Hattingen. Das Onlineportal Scoperty bewertet Immobilien in Hattingen, gibt Schätzwerte über Baujahr, Größe, Verkaufspreis an. Doch es gibt Warnungen.
Eine kleine Wohnung in der Altstadt für 57.000 bis 105.000 Euro, ein Einfamilienhaus mit Blick auf die Ruhr für 468.000 bis 702.000 Euro oder lieber etwas Abgelegenes im Wald? Kostenpunkt: zwischen 386.000 und 580.000 Euro. „Das hört sich an, als ob die Preise aus einer Lostrommel kommen“, findet Lothar G. Stalter, Vorsitzender des Eigentümervereins Haus und Grund in Hattingen.
Dank Scoperty, einem neuen Immobilienportal, sind solche Schätzwerte aber neuerdings für nahezu jedes Haus in Hattingen online frei einsehbar. Und zwar auf einer Ansicht im Stil einer Straßenkarte und mit genauer Adresse – aber ohne, dass die Eigentümer gefragt worden sind. „Wir haben uns das mal angeschaut und sehen das eher kritisch“, erläutert der Stalter auf Anfrage der WAZ. Der Grund: „Es ist alles geschätzt.“
Wert ist mehr als Lage, Größe und Baujahr
Und damit meint er nicht nur den Wert der Immobilie, sondern auch die dem zugrundeliegenden Eckdaten: Wohnfläche, Baujahr, bei Mehrfamilienhäusern sogar die Zahl der Wohneinheiten – alles nur geschätzt. „Manchmal wird da auch ein Treffer dabei sein“, glaubt er – alleine schon, weil die Preisspannen so groß sind. Mit denen allerdings kann ein Immobilienkäufer oder -verkäufer kaum etwas anfangen, sie führen im schlimmsten Fall sogar in die Irre. „Das ist alles nicht sehr seriös“, sagt Stalter.
Zudem habe er festgestellt, dass häufig ein niedrigerer Preis angegeben ist, als tatsächlich auf dem Markt erzielt worden sei. Denn Lothar Stalter ist nicht nur der Vorsitzende von Haus und Grund, sondern auch Inhaber der Firma Stalter Immobilien und Sachverständiger für Wertermittlung.
Er weiß, dass für den Wert eines Hauses mehr zählt als Lage, Größe, Baujahr. Und erklärt es so: „Stellen Sie sich zwei Doppelhaushälften vor, Baujahr 1970. Links wurde kürzlich alles erneuert: Fenster, Heizung, Dach, Elektroleitungen. Rechts nicht. Sind diese Häuser gleich viel wert?“
Portal kann Sachverständigen nicht ersetzen
Sind also die Angaben unbrauchbar, führt das zu der Frage, warum es überhaupt ein solches Portal gibt. Scoperty gibt an, den Immobilienmarkt transparenter machen zu wollen. Aber ist er denn so intransparent? „Eigentlich nicht“, meint Stalter.
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Jemand, der sich mit dem Thema auseinander setze, der regelmäßig sogenannte Grundstücksmarktberichte und Gutachterbeschlüsse lese, könne ebenfalls zu einer Einschätzung kommen, die darüber hinaus noch deutlich genauer sei, als das Angebot von Scoperty. „Das Portal kann das Gutachten eines Sachverständigen oder die Einschätzung eines Immobilienmaklers, der sich vor Ort auskennt, nicht ersetzen“, ist Stalter sicher.
Verbraucherzentrale warnt vor Datenfreigabe
Auch die Verbraucherzentrale für den Ennepe-Ruhr-Kreis in Witten erreichen Anfragen zu Scoperty. Zwar verstoße das Unternehmen nicht gegen den Datenschutz, da keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden, bietet aber die Möglichkeit eines Widerspruchs. Und hier warnt die Verbraucherzentrale, „dass hierfür zunächst auch Angaben gemacht werden müssen, die Scoperty bislang nicht bekannt waren“, so Beraterin Kathrein Becker.
Auf Basis dieser Daten könne das Portal dann womöglich auch realistischere Werte errechnen. Darum sollten Verbraucher, insbesondere wenn sie ihre Immobilie nicht verkaufen wollen, der Versuchung widerstehen, die Daten zu berichtigen.
Einen Zusatz formulieren
Sollten Eigentümer aber einen Widerspruch erwägen, rät die Verbraucherzentrale dazu, einen Zusatz zu formulieren: „Die durch diesen Widerspruch erlangten Daten dürfen lediglich zur Durchführung des Widerspruchs verarbeitet werden und sind nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens umgehend zu löschen.“