Hattingen. Ursache ist die Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie. Laut Volksbank in Hattingen wurde im vergangenen Jahr bis zu 30 Prozent weniger Krediten zugestimmt.
Das Haus der alten Dame ist schuldenfrei. Sie bezieht 750 Euro Rente. Und bald stehen einige Umbaumaßnahmen im Eigenheim an. Der Finanzierung des Bauvorhabens schiebt die Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie jedoch ein Riegel. Die von der EU auf den Weg gebrachte Richtlinie schraubt die Anforderungen an die Kapitaldienstfähigkeit des Kreditnehmers nach oben. Ausschlaggebend ist nun nicht mehr der Wert der Immobilien, sondern das Leistungsvermögen des Kreditnehmers. In Hattingen werden deshalb bist zu 30 Prozent weniger Kredite bewilligt.
Der 64-jährige Dame aus diesem Rechenbeispiel des Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverbands wird der Kredit, der sich auf 35 000 Euro beläuft und für die behindertengerechte Gestaltung ihres Bades gedacht war, nicht gewährt.
„Aber auch junge Familien haben es schwerer, ihren Traum vom Eigenheim zu verwirklichen, da Elternzeit und Erziehungspause als Risiken bewertet werden, die einer Kreditvergabe im Weg stehen“, heißt es seitens des Genossenschaftsverbands. Die Folge: Es werden weniger Kredite zur Finanzierung von Immobilien bewilligt – bis zu 15 Prozent meldet der Genossenschaftsverband.
„Vor Ort sind es sogar bis zu 30 Prozent“, sagt Michael Roweder, Prokurist der Volksbank. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. April bis 31. August des Vorjahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2016. Es werden nicht nur mehr Kredite abgelehnt. „Der Arbeitsaufwand zur Prüfung ist auch wesentlich höher geworden.“ Auch gebe es Probleme bei der Zwischenfinanzierung.
Das Gesetz sei dabei in Deutschland nicht zwingend nötig. „Wir haben schon immer gut geprüft.“ Dass auch der Verbraucherschutz bei der Gesetzgebung eine Rolle spielt geht fast unter: Kreditnehmer, die aufgrund eines geringen Einkommens nicht mehr zahlen können, sollen ihr Eigenheim nicht über die Zwangsversteigerung verlieren und im schlimmsten Fall auf einem Schuldenberg sitzen bleiben.
Lothar G. Stalter von Stalter-Immobilien kann im Detail nichts darüber sagen, wie die Hattinger Banken nach der Einführung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie ihre Arbeitsweise geändert haben. „Dazu finanzieren unsere Kunden über zu viele verschiedene Banken ihre Immobilien, die nicht nur hier in der Stadt ihren Sitz haben“, sagt er. „Es dauert aber länger, bis die Kreditinstitute ihre Zugsage machen.“ Auch der Anteil des Eigenkapitals werde steigen, um sich die Finanzierung sichern zu können. Doch das werde oft mit Unterstützung der Familie aufgebracht. Bei einem Betrag wie aus der Beispielrechnung des Rehinisch-Westfälische Genossenschaftsverbands gehe er davon aus, dass ausreichend Rücklagen gebildet wurden.