Hattingen. Eine Kinderbetreuung in Hattingen bietet Eltern ein ganz besonderes Angebot: flexible Betreuung. Und damit soll es nun vorbei sein?

Es ist ein Herzensprojekt, von dem sich Elke Rothe (68) nun verabschiedet. 2001 hatte sie die „Villa Kunterbunt“ in Holthausen mit einer Freundin gegründet. Seit 2013 leitet sie die Einrichtung, in der Kinder von vier Monaten bis unter vier Jahren betreut werden dürfen, als Privatperson. Doch damit ist es demnächst vorbei, die Tage der „innovativen Kinderbetreuung“ sind gezählt.

„Wir schließen zum August 2025“, sagt Elke Rothe. Diese Entscheidung habe sie nach Rücksprache mit ihrem Team getroffen.

Hattingens „Villa Kunterbunt“ erhält keine Zuschüsse

„Zum Beginn des neuen Kindergartenjahres werden 85 Prozent der bei uns betreuten Kinder in einen Regelkindergarten wechseln. Ein solcher Abgang ist für uns finanziell nicht mehr auffangbar“, sagt Elke Rothe. Denn die „Villa Kunterbunt“, so die 68-Jährige, erhalte keine Zuschüsse von der Stadt oder dem Land, sie müsse sich allein durch die Betreuungsbeiträge der Eltern tragen.

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Bis zu 30 Kinder dürfen Elke Rothe und ihr Team in der „Villa Kunterbunt“ im Ludwigstal laut Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes Westfalen-Lippe dabei betreuen, erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten sind diese nicht alle belegt. Nach zwischenzeitlich sechs freien Plätzen gibt es aktuell immer noch zwei freie Plätze in der dreigruppigen Einrichtung. Und entgegen früherer Jahre ist die einstmals lange Warteliste aktuell auf null geschrumpft.

Die „Villa Kunterbunt“ im Ludwigstal in Hattingen schließt. Das hat Elke Rothe, die Leiterin, entschieden,  ihre Tochter Britta Rothe (re.) will die private Kindertagesbetreuung auch nicht übernehmen. 
Die „Villa Kunterbunt“ im Ludwigstal in Hattingen schließt. Das hat Elke Rothe, die Leiterin, entschieden, ihre Tochter Britta Rothe (re.) will die private Kindertagesbetreuung auch nicht übernehmen.  © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Schwierig geworden, im Privatbereich eine Kindertagesbetreuung aufrecht zu erhalten

„Es ist schwierig geworden, im Privatbereich eine Kindertagesbetreuung aufrecht zu erhalten“, sagt Elke Rothe. „Die finanzielle Lage für eine Einrichtung wie unsere hat sich drastisch verschärft.“ Miete, Energiekosten, Lebensmittelpreise: Alles sei gestiegen. „Wir können diese Preissteigerungen aber an die Eltern nicht 1:1 weitergeben, dann könnten sich ja noch weniger eine Betreuung in unserer Villa leisten.“

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Mütter und Väter müssen die Betreuung in der „Villa Kunterbunt“ schließlich ausnahmslos privat bezahlen: sieben Euro pro geleisteter Betreuungsstunde. Ein Mittagessen kostet zusätzlich drei Euro. Ab 60 Betreuungsstunden pro Monat gelten Pauschalen.

Bei immer mehr Eltern finanzielle Situation enorm angespannt

Eine finanzielle Entlastung, gesteht Rothe, gebe es dabei auch für Eltern mit niedrigerem Jahreseinkommen nicht. Bislang habe die „Villa Kunterbunt“ trotzdem mit ihrer großen individuellen Flexibilität punkten können. Individuelle Vereinbarungen, wie zum Beispiel die Betreuung an nur drei Tagen in der Woche oder nur im Nachmittagsbereich waren möglich. Doch inzwischen sei auch bei immer mehr Eltern die finanzielle Situation enorm angespannt.

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Angesichts der Gesamtlage hat sich auch Elke Rothes Tochter Britta (37) von einstmaligen Übernahmeplänen der „Villa Kunterbunt“ verabschiedet: zu heikel. Als Mutter dreier kleiner Kinder (1, 4, 8) mag sie eine solche Aufgabe nicht stemmen. Vor allem aber hat sie Sorge, sich womöglich zu verschulden.

Zwei Erzieherinnen treten schon in Kürze neue Stellen an

Und so läuft die innovative Kinderbetreuung im Ludwigstal aus: Zum neuen Kindergartenjahr wird es nur noch eine Gruppe in der „Villa Kunterbunt“ geben, zum Sommer 2025 ist endgültig Schluss. Zwei Erzieherinnen treten schon in Kürze neue Stellen an, in Kitas in Hattingen. Eine dritte Kraft hat einen neuen Job in einem Mutter-Kind-Heim in Herne. Die übrigen suchen noch, die meisten bleiben aber bis zuletzt.

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Das gilt auch für Stefanie Mutke (55), seit 16 Jahren pädagogische Hilfskraft in der „Villa Kunterbunt“. Sie sei „total traurig über das Aus. So etwas wie hier finden wir alle nicht wieder, dieses Familiäre.“ Und Debbie Storcksdiek (25), seit fast acht Jahren Teil des Teams, sagt: „Ich bin in dieser Einrichtung erwachsen geworden, habe unglaublich viel hier gelernt.“ Angesichts des nun feststehenden Endes der „Villa Kunterbunt“, so Elke Rothe, „haben wir alle schon viel geweint“ .

Ein Zurück gibt es nicht mehr

Doch ein Zurück gebe es nicht mehr: Vermieter und Eltern seien informiert, ebenso die Stadt, schließlich belegt deren Sozialer Dienst in der „Villa Kunterbunt“ zehn Betreuungsplätze für Betreuungsmaßnahmen fürs Jugendamt und entspannt damit die Situation für die Eltern.

Elke Rothe sagt, das Aus ihres Herzensprojektes sei eine „Vernunft-Entscheidung“. Doch sie hoffe, dass am Standort ein neues Projekt für Kinder folge. Eine Großtagespflege, zum Beispiel. „Sollte die Stadt den Gebäudekomplex anmieten, könnte sie hier vielleicht auch ein Kleinst-Kinderheim oder eine Mutter-Kind-Einrichtung schaffen“, regt Rothe an.