Gladbeck. Betrüger kennen viele Tricks, um Senioren um ihr Geld zu bringen. Ein Experte der Kripo erklärte jetzt in Gladbeck, wie man sich schützen kann.
Der „Enkel“, der ganz dringend eine größere Summe von der Oma braucht, der „Polizist“, der den Senior vor einem möglicherweise bevorstehenden Einbruch warnt und sein Geld und seine Wertsachen sicherheitshalber in Verwahrung nehmen will, der „Polizeibeamte“, der die Seniorin mit der Nachricht schockt, ihre Tochter habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht und könne nur durch eine hohe Kaution vor dem Gefängnis bewahrt werden . . . Betrüger haben jede Menge Tricks auf Lager, um ältere Menschen um ihr Erspartes zu bringen. Welche das sein können und wie man verhindern kann, Opfer solch perfider Machenschaften zu werden, erfuhren die gut 20 Besucherinnen der Kaffeestunde im AWO-Begegnungszentrum an der Heringstraße.
Kriminalhauptkommissar Frank Böttcher vom Kommissariat Kriminalprävention und Opferschutz der Kreispolizeibehörde Recklinghausen war dort im Ramen der neuen Reihe „Braucker Stadtgespräche“ zu Gast. Er und sein Kollege haben allein in diesem Jahr schon 45 solcher Informationsveranstaltungen hinter sich. „Dank der Aufklärungen fallen weniger Menschen auf diese Betrüger rein“, sagt er.
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Trickbetrug: Die Polizei geht bei der Opferzahl von einer hohen Dunkelziffer aus
Er weiß aber auch um die hohe Dunkelziffer: „Aus Scham reden manche Opfer nicht über das, was ihnen passiert ist.“ Dabei sei es wichtig, darüber möglichst oft zu sprechen, sagt der Fachmann. „Reden befreit, und außerdem können Sie als Multiplikatoren Andere warnen.“ Die gestohlene Handtasche oder Börse nach einem Ablenkungsmanöver – das ist einigen Frauen hier im Saal auch schon passiert. „Ärgerlich genug“ fand das Renate Schumacher. Der Verlust, das Geld für die neuen Papiere, die Lauferei.
„Bei den Tricks am Telefon reden wir nicht selten von sechsstelligen Summen“, berichtet Frank Böttcher. Und die Zahl potenzieller Opfer steige: „Im Kreis Recklinghausen plus Bottrop ist ein Drittel der 720.000 Einwohner 74 Jahre und älter. Mit zunehmendem Alter denkt man langsamer. Wer sich auf einen betrügerischen Anruf einlässt, wird zu 90 Prozent zum Opfer.“
Die Polizei rät zum Anrufbeantworter
Der erste Rat des Fachmanns „Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Beendet Sie ein Telefongespräch, wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt.“ Der zweite Tipp: „Schaffen Sie sich einen Anrufbeantworter an. Betrüger sprechen nicht aufs Band. Gehen Sie erst ans Telefon, wenn Sie sicher sind, dass ein Verwandter oder Bekannter anruft, oder rufen Sie später zurück.“ Und mit Blick auf den unangemeldeten Handwerker oder die schwangere Frau, die um ein Glas Wasser bittet: „Lassen Sie nie Fremde in die Wohnung. Schaffen Sie sich einen Türspion, eine Kette oder einen Türriegel an.“
„Hallo Oma, rate mal, wer dran ist.“ Mit solchem oder ähnlichem Gesprächsbeginn entlocken Betrüger am Telefon ihren Opfern Namen von Verwandten und bauen so Vertrauen auf. „Bei Sätzen wie diesem sollten Sie sofort misstrauisch werden und das Gespräch beenden“, rät der Fachmann. Der Anruf mit der Nachricht, der Sohn liege im Krankenhaus, die teure Operation werde von der Krankenkasse nicht bezahlt, sie müsse das Geld überweisen, sei ebenso abwegig wie der des „Bankmitarbeiters“, der erzählt, mit der EC-Karte sei etwas nicht in Ordnung. Die Karte samt PIN-Nummer werde von einem Kollegen abgeholt, um den Schaden zu beseitigen.
Die echte Polizei fragt am Telefon nie nach Wertgegenständen
Wer derartige Anrufe angenommen habe, solle sich auf keinen Fall von den rhetorisch geschulten Anrufern einschüchtern oder unter Druck setzen lassen und in Panik verfallen, sagt Frank Böttcher. „Auflegen und die Polizei anrufen.“ Stichwort Polizei: „Wir fragen am Telefon nie nach Wertgegenständen oder Geldverstecken in Ihrer Wohnung. Und bei unseren Anrufen erscheint nie die Notrufnummer 110 auf Ihrem Display. Zwei weitere Indizien dafür, dass Betrüger am Werk sind.“
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„Ich fand diese Informationen sehr gut und hilfreich“, sagt Ilse Witt (74) nach der Veranstaltung. Ursula Mitschker (88) stimmt ihr zu: „Aufklärung ist wichtig. Man muss ja heutzutage wirklich aufpassen.“ Damit alles haften bleibt, nehmen alle Teilnehmerinnen eine ausführliche Informationsbroschüre und für die Kinder und Enkel den Flyer „Next Generation“ mit nach Hause.
Marlis Hövel aus Gladbeck hat bereits zwei Schockanrufe erhalten
Auch Marlis Hövel packt sie ein. Die 78-Jährige hat schon zwei Schockanrufe erlebt. „Einmal ging es um den angeblich tödlichen Unfall, den meine Enkelin verursacht hat. Im zweiten Fall wurde behauptet, mein Sohn sei schwer an Corona erkrankt. Ich müsse 30.000 Euro übergeben, damit per Hubschrauber ein lebensrettendes Serum aus den USA geholt werden könne.“ Obwohl sie „anfangs vor Schreck gezittert“ habe, hat sie alles richtig gemacht: die Gespräche beendet.