Gladbeck. Die Vonovia hat Häuser an der Landstraße in Gladbeck an eine Bochumer Firma verkauft. Mieter monieren Zustände. Nachverdichtung befürchtet.
Der Bochumer Immobilienkonzern Vonovia hat Häuser an der Landstraße in Gladbeck an ein ebenfalls in Bochum ansässiges Immobilienunternehmen, die Rhein-Ruhr-Invest, verkauft. Seitdem herrscht große Verunsicherung bei den Mietern der Häuser. Einige Umstände lassen sie mit Sorge in die Zukunft schauen.
Die Ratsfraktion Soziales Bündnis (ABI, BIG, DKP) hat sich der Sache angenommen; die Mitglieder befürchten, die alten Zechenhäuser könnten zum Spekulationsobjekt von „Immobilienhaien“ werden. Nun wollen die Politiker den Familien helfen, die größtenteils schon seit Jahrzehnten an der Landstraße zuhause sind.
Die Ratsfraktion Soziales Bündnis ist schockiert darüber, wie mit den Mietern an der Landstraße in Gladbeck umgegangen wird
„Wir sind schockiert darüber, wie der neue Eigentümer der rund 20 Häuser mit den Menschen umgeht“, sagt Süleyman Kosar (ABI). Der stellvertretende Vorsitzende der Ratsfraktion des Bündnisses schildert Einzelheiten. So seien in einigen Wohnungen im Winter die Heizungen ausgefallen, es habe Rohrbrüche gegeben und auch Schimmelbefall. Die neuen Eigentümer hätten auf entsprechende Hinweise aber kaum reagiert. „Es ist schwer, dort einen Ansprechpartner zu erhalten. Und wenn dann ein Kontakt zustande kam, war der Ton in der Regel ziemlich rau“, so Kosar.
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Das versetzt die Mieter außerdem in Sorge: Was zuvor viele Jahre geduldet worden sei und teils mit einem geringen Obolus abgegolten wurde, werde den Bewohnern nun genommen. „Wäscheleinen dürfen hinter den Häusern nicht mehr gespannt werden. In einigen Fällen wurden sogar nachts heimlich die Pfosten entfernt. Und für das Grabeland hinter ihren Häusern sollen die Leute auf einmal viel Geld bezahlen, zählt Kosar auf. Pkw-Stellplätze seien über Jahrzehnte kostenfrei gewesen, nun soll auch für deren Nutzung gezahlt werden. Kosar: „Die Mieter werden gedrängt, neue Mietverträge zu unterschreiben. Das sorgt für große Unsicherheit.“
Angeblich sollen die Häuser schon weiterverkauft werden
Erst vor wenigen Monaten habe Rhein-Ruhr-Invest die Häuser in Gladbeck gekauft – für circa sechs Millionen Euro. Nun habe man gehört, so Kosar, dass die Immobilien schon wieder weiterverkauft werden sollen – für sieben Millionen Euro.
Eine weitere Vermutung spricht Gerhard Dorka (DKP) an. Das Grabeland hinter den von Rhein-Ruhr-Invest gekauften Häusern könne das Areal zu einem interessanten Spekulationsobjekt machen. „Wenn der Bereich zu Bauland umgewidmet wird, ist er bestens geeignet für eine zusätzliche Bebauung.“ Dass darüber hinaus auch noch viele der Häuser mit den Höfen und dem Grabeland an die Baufläche auf dem ehemaligen Parkplatz gegenüber vom abgerissenen Möbelhaus am Bramsfeld grenzen, mache das Ganze garantiert noch attraktiver, befürchtet Dorka.
Im Gladbecker „Handlungskonzept Wohnen“ wird die Möglichkeit der Nachverdichtung grundsätzlich thematisiert
Solche Überlegungen würden zudem auch dem neuen, überarbeiteten „Handlungskonzept Wohnen“ der Gladbecker Stadtverwaltung entsprechen. Demnach sollten in Gladbeck bis zum Jahr 2035 möglichst mehr als 1300 neue Wohnungen entstehen, gut die Hälfte davon sollten Sozialwohnungen sein. Nur so könne Gladbeck als Wohnstadt attraktiv bleiben. Und da, so Dorka weiter, im flächenmäßig kleinen Gladbeck nicht mehr so viel Bauland zur Verfügung steht, werde in dem Handlungskonzept explizit auch die „Nachverdichtung in Quartieren“ angesprochen. Diese Möglichkeit könne auch an der Landstraße Begehrlichkeiten wecken. Mit der Stadtverwaltung habe man zwar noch nicht darüber gesprochen, wolle das aber in Kürze angehen.
Vorkaufsrecht der GWG gefordert
Die WAZ hat das Bochumer Unternehmen Rhein-Ruhr-Invest um eine Stellungnahme zur Situation an der Landstraße gebeten. Die Anfragen per Telefon und Mail blieben aber unbeantwortet.Die Ratsfraktion Soziales Bündnis sieht die Politik in der Pflicht: „Wir sind der Auffassung, dass die GWG bei Objekten von Immobilienkonzernen grundsätzlich ein Vorkaufsrecht haben muss.“ Es gehe darum, den Bürgerinnen und Bürgern in Gladbeck auch weiterhin bezahlbares Wohnen zu ermöglichen.
Im Moment kümmert sich die ABI-Ratfraktion noch um die Mieter der Häuser an der Landstraße. Zwei Treffen haben bereits stattgefunden. Weitere sind geplant. Dabei gehe es jetzt vor allem darum, die Probleme der Mietparteien zu sammeln und dann die entsprechenden rechtlichen Mittel zu klären. Denn für die Mitglieder des Sozialen Bündnisses steht fest: „So kann und darf nicht mit Menschen umgesprungen werde, die schon fast ein halbes Jahrhundert in ihren Wohnungen leben!“
Das sagt Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer zur Situation an der Landstraße
Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer erklärte auf Anfrage der WAZ, dass die Stadt nichts von dem Verkauf der Häuser gewusst habe. „Der neue Eigentümer hat bislang auch nicht den Kontakt zu uns aufgenommen.“ In einem Punkt kann er die Bewohner beruhigen. Die Stadtverwaltung habe nicht vor, die Gärten zu bebauen und werde dafür auch kein Planungsrecht schaffen. Bebauungspläne gebe es bekanntlich für das Areal am Bramsfeld, aber nicht darüber hinaus.
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