Hattingen. Immer mehr Bürger setzen sich gegen die Einrichtung von Sammelstellen für Mülltonnen in Hattingen zur Wehr. Jetzt gibt es eine neue Entwicklung.
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger setzen sich gegen die Einrichtung von Sammelstellen für Mülltonnen in Hattingen zur Wehr. Macht die Stadt nun eine Kehrtwende?
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Diese Hoffnung hegt zumindest Jürgen Gentzmer, Sprecher der Bewohner der Häuser Nikolaus-Groß-Straße 10-28 in Niederwenigern.
Bürger in Niederwenigern sind „sehr enttäuscht und verärgert“
„Sehr enttäuscht und verärgert“, so der Wennische, seien er und seine Nachbarn über den Bescheid der Stadt - vor allem darüber, dass bei so weitreichenden Entscheidungen Bürger „vor vollendete Tatsachen“ gestellt werden sollten und diesen allein der Klageweg angeboten wurde. „Wir haben dennoch sofort gesagt, dass wir zunächst das Gespräch mit der Verwaltung suchen wollen“, so Gentzmer.
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In einem Schreiben an Bürgermeister Dirk Glaser begründen Jürgen Getzmer und die übrigen 17 Eigentümer der Häuser Nikolaus-Groß-Straße 10-28 dabei ihren Einspruch gegen einen Mülltonnen-Sammelplatz auf dem Gehweg vor Haus Nummer 10 umfassend.
„Nie Gefährdungen von Personal oder Anwohnern“ an der Nikolaus-Groß-Straße
Das Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen, hatte die Stadt Hattingen ihren Bescheid begründet, habe in der Vergangenheit „immer wieder zu schweren Unfällen“ geführt. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) habe Müllfahrzeugen Rückwärtsfahrten daher „grundsätzlich verboten“.
Das, so Jürgen Gentzmer, stimme so aber gar nicht: So sei es seit 2017, seit diese „Branchenregel für die Abfallwirtschaft“ gilt, „nie zu gefährlichen Situationen oder Gefährdungen von Personal oder Anwohnern“ an der Nikolaus-Groß-Straße gekommen, aus der Erinnerung von Anwohnern, die dort teils schon seit 60 Jahren leben, auch zuvor nicht. Ungeachtet dessen gelte das Rückfahrverbot der DGUV nur für Straßen, die nach dem 1. Oktober 1979 gebaut wurden. Bei anderen müssten „geeignete Abfallsammelfahrzeuge“ eingesetzt werden.
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Darauf weist auch Michael Sommer hin, Anwohner der Straße Im Tal. „Es gibt ja auch kleine Müllsammelfahrzeuge“, betont Sommer. Und dass die DGUV Müllfahrzeugen das Rückwärtsfahren grundsätzlich verbiete, merkt der Wennische noch an, sei „eine Lüge“.
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Wie schon andere Bürger, die den Klageweg gewählt haben, so sind auch Sommer, Gentzmer und dessen Nachbarn überzeugt, dass die Mülltonnen-Sammelplätze neues Gefahrenpotenzial bergen: Zum Beispiel ließen 70 Zentimeter breite Mülltonnen auf dem 1,60 Meter breiten Gehweg der Nikolaus-Groß-Straße Personen mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen keinen Platz mehr zum Passieren, „sie müssten auf die Straße ausweichen“, so Getzmer. Zudem führe an der geplanten Sammelstelle ein Schulweg entlang.
Zweifel, dass Stadt alle betroffenen Straßenabschnitte vor Bescheid besichtigt hat
Gleiches gilt für die Mülltonnen-Sammelstelle Im Tal - „die ist noch dazu in einer Kurve, an einer abschüssigen, besonders engen Bürgersteig-Stelle“, so Sommer. Man hege, so Jürgen Gentzmer, „Zweifel, ob die Stadt tatsächlich alle 130 Straßenabschnitte, in denen Sammelstellen eingerichtet werden sollen, vor dem Bescheid auch besichtigt hat“.
Inzwischen, atmet er auf, sei das zumindest für den Bereich Nikolaus-Groß-Straße 10-28 geschehen: „Wir hatten hier mit Abfallberaterin Cornelia Padtberg einen Ortstermin.“ Danach dann habe ein von der Stadt angemietetes kleineres Müllfahrzeug den Straßenabschnitt zwischen den Häusern 10-28 befahren - „das ging problemlos. Und im Wendehammer konnte der Wagen sogar wenden - ohne den Rückwärtsgang einlegen zu müssen“.
„Wenn die Testphase positiv verläuft, beabsichtigen wir, das Engstellenfahrzeug zu kaufen“
Wenige Tage später erhielt Jürgen Gentzmer eine Mail: Das angemietete Engstellenfahrzeug werde nun in verschiedenen Straßen im Stadtgebiet getestet, so Cornelia Padtberg. „Wenn die Testphase positiv verläuft, beabsichtigen wir, das Engstellenfahrzeug zu kaufen. Der Bescheid über die Einrichtung eines Sammelstandplatzes für Abfallgefäße wird dann zurückgenommen und die Abfallentsorgung kann in der Nikolaus-Groß-Straße 10-28 in alter Form erfolgen.“
Abfallentsorgung durch kleineres Müllfahrzeug
Die Abfallentsorgung durch ein kleineres Müllfahrzeug ist laut Stadtsprecherin Susanne Wegemann „mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Das Fahrzeug kann nur rund die Hälfte der Menge eines gängigen Müllfahrzeuges transportieren. Das bedeutet, es müssen deutlich mehr Fahrten durchgeführt werden“.
Problematisch sei das insbesondere, weil der Weg zur Umladestation in Witten mit Hin- und Rückfahrt rund eineinhalb Stunden dauere. Der Transport sei also „mit erheblichen zeitlichen und finanziellen sowie personellem Aufwand und Umweltbelastungen verbunden. Die Kosten dafür müssten mit den Müllgebühren von allen Bürgerinnen und Bürgern getragen werden“.
Es werde daher „höchstens in Einzelfällen zum Einsatz kommen“, so Wegemann.
Michael Sommer dagegen wartet auf ein solches Signal bislang vergebens - „obwohl der Bürgermeister mir versprochen hat, dass Mitarbeitende der Abfallberatung die Abfuhr-Situation hier Im Tal mit uns Bürgern zusammen noch einmal neu erörtern wollen“.
Stadtsprecherin: Umsetzung der Branchenregel musste „nun angegangen werden“
Laut Stadtsprecherinm Susanne Wegemann ist die Beschaffung eines Engstellenfahrzeugs indes schon „seit Monaten in Arbeit“, vergangene Woche habe man eines zur Miete bekommen - „früher als erwartet“. Dass die ersten Bescheide zu den Mülltonnen-Sammelstellen zwischenzeitlich bereits verschickt worden sind, liege daran, dass das Sicherheits-Problem rückwärtsfahrender Müllfahrzeuge schon lange bestehe und die Umsetzung der Branchenregel „nun angegangen werden musste“.
Das kleinere Müllfahrzeug, so Wegemann, werde jetzt getestet, aber nicht jede Engstelle anfahren können. „Somit könnten sich die Sammelplätze höchstens verringern, sie werden aber nicht komplett durch ein kleineres Fahrzeug ersetzt.“