Essen. Die ersten Essener Grundschulen warnen Eltern eindringlich vor der populären Netflix-Serie „Squid Game“. Kinder spielen brutale Szenen nach.
Mit eindringlichen Eltern-Briefen warnen jetzt die ersten Essener Grundschulen Väter und Mütter im Stadtgebiet davor, dass ihre Kinder die populäre Netflix-Serie „Squid Game“ schauen könnten. „Lassen Sie Ihr Kind nicht diese Serie schauen!“, appelliert die Leiterin einer Grundschule im Essener Osten an die Erwachsenen. „Auch nicht im Beisein von älteren Geschwistern oder Ihnen.“
Die koreanische Serie „Squid Game“ zählt zu den erfolgreichsten Sendungen des Online-Streamingdienstes „Netflix“. Es geht um Gefangene, die harmlos erscheinende Kinderspiele absolvieren müssen – doch wer verliert, wird getötet. Dem Sieger steht ein hohes Preisgeld in Aussicht.
Squid Game: Schulleiter aus Essen: „Kinder finden leicht Zugang zur Serie“
Seit Wochen warnen bundesweit Experten davor, dass zu junge Zuschauerinnen und Zuschauer seelischen Schaden nehmen könnten beim Betrachten der Serie. Wobei es nicht nur um explizite Gewaltdarstellungen geht, sondern auch um den Sadismus und die Trostlosigkeit, die die Serie vermittelt. „Squid Game“ ist laut Netflix ab einem Alter von 16 Jahren freigegeben. Einzelne Sequenzen verbreiten sich seit dem Start der Serie im Herbst in Windeseile auch über Portale wie TikTok oder YouTube.
Warum „Squid Game“ so verstörend wirkt
Die Serie „Squid Game“ macht derzeit weltweit Karriere – an Halloween waren auch Kostüme aus der Serie stark gefragt. Weil die Serie vermeintlich harmlose Elemente und die Ästhetik aus Kinderspielen verbindet mit einer ausgesprochen brutalen Handlung, wirkt sie auf zu junge Zuschauer besonders verstörend, sagen Experten.Beim Streaming-Dienst „Neflix“, wo die Serie läuft, kann man einen Jugendschutz einstellen und so dafür sorgen, dass die eigenen Kinder nur passende Inhalte präsentiert bekommen.
„Es ist erstaunlich, wie leicht die Kinder Zugang finden zu dieser brutalen Serie“, sagt die Leiterin einer Grundschule im Essener Norden. Die Schulleiterin ist derzeit dabei, einen Warnbrief an die Eltern zu formulieren. „Man muss vielen Vätern und Müttern klarmachen, was ihre Kinder da schauen. Die meisten Eltern wissen das gar nicht.“ Eine andere Schulleiterin, die in der Stadtmitte arbeitet, konstatiert: „Sechsjährige schauen die Serie gemeinsam mit den Eltern. Wenn Väter und Mütter so verantwortungslos ihre Kinder unpassenden Inhalten aussetzen, ist man machtlos.“
Kinder spielen das Gesehene nach und „hacken sich den Kopf ab“
Auf vielen Schulhöfen werden die Spiele von Kindern nachgeahmt – inklusive vermeintlichem tödlichem Ende. „Die Jungen und Mädchen nehmen dann ihre Hände als Pistolen oder Schwerter und töten sich gegenseitig, hacken sich auch den Kopf ab“, hat die Schulleiterin im Essener Norden beobachtet. Zu den Spielen, die die Kinder nachspielen wollen, zählt auch Tauziehen – das kommt in „Squid Game“ vor. „Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ganztag wunderten sich, als die Kinder plötzlich nach einem Seil fragten“, berichtet die Schulleiterin aus dem Essener Osten.
„Bitte aktivieren Sie die Kindersicherung bei Netflix und anderen Anbietern“, bittet die Pädagogin schriftlich die Eltern. „Fragen Sie sensibel nach und sprechen gegebenenfalls über das Gesehene, um bei der Verarbeitung zu helfen.“
Wenn man es thematisiert, macht das die Kinder nur noch neugieriger
Während manche Schulen das Thema „Squid Game“ offensiv in den Stunden besprechen, um auch die Kinder aufzuklären, setzen andere Schulen darauf, dass allein die Väter und Mütter ihre Kinder entsprechend informieren. „Wenn das Thema in der Schule einen zu großen Raum einnimmt“, heißt es, „macht das die Kinder nur noch neugieriger.“
Eine Schulleiterin beobachtet, dass solche medialen Verwahrlosungs-Tendenzen durch die langen Lockdown-Phasen mit Schulschließungen zugenommen haben. „Die Kinder waren in vielen Haushalten zu lange sich selbst überlassen – mit digitalen Endgeräten, die keine Art von Kindersicherung oder Jugendschutz installiert haben.“ Dass in den Monaten der Schulschließungen keine Info-Abende stattfinden konnten zu Themen wie „Squid Game“, zeige sich jetzt auf folgenschwere Art und Weise.