Gladbeck. Die Vestische, deren Busse auch in Gladbeck fahren, sucht Kolleginnen und Kollegen für den Job hinterm Lenkrad. Doch es gibt auch Konkurrenz.

Der Opa war Busfahrer, der Vater ebenso – für Niclas Ott stand schon als Kind fest, dass er beruflich in diese familiären Fußstapfen treten wird. Und er hat es tatsächlich durchgezogen. Heute ist er einer von 748 Fahrerinnen und Fahrern der Vestischen, zudem mit 22 Jahren einer der jüngsten.

Niclas Ott ist mit Herzblut bei der Sache, was Holger Pietsch, den Personalchef des heimischen Nahverkehrsunternehmens, besonders erfreuen dürfte. Denn die Vestische ist ständig auf der Suche nach engagierten Leuten für den Fahrdienst. „Allein in diesem Jahr wollen wir noch 80 neue Kolleginnen und Kollegen einstellen“, kündigt Holger Pietsch an.

Die Verkehrswende klappt nur mit zusätzlichem Personal bei der Vestischen

Das zusätzliche Personal wird allein schon benötigt, um die vom Recklinghäuser Kreistag beschlossene „Verkehrswende“, also die Ausweitung des Fahrplanangebots umzusetzen. Zudem, so Pietsch, müssen ausscheidende Busfahrer ersetzt werden. Die Konkurrenz ist jedoch groß. Nicht nur der öffentliche Nahverkehr benötigt dringend Berufsnachwuchs am Lenkrad, auch bei Speditionen gibt es viele offene Stellen für Berufskraftfahrer.

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Niclas Ott hat es schon als kleiner Junge genossen, mit Vater und Opa auf Bus-Tour zu gehen. „Ich habe unsere Fahrgäste dann immer mit Getränken versorgt“, erzählt er. Seine dreijährige Ausbildung zur „Fachkraft im Fahrbetrieb“ hat Niclas Ott in einem privaten Busunternehmen absolviert, 2019 wechselte er dann zur Vestischen. Der sichere Arbeitsplatz sowie verlässliche und familienfreundliche Arbeitszeiten hätten den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben, berichtet der Hertener. Dass der Arbeitsplatz-Wechsel kurz vor Ausbruch der Pandemie erfolgte, sei zudem ein glücklicher Umstand gewesen. Denn Anbieter von privaten Bus-Reisen sind in der Corona-Zeit ziemlich unter die Räder gekommen. Bei der Vestischen dagegen standen die Fahrzeuge nie still.

Einen 18 Meter langen Gelenkbus durch den Verkehr zu steuern, ist eine knifflige Aufgabe

Das verdient man bei der Vestischen

Eine Busfahrerin und Busfahrer bei der Vestischen wird nach Tarif bezahlt und verdient bei einer 39-Stunden-Woche 2600 Euro brutto monatlich.

Für Dienste an Wochenenden, Feiertagen und am Abend gibt es Zuschläge. Überstunden werden nach Angaben von Personalleiter Holger Pietsch entweder finanziell oder in Freizeit ausgeglichen.

Einen zwölf Meter langen Standardbus beispielsweise durch den Verkehr in Gladbeck zu lenken, ist keine Kleinigkeit. Noch kniffliger wird die Aufgabe bei einem Gelenkbus, der rund 18 Meter misst. Verkehrsinseln müssen umkurvt, parkenden Autos muss ausgewichen werden. In solchen Momenten freut sich das Fahrpersonal der Vestischen über jeden Verkehrsteilnehmer, der Rücksicht nimmt und dem Bus Vorrang gewährt. Doch nicht wenige Autofahrer beharren auch auf ihrem Recht, so die Erfahrung von Niclas Ott. Dann kann es schon mal passieren, dass sich auf enger Straße Bus und Auto blockierend gegenüber stehen. Der 22-Jährige sagt, dass er solche oder ähnliche Situationen „fünf Mal am Tag“ erlebe.

Corona-Stress: Fahrer absolvieren ein dreitägiges Deeskalationstraining

Auch die Corona-Regeln sorgen für Stress. Doch der Umgang mit solchen Situationen ist Bestandteil der Schulungen, die das Fahrpersonal der Vestischen standardmäßig durchläuft. Niclas Ott hat auch schon das dreitägige Deeskalationstraining hinter sich, das helfen soll, Konflikte mit Fahrgästen zu lösen, bevor die Sache aus dem Ruder läuft. Bislang sei er von verbalen oder gar körperlichen Attacken verschont geblieben, berichtet der 22-Jährige. Dass zum Schutz der Mitarbeiter – vor Gewalt und Coronaviren – alle Fahrerarbeitsplätze in den Bussen der Vestischen mittlerweile mit Schutzscheiben ausgerüstet worden sind, sieht Niclas Ott als großen Vorteil an. „Ich fühle mich bestens abgesichert“, sagt er.

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Der Beruf des Kraftfahrers ist immer noch eine Männerdomäne. Personalleiter Holger Pietsch freut sich deshalb darüber, dass zunehmend auch Frauen Interesse am Arbeitsplatz Bus zeigten. Mittlerweile seien zwölf Prozent des Fahrpersonals weiblich. „Unter anderem durch Teilzeitangebote wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern“, so der Personalchef. „Und wir haben für jeden, der sich bei uns bewirbt, ein offenes Ohr.“