Gladbeck. Die umstrittene Netflix-Serie „Squid Game“ ist auch Thema bei Gladbecker Kindern. In der Stadtbücherei gibt es dazu Ratgeber für Eltern.
Die Netflix-Filmserie „Squid Game“ hat mit ihren brutalen Inhalten längst auch Klassenzimmer und sogar Kindergärten erreicht. Scheinbar harmlose Kinderspiele werden in den Filmen zum blutigen und tödlichen Ernst. Die Miniserie ist weltweit angesagt und wird sogar nachgespielt. Und obwohl das in Südkorea produzierte Drama erst ab 16 Jahren freigegeben ist, schauen offenbar auch Jüngere die verstörenden Bilder. „Hier sind Eltern in der Verantwortung, ihre Kinder zu schützen und aufzuklären“, sagt Pia Gaupels vom Medienkompetenzteam der Stadtbücherei Gladbeck. Sie gibt Tipps und zeigt auf, wo Rat zu finden ist.
Lehrerverbände haben bereits Alarm geschlagen und in Essener Grundschulen sind vor wenigen Tagen Warnbriefe an Eltern verschickt worden, nachdem in Bayern bekannt wurde, dass Squid-Game-Szenen auf dem Schulhof nachgespielt, und Verlierer-Kinder bestraft wurden. Denn die Story der Streamingserie ist simpel: Hoch verschuldete Menschen werden zum Squid Game eingeladen, und damit gelockt, dass der Gewinner 33 Millionen Euro erhält. Sie müssen harmlos erscheinende Kinderspiele wie Tauziehen oder Murmelwerfen bewältigen. Was zunächst aber kein Mitspieler ahnt: wer verliert, scheidet nicht einfach aus, sondern wird kaltblütig und rücksichtslos getötet.
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Kinder testen das Überschreiten von Grenzen aus
Warum die Serie so „in“ ist, hätten ja bereits Experten benannt, sagt Pia Gaupels: „Kinder und Jugendliche fasziniere einerseits der emotionale Kick und das Austesten oder sogar Überschreiten von Grenzen. Man möchte „ausbrechen“, etwas Aufregendes erleben.“ Der Wunsch nach Ablenkung vom Corona-Alltag und die Abgrenzung zu anderen spiele eine zentrale Rolle. Andererseits werde das vielleicht auch heimliche Anschauen der Serie zum Gemeinschaftserlebnis und zur Gesprächsgrundlage, bei der man dann etwa auch in der Schule mitreden könne. „Die Serie anzuschauen oder kurze Clips an andere, auch jüngere Schüler zu schicken, kann außerdem eine Mutprobe sein.“ Damit dann Teil einer Gruppe und nicht ausgeschlossen zu sein, das sei „vor allem im Kinder- und Jugendalter immens wichtig“.
Bislang keine Vorfälle gemeldet
Eine gute Nachricht: Der Polizei sind kreisweit bislang keine Vorfälle unter Kindern oder Jugendlichen gemeldet worden, die im Zusammenhang mit „Squid Game“ stehen könnten. Gleiches gilt für die Gladbecker Schulverwaltung im Rathaus. Auch die exemplarisch befragten Schulleiterinnen und Schulleiter der Lambertischule, Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule und Werner-von-Siemens-Realschule haben bislang keine Squid-Game-Gewaltspiele auf ihren Schulhöfen bemerkt, oder von Kolleginnen oder Kollegen gemeldet bekommen.Die Medienwelt werde immer vielfältiger „und wir haben einige Kompetenz-Module entwickelt, um Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren. Damit sie lernen zu hinterfragen und zu recherchieren, um etwa nicht so leicht auf Fake News, Falschmeldungen, hereinzufallen“, sagt die Leiterin der Stadtbücherei, Eva Beck. Auf der Homepage (stadt.buecherei-gladbeck.de) soll jetzt auch ein spezieller Bereich zum Thema „Squid Game“ eingerichtet werden. Darüber erfahren Eltern z.B. auch, wie sie einen spezielle Kinder-Zugang für Netflix einrichten.
Das Gefährliche sei, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter noch nicht zwischen Fiktion und Realität unterscheiden könnten „und in das Filmgeschehen emotional sehr viel stärker eingebundener sind, als Erwachsene. Sie fiebern mit den Figuren in der Serie mit“ und könnten schwer mental verarbeiten, wenn diese verletzt oder getötet würden. Das Schlimme ist, „dass hier Kinderspiele plötzlich eine ganz andere, bedrohliche Bedeutung bekommen“, sagt Pia Gaupels. Denn miteinander ein Spiel zu spielen, das sei doch etwas Schönes und Wichtiges in der kindlichen Entwicklung, „da dies auch Gelegenheit bietet, sich selbst oder Freunde besser kennen zu lernen“. Etwa, wo die eigene Frustrationsschwelle liege, „ob man gut verlieren kann“. Oder zu erfahren, dass es schön und hilfreich sein kann, „wenn man im Spiel mit anderen kooperiert“. Um Kinder vor einer Überforderung zu schützen, seien die Eltern gefragt.
Die Serie nicht zum Tabuthema machen
Falsch sei es, Squid Game zum Tabuthema zu machen. „Eltern sollten mit ihren Kindern über die Serie, aber auch über Medien allgemein reden und diskutieren. Was wird in der Serie dargestellt? Was wird da vermittelt? Ist es wirklich so, oder ist da etwas ganz falsch? „Aber ganz klar ist“, unterstreicht Pia Gaupels, „dass Kinder unter 16 Jahren auch nicht mit ihren Eltern die Serie anschauen sollten“. Es gebe ja viele schöne andere altersgerechte Filme, die man gemeinsam anschauen und auch in der Stadtbücherei erhalten könne. Eltern könnten sich zudem Ratgeber zum Thema Medienkonsum ausleihen „und weitere Informationen und Tipps auf der Homepage der Stadtbücherei finden“.