Gladbeck. Hat sich die Situation am Problemhochhaus in Gladbeck verbessert? Anwohner und Stadt sind unterschiedlicher Ansicht. Ein Vorfall spricht dagegen.

Der Umgang mit Schrottimmobilien und Problemhäusern erfordert einen langen Atem. Die schnelle Lösung gibt’s wohl nicht. Das zeigen auch die Erfahrungen, die man im Rathaus mit Gladbecks schwierigen Immobilien – Steinstraße 72, Erlenkrug-Ruine, Brandhochhaus Busfortshof – bislang sammeln durfte. Und Rückschläge gehören da ebenfalls zum täglichen Geschäft. Ein Überblick.

Aktuell rückt das Problemhochhaus Steinstraße 72 wieder in den Fokus. Vor gut einem Jahr, im Sommer 2021, hieß es noch unisono von Verwaltung, Politik und Polizei, das Hochhaus in Butendorf sei kein Kriminalitätsschwerpunkt – und eigentlich auch keine klassische Problemimmobilie. Die Menschen, die in unmittelbarer Nähe des Hochhauses leben, gewinnen da täglich allerdings andere Eindrücke.

Eine Gruppe von Männern auf dem Parkplatz vor dem Gladbecker Hochhaus wurde aggressiv

Und auch der WAZ-Fotograf, der am Dienstag von der Straße aus, ganz legal und ohne das Grundstück zu betreten, aktuelle Bilder von der Steinstraße 72 machen wollte, erlebte eine drastische Situation. Zuerst wurde er von einer Gruppe von 15 bis 20 Männern, die sich auf dem Parkplatz vor dem Hochhaus aufhielten, verbal attackiert – und dann mit Flaschen beworfen. Zum Glück blieb er unverletzt.

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Von der Aussage, beim Butendorfer Hochhaus handele es sich um keine Problemimmobilie, ist man im Gladbecker Rathaus aber mittlerweile wohl abgerückt. Schließlich wurde vor einem Jahr dann doch ein Runder Tisch ins Leben gerufen, um mit Anwohnern, Mietern und Wohnungseigentümern ins Gespräch zu kommen – mit dem Ziel, gemeinsam Lösungen für eine bessere Nachbarschaft zu erarbeiten.

Ordnungsdezernentin: Es wurden bereits viele Verbesserungsmaßnahmen an der Steinstraße ergriffen

Doch beim Blick auf das, was sich seitdem verändert hat, gibt es unterschiedliche Sichtweisen: Die Stadtverwaltung spricht von einem „gelungenen Auftakt des Runden Tisches“ vor einem Jahr, seitdem sich zudem viel an der Steinstraße getan habe. Man habe bereits viele Maßnahmen zur Verbesserung der Situation ergriffen, wird Rechts- und Ordnungsdezernentin Linda Wagner nach dem jüngsten Treffen vor gut einer Woche in einer städtischen Pressemitteilung zitiert. Allerdings gebe es dennoch natürlich noch viel zu tun. Die Bilanz von Anwohnersprecher Uwe Bergmann fällt da ganz anders aus: „Die Maßnahmen haben überhaupt nichts gebracht. Ganz im Gegenteil, es ist momentan eher noch schlimmer geworden.“

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120 Wohnungen gibt es in dem zehngeschossigen Hochhaus an der Steinstraße 72 in Butendorf. Der überwiegende Teil der Mieter kommt aus Rumänien und Bulgarien. Die Fluktuation bei den Bewohnern ist hoch, insofern ist es schwer zu beurteilen, ob wirklich nur die gemeldeten Personen dort leben. Die Stadtverwaltung führt immer mal wieder entsprechende Prüfverfahren durch. Die Zahlen machen aber auch deutlich: Es ist nicht einfach, dauerhaft Ruhe in ein solches Haus zu bringen.

Untätig ist die Stadt Gladbeck natürlich nicht in Sachen Problemhochhaus

Klar ist natürlich aber auch: Die Verwaltung ist nicht untätig in Sachen Steinstraße. Davon sprechen die regelmäßigen KOD-Kontrollen ebenso wie die Zusammenarbeit mit der Polizei und auch die sozialen Maßnahmen bis hin zum Versuch, den Bewohnern der Steinstraße so einfache Dinge wie die richtige Müllentsorgung beizubringen. Nicht alles zeigt sofort Wirkung, spricht aber dafür, dass man sich kümmert. Darüber hinaus hat die Verwaltung ein Prüfverfahren für eine Sanierungssatzung eingeleitet. So will man einen größeren Einfluss auf die Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohnungen an der Steinstraße 72 nehmen, damit das Gebäude „wieder in einen angemessenen Zustand versetzt wird“.

Das Büro der Stadt an der Steinstraße 72 wird erst im Herbst fertig sein

Neuer Problemimmobilien-Manager gesucht

Nur für kurze Zeit war die Stelle des Problemimmobilien-Koordinators bei der Stadt Gladbeck Anfang des Jahres besetzt, dann endete die Zusammenarbeit. Nun sucht man im Rathaus erneut. Die Stelle wurde bereits wieder ausgeschrieben, wie Stadtsprecher David Hennig auf Anfrage bestätigt. Man rechnet zeitnah mit der Neubesetzung.Bis es soweit ist, übernimmt erneut Tim Kaminski aus der städtischen Ausländerbehörde diese Aufgabe. Er hatte diese Funktion bereits in der Vergangenheit für einige Zeit inne.

Und die Stadt hat bereits vor geraumer Zeit eine Wohnung in dem Problemhochhaus gekauft. Sie soll als Büro dienen, die Präsenz der Stadt vor Ort verstärken und auch von verschiedenen Akteuren wie AWO, DRK und Polizei genutzt werden können, wenn es um Angebote für die Mieter und Anwohner geht. Vor September wird das Büro allerdings wohl nicht zur Verfügung stehen, die Renovierung zieht sich nämlich hin. „Handwerker sind schwer zu bekommen im Moment, das merken wir natürlich auch“, sagt Stadtsprecher David Hennig. Gut 60.000 Euro lässt sich die Stadt die Kernsanierung kosten.

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Einige Nachbarn, sagt Anwohnersprecher Uwe Bergmann, haben ihre Hilfe bei den Renovierungsarbeiten angeboten, damit das Büro schneller öffnen kann. Bergmann: „Das wurde aber abgelehnt.“