Gladbeck. Auch in Gladbeck haben die Spritpreise eine neue Rekordzahl erreicht. Welche Folgen hat das für Firmen und Bürger? Die Verzweiflung ist groß.

Der Blick auf die utopisch hohen Preise für Benzin und Diesel lässt derzeit jeden Autofahrer schwindelig werden. Am Mittwochmorgen liegt der Diesel-Preis bei der Aral-Tankstelle auf der Horster Straße in Gladbeck bei satten 2,29 Euro. Aussicht auf Besserung gibt es nicht.

Nicht nur viele Bürger, sondern auch Unternehmen in Gladbeck geraten dadurch in Bedrängnis. Viele Gladbecker schreiben auf Facebook, dass sie gefühlt nur noch arbeiten, um von ihrem Gehalt mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Werner Schwarz, Vorsitzender der Taxi-Zentrale in Gladbeck, muss bereits auf seine Renten-Rücklagen zurückgreifen. Nachhaltigkeitsmanager Tim Hoffmann der Spedition Winnen-Pfab-Service GmbH & Co. KG schildert, dass die zusätzlichen Spritkosten kaum noch mit den Transportpreisen zu kompensieren seien. Fahrlehrer Stefan Wulfekotte legt den Unterrichts-Fokus in seiner Fahrschule künftig auf energiesparendes Autofahren.

Gladbeck: Rekord-Spritpreise belasten Unternehmen

„Wir gehen alle an unsere Reserven“, spricht Werner Schwarz im Namen der Taxi-Unternehmen in Gladbeck. Der 66-Jährige wollte eigentlich bald in Rente gehen. Jetzt muss ein Teil seiner Altersreserve dafür herhalten, dass seine Firma nach Corona die nächste große Krise übersteht. Bis er die zusätzlichen Kosten auf die Fahrpreise umschlagen kann, würden mindestens noch acht Wochen vergehen. Denn eine Erhöhung der Taxipreise muss zunächst vom Kreis Recklinghausen beim Land NRW beantragt werden.

Taxifahrer Werner Schwarz sieht sein Unternehmen „Taxi-Zentrale“ in Gladbeck aufgrund der hohen Spritpreise bedroht.
Taxifahrer Werner Schwarz sieht sein Unternehmen „Taxi-Zentrale“ in Gladbeck aufgrund der hohen Spritpreise bedroht. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Geschäftsführer Yusuf Evrin von Taxi Blömker sieht die Taxi-Branche bedroht, wenn die Fahrpreise künftig noch teurer werden müssen. „Wir befürchten, dass dann kaum einer mehr Taxi fährt“, sagt er. Der Unternehmer wäre gerne längst auf E-Taxis umgestiegen, aber dafür würden in Gladbeck noch die entsprechenden Ladestationen fehlen. So versuche man zunächst Umwege und Leerfahrten bestmöglich zu vermeiden.

Tim Hoffmann, Assistenz der Geschäftsführung der Winnen-Pfab-Service GmbH & Co. KG, sieht die Spritpreis-Lage ähnlich kritisch. „Wenn dieser Anstieg so weitergeht wie bisher, ist es nur noch eine Frage von Monaten, bis das Ganze kollabiert“, erklärt er. Bislang habe ein Diesel-Mechanismus in den Transportverträgen dafür gesorgt, dass Spritpreis-Schwankungen durch die Transportpreise kompensiert werden können. „Bei der aktuellen Preis-Entwicklung ist das aber nicht mehr tragbar“, erklärt er. Man könne von seinen Kunden schließlich nicht wöchentlich eine Preiserhöhung fordern.

