftemangel setzen viele Arbeitgeber auf Familienfreundlichkeit. Bei dem Hattinger Kindergarten- und Schulausstatter Backwinkel GmbH wird diese schon seit Jahren praktiziert, dafür wurde dem inhabergeführten Unternehmen mit Sitz an der Ruhrallee jüngst sogar das Prädikat „Familienfreundliches Unternehmen“ verliehen. Mitarbeitende schildern, wie Backwinkel das Etikett mit Leben füllt.

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14 und neun Jahre jung sind die beiden Kinder von Anika Birrell (40). Die zweifache Mutter ist alleinerziehend, arbeitet aktuell in der einen Woche sechs, in der nächsten sieben Stunden am Tag im Backwinkel-Kundenservice. Drei Tage pro Woche kann sie dabei jeweils im Homeoffice arbeiten. „Dank der flexiblen Arbeitsmöglichkeiten bei Backwinkel“, sagt Anika Birrell, „klappt es mit der Betreuung meiner Kinder wirklich gut.“

Derzeitiges Stundenmodell nicht das erste, das auf Bedürfnisse flexibel reagiert

Das derzeitige Stundenmodell ist dabei nicht das erste, mit dem Jochen Backwinkel (59), der Geschäftsführer des inhabergeführten Versandhandels für Kindergärten und Schulen in ganz Deutschland, auf die besonderen Bedürfnisse seiner Mitarbeiterin reagiert. Früher, als ihre beiden Jungen noch jeweils eine Woche beim Vater, die andere bei ihr gewohnt haben, habe sie eine Woche in Vollzeit, die folgende in Teilzeit gearbeitet, sagt Anika Birrell. Und wer weiß, mit welchem Modell sie in einigen Jahren beruflich tätig sein will.

Über die Auszeichnung als familienfreundliches Unternehmen freuen sich (v. li.): Nelli Schnarr, Jochen Backwinkel,  Anika Birrell, Mario Naujoks, Pavithea Kuganoorthy und Ellen Freye.
Über die Auszeichnung als familienfreundliches Unternehmen freuen sich (v. li.): Nelli Schnarr, Jochen Backwinkel, Anika Birrell, Mario Naujoks, Pavithea Kuganoorthy und Ellen Freye. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

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Anika Birrell ist bei weitem nicht die einzige Kraft bei Backwinkel mit einem besonderen Arbeitszeitmodell. Von den insgesamt 43 Kolleginnen und Kollegen - unter ihnen neun Alleinerziehende - haben „mehr als die Hälfte individuelle Arbeitszeitmodelle“, sagt Nelli Schnarr (43), Assistentin der Geschäftsführung. Nicht zuletzt dank passgenauer Beschäftigungsverhältnisse steigt dabei auch die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Und damit die Chance, dass ein Mitarbeitender, eine Mitarbeitende längerfristig im Unternehmen verbleibt. Bei dem Hattinger Kindergarten- und Schulausstatter gehört immerhin jeder Vierte länger als zehn Jahre zur Belegschaft.

Eine Woche im Monat in Hattingen, den Rest im Homeoffice in Hamburg

Darunter auch jener Kollege, der vor einiger Zeit mit seiner Familie aus dem Ruhrgebiet nach Hamburg umgezogen ist. Um diesen weiterhin im Unternehmen zu halten, arbeitet der Kollege nun eine Woche im Monat in Hattingen, den Rest sitzt er im Homeoffice an der Elbe.

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Wegen derart flexibler Arbeitszeitmodelle hat Mario Naujoks (28), der in der IT-Administration tätig ist, Ende 2023 sogar eigens bei der Backwinkel GmbH angeheuert: Der Firmenchef nämlich ermöglicht es Naujoks, dass er seinen Partner bei dessen beruflichen Auslandseinsätzen in San Francisco künftig begleiten kann - und während jener Zeit für das Hattinger Unternehmen in der Stadt in Kalifornien im Homeoffice arbeitet.

Das Prädikat

Seit zehn Jahren verleiht das Kompetenzzentrum Frau & Beruf Märkische Region das Prädikat „Familienfreundliches Unternehmen“, mit dem jetzt auch die Backwinkel GmbH aus Hattingen ausgezeichnet worden ist. Der Onlineshop für Kindergarten- und Schulausstattung wird damit Teil eines Netzwerks von gut 80 Unternehmen.

Zum Standard in den zertifizierten Unternehmen gehören verschiedenste Modelle flexibler Arbeitszeiten oder Home-Office-Lösungen sowie eine Vielzahl zusätzlicher Leistungen. Von Betriebskitas bis hin zu speziellen Beratungsangeboten und einem sukzessiven Wiedereinstieg nach der Elternzeit oder einer Angehörigenpflege.

Ansprechpartnerin für Unternehmen, die sich für das Prädikat 2025 interessieren, ist Michaela Kalemos, Tel.: 02331/488 7843, E-Mail: kalemos@agenturmark.de.

Stets ein offenes Ohr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gebe es bei ihm, betont der Firmenchef: „Grundsätzlich geht bei uns die Familie immer vor.“ Und wenn etwa ein Kind krank sei, dann sei es bei Backwinkel erstmal das Wichtigste, dass dieses wieder gesund werde. Oder dass es bei einem Betreuungsnotstand versorgt sei. „Wenn es nicht anders geht, dann kommen die Kinder halt mit zu uns in den Betrieb.“ Seine Frau Ellen Freye (57), die für das Marketing der Backwinkel GmbH verantwortlich zeichnet, nickt und betont: „Das gesamte Team unterstützt einander.“

Zur Familie zählen bei der Backwinkel GmbH auch Haustiere

Familienfreundlich zu sein, darunter verstehen Jochen Backwinkel und Ellen Freye aber nicht nur Angebote, mit denen sich die beruflichen Bedürfnisse mit denen von Kind und /oder Partner vereinbaren lassen. „Zur Familie zählen bei uns auch Haustiere.“ Vier Bürohunde gibt es bei Backwinkel dabei aktuell.

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Und auch solche Probleme hat man bei Backwinkel im Blick: Einmal, als eine Mitarbeitende ihren Sohn nach der Schule verloren glaubte, erinnert sich Jochen Backwinkel, da habe ein Kollege diese nicht nur nach Hause gefahren - sondern auch mitgeholfen, den Jungen zu suchen. Und als Pavithra Kugamoorthy (34) für ihren 15-jährigen Sohn, einen Autisten, bis zuletzt keinen Praktikumsplatz fand und Jochen Backwinkel davon erfuhr, bot er dem Jungen kurzerhand einen in seinen Betrieb an - in der IT-Abteilung. „So etwas“, sagt die alleinerziehende Mutter, „das ist doch einfach toll.“

„Wenn irgendetwas ist, das unseren Mitarbeitenden Problemen bereitet, dann versuchen wir stets, diesen zu helfen und eine Lösung zu finden“, betont Jochen Backwinkel. Wir fühlen uns für diese einfach verantwortlich.“