Hattingen/Sprockhövel. Der Ton wird rau: Gegen Helfer und der Feuerwehr Hattingen gibt es immer häufiger (verbale) Attacken. Klare Kante vom Präsidenten: „Ein Unding!“
Angriffe auf Einsatzkräfte der Feuerwehren in Hattingen, Sprockhövel und dem gesamten EN-Kreis nehmen zu. Einblicke des neuen Präsidenten des Feuerwehrverbandes Ennepe-Ruhr.
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Sie wollen Menschen retten und begeben sich dafür zwangsläufig in Gefahr - die Löschzüge und Rettungsdienste der Feuerwehr. Was verstärkt hinzukommt, ist die Gefährdung durch Übergriffe bei den Einsätzen. Am häufigsten wird gepöbelt, weiß Markus Neuhaus, Präsident des Feuerwehrverbandes Ennepe-Ruhr.
Denn das hört er immer wieder bei seinen Gesprächen mit den Kameradinnen und Kameraden. Die führt der Hattinger, seit er im Februar sein Amt als Verbandschef aller Feuerwehrleute im Ennepe-Ruhr-Kreis angetreten hat. Rund 3000 Mitglieder haben die Feuerwehren in den neun EN-Städten. Und mit möglichst vielen will Neuhaus möglichst schnell ins Gespräch kommen. Sein Motto: „Triff‘ Dein Präsidium“.
„Heute sind Autofahrer sauer, wenn ein Drehleiter-Wagen die Straße blockiert und sie einen Umweg fahren müssen. Da wird geschimpft und geschrien. Ein Unding.““
„Tätliche Angriffe sind in Hattingen erfreulicherweise die absolute Ausnahme“, berichtet Markus Neuhaus. Pöbeleien gehörten dagegen zum Tagesgeschäft. „In erster Linie sind davon die Rettungsdienste betroffen. Da ist man eng an eng mit Verletzten und Angehörigen unterwegs. Oft sehr emotional. Verbale Attacken häufen sich.“
Früher hatte Blaulicht immer Vorfahrt
Was sonst noch schlimmer wird: die Wut von Verkehrsteilnehmern bei Absperrungen. „Früher hatte Blaulicht immer Vorfahrt“, erinnert sich der 40-Jährige. „Heute sind Autofahrer sauer, wenn ein Drehleiter-Wagen die Straße blockiert und sie einen Umweg fahren müssen. Da wird geschimpft und geschrien. Ein Unding.“
Inzwischen wird die Bedrohung durch Wutbürger auch bei der Aus- und Weiterbildung angesprochen. Womit wir bei einer Herzensangelegenheit des neuen Präsidenten sind. Der Nachwuchs steht bei ihm ganz oben auf der Liste. Schließlich ist er selbst mit 18 in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten. Später hat er die Jugendfeuerwehr in Hattingen aufgebaut und geleitet. Inzwischen ist er auch Löschzugführer der Freiwilligen Feuerwehr Hattingen-Mitte.
„Die Kleinsten machen den größten Mut“, freut sich Markus Neuhaus. „Es gibt immer mehr Kinder- und Jugendfeuerwehren im Ennepe-Ruhr-Kreis.“ Das ist auch der Grund dafür, dass die Zahl aller haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleute in EN in den vergangenen fünf Jahren von 2500 auf knapp 3000 gestiegen ist.
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Was Sorge bereitet: der hauptamtliche Nachwuchs. „Der Personalmangel ist da“, sagt Neuhaus. „Früher waren handwerkliche Begabungen Grundvoraussetzung für eine Ausbildung. Heute nehmen wir auch andere Interessenten und am Ende dürfen sich alle aussuchen, auf welcher Wache sie arbeiten wollen. Arbeitslose Feuerwehrleute gibt es nicht.“
Personalmangel hin oder her - dass die Landesregierung das Rentenentrittsalter für aktive Feuerwehleute jetzt von 60 auf 61 Jahre anhebt, hält Markus Neuhaus für grundfalsch. „Nach 40 Jahren Einsatzdienst ist der Körper durch. Der spätere Renteneintritt ist ein Unding“, kritisiert der Verbandschef.
Da ist der neue Präsident ganz Lobbyist
Ursprünglich hatte die schwarz-grüne Koalition in Düsseldorf den Renteneintritt noch ein Jahr weiter nach hinten schieben wollen. Und jetzt diesen Kompromiss gefunden. Für Markus Neuhaus ein völlig falsches Signal. „Ja doch, die Anforderungen wachsen“, meint er. „Aber dem begegne ich besser mit mehr und frischem Personal, als mit Kameradinnen und Kameraden jenseit der 60.“
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Da ist der neue Präsident ganz Lobbyist. „Im positiven Sinn natürlich“, sagt Markus Neuhaus mit einem Schmunzeln. Weichen stellen für die Aus- und Weiterbildung, Mitgestaltung auf Landesebene, Austausch mit der Politik - „die Arbeit macht mir Spaß“, stellt der neue Präsident des Feuerwehrverbandes Ennepe-Ruhr fest. Bei Gesprächen mit dem Landrat könne er schon anders auftreten als vorher. „Er ist ja nicht mein Dienstvorgesetzter.“
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Und dann sind da natürlich noch die vielen Gespräche mit den Kameradinnen und Kameraden. Triff‘ Dein Präsidium. Das will Markus Neuhaus leben.