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Gladbecker wittern noch höhere Spritpreise

Diesel teurer als Benzin: ADAC erklärt warum

Laut einer Auswertung des ADAC müssen Autofahrer in Deutschland derzeit für einen Liter Super E10 im Durchschnitt 2,103 Euro bezahlen – 27,6 Cent mehr als in der Vorwoche. Noch dramatischer sei der Anstieg bei Diesel, das erstmals sogar teurer als Super E10 ist. Ein Liter kostet durchschnittlich 2,150 Euro. Binnen einer Woche ist der Preis hier um 39,4 Cent gestiegen.Wieso der Preisanstieg bei Diesel zum ersten Mal höher als bei Benzin ist, erklärt sich laut ADAC aus der verstärkten Nachfrage nach Heizöl. Wegen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine fürchten viele Nutzer Lieferengpässe und füllen nun vermehrt ihre Tanks.Hauptgrund für die Rekord-Preise bei Benzin sei die starke Nervosität am Rohölmarkt. Auch hier schürt der Ukraine-Krieg die Befürchtungen, dass es zu Lieferausfällen oder sogar einem Importstopp von Rohöl aus Russland kommen könnte.

Pure Verzweiflung macht sich vor allem auch bei den Privatverbrauchern in Gladbeck bemerkbar. „Ich arbeite in Kamp-Lintfort und habe gar keine andere Möglichkeit, ohne mehrere Stunden Zugfahrt zur Arbeit zu kommen“, schreibt der Gladbecker Mathieu Klever unter einen Facebook-Beitrag, in dem die WAZ Gladbeck die Bürger gefragt hat, wie sich die hohen Spritpreise auf ihren Alltag auswirken.

Wo man noch mit dem Auto hinfährt, sei derzeit gut durchdacht. „Mal eben 25 Kilometer nach Haltern zum Spazierengehen fahren? Mal zum Baldeneysee? Wird alles gestrichen“, kommentiert Michaela Asic. „Der Staat vermiest einem wirklich alles.“ Dass dadurch nun weniger getankt wird, kann Stationsleiterin Nicole Großfeld von der Aral Tankstelle an der Horster Straße bislang nicht bestätigen. „Ganz im Gegenteil“, sagt sie. Man tanke sogar deutlich mehr. „Die Leute haben Angst, dass die Preise weiter steigen könnten und tanken lieber noch mal voll“, vermutet sie. An einigen Tankstellen füllten sich Autofahrer bereits Kanister ab.

Auch Tim Hoffmann, Assistenz der Geschäftsführung der Winnen-Pfab-Service GmbH & Co. KG, sieht die aktuelle Spritpreis-Lage kritisch. „Wenn dieser Anstieg so weitergeht wie bisher, ist es nur noch eine Frage von Monaten, bis das Ganze kollabiert“, sagt er.
Auch Tim Hoffmann, Assistenz der Geschäftsführung der Winnen-Pfab-Service GmbH & Co. KG, sieht die aktuelle Spritpreis-Lage kritisch. „Wenn dieser Anstieg so weitergeht wie bisher, ist es nur noch eine Frage von Monaten, bis das Ganze kollabiert“, sagt er. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

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Fahrlehrer aus Gladbeck gibt Tipps für energiesparendes Autofahren

Für Fahrlehrer Stefan Wulfekotte von „Stefan’s Fahrschule“ in Gladbeck ist die aktuelle Spritpreis-Lage ein Grund mehr, seinen Schülern künftig energiesparendes Autofahren beizubringen. „Zum Beispiel durch die „Start-Stop-Automatik“, wodurch der Motor an Ampeln und Bahnübergängen ausgeschaltet wird“, sagt Wulfekotte. Auch könnten frühes Hochschalten, regelmäßiges Reifendruck-Testen und ein geringes Transportgewicht dazu beitragen, dass man beim Fahren weniger Sprit verbraucht.

Fahrschulinhaber und Fahrlehrer Stefan Wulfekotte gibt Tipps für energiesparendes Fahren.
Fahrschulinhaber und Fahrlehrer Stefan Wulfekotte gibt Tipps für energiesparendes Fahren. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Auch den Umstieg auf E-Autos hält der Fahrlehrer für eine gute Idee. „Wir sind die erste Fahrschule in Gladbeck, die ein E-Auto als Fahrschulauto besitzt“, sagt er. Jedoch mehr aus Umweltschutz- als aus Kostengründen. Strom würde schließlich auch nicht günstiger werden.