Hattingen. Hattingens Stadtpfarrei hatte einen Käufer für die denkmalgeschützte Kirche St. Engelbert in Niederbonsfeld gefunden. Die neuen Entwicklungen.
Es schien ein Lebenstraum, den sich Dominic Scholzen (31) in Niederbonsfeld erfüllen wollte: Wohnen in einer ganz besonderen Immobilie, der denkmalgeschützten Kirche St. Engelbert. Offiziell verkauft an ihn werden sollten Kirche und angrenzendes Pfarrhaus am 1. Juli 2024. Doch jetzt gab es einen Paukenschlag.
Der Wuppertaler hat dem Ruhrbistum und Hattingens Stadtpfarrei St. Peter und Paul mitgeteilt, dass er „von der weiteren Verhandlung zum Kauf der Kirche und des Pfarrhauses St. Engelbert zurücktreten muss“. Und nun?
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Aus der Kirche St. Engelbert eine Wohnimmobilie zur Eigennutzung machen wollen -unter Berücksichtigung der Auflagen des Denkmalschutzes: Diesen Plan hatte Dominic Scholzen der WAZ noch im Januar erläutert. Einen rund 75 Quadratmeter großen Bungalow in Holzständerbauweise hatte er dafür in dem Kirchengebäude geplant, mit großflächigen Glasfenstern an drei Seiten und in der Decke. Die ehemalige Bücherei im angrenzenden Pfarrhaus hatte er zudem zu einer Anliegerwohnung ausbauen und vermieten wollen. Doch aus alledem wird nun nichts.
Hintergrund: Kirchen-Entwidmung
Ein Verkauf und die Umnutzung der Kirche St. Engelbert sind im Zuge des Pfarrei-Entwicklungs-Prozesses beschlossen. Die Stadtpfarrei muss im Zuge sinkender Kirchensteuern nämlich sparen - und ihre Kosten bis zum Jahre 2030 im Vergleich zu 2014 fast halbieren. Auch in anderen Teilen des Ruhrbistums wurde der Sparkurs verordnet.
Die Profanierung, also Entwidmung, der denkmalgeschützten Kirche St. Engelbert war bereits für Ende Juni terminiert worden. Sie ist Voraussetzung für eine weltliche Nutzung des Gebäudes. Wann St. Engelbert nun nach der jüngsten Entwicklung profaniert wird, ließ sich redaktionell noch nicht klären.
Investor erläutert seine Gründe fürs Projekt-Aus
Per Mail hat der 31-Jährige die katholische Kirchengemeinde über seinen Rückzug vom geplanten Investment informiert: „Aufgrund einer Zweitmeinung eines weiteren Architekten, welcher mit der Kirchenumnutzung vertraut ist und der nun festgestellten enormen Kostensteigerung nach einer aktuellen Kostenplanung ist mein geplantes Vorhaben so bedauerlicherweise nicht finanzierbar und machbar für mich. Die Höhe der derzeitigen und zukünftigen Mieteinnahmen des Pfarrhauses decken leider ebenfalls nicht die nun festgestellten Mehrkosten ab und lassen die Finanzierung so nicht gestalten.“
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Weiter heißt es, auch „die baurechtlichen Gründe“ würden das Bauvorhaben „enorm kostspielig werden lassen“, der Bausektor könne die angebotenen Preise „nun ebenfalls nicht mehr einhalten. Zudem kommt noch hinzu, dass es unter anderem Richtlinien gibt, wie die Einhaltung der Belichtung und Belüftung im Inneren der Kirche, Wärmeschutznachweise und so weiter.“
Investor bedankt sich für die bisherige Zusammenarbeit
Er bedauere, dass er von der weiteren Verhandlung zum Kauf der Kirche und des Pfarrhauses St. Engelbert zurücktreten müsse, bedanke sich aber für die bisherige Zusammenarbeit, beschließt Scholzen sein Schreiben, das inzwischen auch im Schaukasten vor der Kirche St. Engelbert aushängt.
Auf WAZ-Nachfrage, ob womöglich gewisse Auflagen des Denkmalschutzes sein Projekt hätten platzen lassen, teilt Dominic Scholzen unterdessen mit: „Es gab noch keinen Termin mit der Denkmalbehörde, diesen habe ich auch abgesagt.“
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Andreas Lamm, Pfarrer der katholischen Stadtpfarrei St. Peter und Paul, zeigt sich von Dominic Scholzens Rücktritt vom Kirchen-Investment in St. Engelbert derweil äußerst überrascht. „Angesichts des bereits fortgeschrittenen Stands der Planung haben wir mit diesem Verlauf nicht rechnen können“, sagt er.
Nicht das erste Investment, von dem sich Dominic Scholzen verabschiedet hat
Gleichwohl ist Scholzens Wohnprojekt in St. Engelbert nicht das erste Investment, von dem er noch vor Beginn der Umsetzung verabschiedet hat: Bereits um die Friedhofskapelle auf dem städtischen Friedhof Am Wasserturm in Hattingen hatte er sich Ende 2021 beworben, später aber von deren Kauf Abstand genommen, nachdem die Ausbaukosten weitaus höher sein sollten als zunächst gedacht. Und den Belvedere-Turm in seiner Heimatstadt, den er erst Ende 2023 übernommen hatte und zu einem Tiny-Hotel machen wollte, hat er bereits kurz danach schon wieder weiterverkauft.
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„Wir werden im Fall von St. Engelbert nun noch einmal ganz neu denken müssen“, erklärt Pfarrer Andreas Lamm. „Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt einen weiteren möglichen Interessenten an der Kirche, aber noch kein belastbares Angebot irgendeiner Art, über das man schon öffentlich sprechen könnte.“
Gemeindemitglied Winfried Pöhling sagt unterdessen zur WAZ, ein Orgelbauer habe sich vor einiger Zeit die Kirche angesehen und Interesse an einem Kauf bekundet - zwecks Einrichtung eines Orgelmuseums.