Bottrop. Die hohen Diesel-Preise belasten gerade viele Unternehmen. Mit welcher Methode die Vestische da überrascht, deren Busse auch in Bottrop fahren.
Eine Nachricht aus Ostwestfalen beunruhigt Nahverkehrskunden auch in Bottrop: Der Nahverkehrsverbund Paderborn-Höxter erwägt wegen der exorbitant hohen Diesel-Preise die komplette Einstellung von Linien. Jede Verbindung komme auf den Prüfstand, berichtet das „Westfalen-Blatt“. Droht ein solches Szenario auch im Kreis Recklinghausen und somit in Gladbeck?
Fakt ist, dass die Vestische Straßenbahnen GmbH mit Sitz in Herten vierzehntäglich 240.000 Liter Dieselkraftstoff einkauft, um ihre rund 240 Busse am Laufen zu halten. Das sind im Jahr mehr als sechs Millionen Liter, die in drei Tanksilos gebunkert werden. Müsste die Vestische ihren Kraftstoff zu normalen Konditionen erwerben, müsste sie bei den jetzigen Dieselpreisen mit zusätzlichen Kosten in Höhe von drei Millionen Euro jährlich kalkulieren. Die Belastung käme auf die kommunalen Gesellschafter des Nahverkehrsunternehmens (Kreis Recklinghausen mit Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen) zu, die jetzt schon Verluste der Vestischen in Höhe von rund 27 Millionen Euro im Jahr (Stand: 2020) ausgleichen müssen.
90 Prozent des jährlichen Spritbedarfs sind abgesichert
Doch im Moment lässt die Preisexplosion an den Tankstellen die Verantwortlichen des Nahverkehrsunternehmens noch ruhig schlafen. Denn die Vestische hat für 90 Prozent des Jahresbedarfs mit einer Bank eine „Dieselpreisabsicherung“ ausgehandelt, wie Unternehmenssprecher Jan Große-Geldermann berichtet.
Kein 3G mehr im öffentlichen Nahverkehr
Mit Inkrafttreten des neuen Bundesinfektionsschutzgesetzes ist auch die 3G-Regel im öffentlichen Nahverkehr weggefallen. Das bedeutet, dass Fahrgäste keinen Nachweis mehr über ihren Impf- oder Genesenstatus oder ein aktuelles negatives Corona-Testergebnis vorweisen müssen, um die Busse der Vestischen nutzen zu können. Darauf weist das Unternehmen hin.Die Maskenpflicht (OP- oder FFP2-Maske) gilt aber weiterhin.
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Wie die genauen Konditionen sind, verrät die Vestische nicht. Aber wie das Modell funktioniert, erläutert Große-Geldermann an einem fiktiven Rechenbeispiel: Die Vestische sichert sich einen Preis von 51 Cent, der Marktpreis liegt aber bei 60 Cent. Dann zahlt die Bank die Differenz von neun Cent an die Vestische aus. Rutscht der Marktpreis unter die Marke von 51 Cent, wäre es ein Verlustgeschäft für die Vestische. Die aktuelle Entwicklung, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, spielt dem Nahverkehrsunternehmen jedoch eindeutig in die Karten. „Deshalb sind wir von kurzfristigen Schwankungen nicht betroffen. Langfristig steigende Preise würden sich aber natürlich auch bei uns in den Verhandlungen mit der Bank auswirken“, sagt Jan Große-Geldermann.
Verhältnisse wie in Ostwestfalen, wo Buslinien von der Stilllegung bedroht sind, sind nach seiner Einschätzung im Kreis Recklinghausen undenkbar – zumal die Kreispolitik gerade erst die „Verkehrswende“ eingeläutet und für eine Ausweitung des Fahrplans über sieben Millionen Euro bewilligt hat, um mehr Menschen zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen. Die allgemein hohen Spritpreise könnten beim Umsetzen dieses Ziels sogar förderlich sein.