Gelsenkirchen. Pflegebedürftig zu werden, ist extrem teuer. Der Eigenanteil in Gelsenkirchens Heimen Stadt liegt drastisch über den durchschnittlichen Renten.

Senioren, die auf die vollstationäre Pflege in einer Einrichtung angewiesen sind, müssen dafür immer tiefer in die Tasche greifen. Der zu leistende Eigenanteil ist drastisch gestiegen. Da diese Beiträge deutlich über den Renten der meisten Arbeitnehmer liegen, übernimmt letztlich in der Mehrheit der Fälle das Sozialamt zumindest teilweise die Kosten für Gelsenkirchener Heimbewohner.

In mehr als jedem zweiten Fall muss das Sozialamt einspringen

28,4 Millionen Euro hat die Stadt Gelsenkirchen dafür im neuen Haushalt veranschlagt. Diese Gelder sind zwar nicht zwangsläufig ausschließlich Menschen in Gelsenkirchener Heimen vorbehalten, die auch vorher in Gelsenkirchen gelebt haben. Die Kommunen übernehmen gegenseitig die Kosten für Heimbewohner, die für den Wechsel ins Heim aus anderen Kommunen gewechselt sind. „Das hält sich aber in etwa die Waage, was die Belastung der jeweiligen Kommunen angeht“, versichert Stadtdirektor und Kämmerer Luidger Wolterhoff.

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In den 27 stationären Pflegeeinrichtungen in Gelsenkirchen stehen insgesamt mehr als 2500 Plätze zur Verfügung. Bis zu zwei Drittel dieser Plätze werden zumindest über Pflegewohngeld, häufig aber auch mit deutlich höheren Anteilen vom Sozialamt finanziert.

Selbst die Pflegeleistung zahlt die Kasse nicht komplett

Mittlerweile erheben die meisten Heime einen einheitlichen Pflegegeldzuschuss für die Pflegegrade zwei bis fünf. Lediglich beim Pflegegrad 1 liegt er höher. Das heißt, nicht nur für die Unterbringung, Verpflegung und Investitionen übernehmen die Pflegekassen nicht die volle Summe, sondern auch für die Pflege. Dieser Eigenanteil für die Pflege liegt in der Regel bei etwa 1600 bis 1700 Euro.

Das Seniorenheim im Haunerfeld ist in städtischer Trägerschaft. Es liegt beim Eigenanteil im mittleren Bereich mit insgesamt knapp 3200 Euro Zuzahlung in den ersten drei Jahren.
Das Seniorenheim im Haunerfeld ist in städtischer Trägerschaft. Es liegt beim Eigenanteil im mittleren Bereich mit insgesamt knapp 3200 Euro Zuzahlung in den ersten drei Jahren. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Spannbreite des zu zahlenden Eigenanteils unter den Einrichtungen ist je nach Träger durchaus stattlich. Hier einige Beispiele verschiedener Heimbetreiber für Senioren mit dem Pflegegrad zwei bis fünf: Im Bruder Jordan Haus der Caritas liegt der vom Bewohner zu zahlende Eigenanteil bei 3518 Euro, im Amalie-von-Sieveking-Haus in Trägerschaft des Johanneswerks sind es 3833 Euro, im Liebfrauenstift der Caritas sind es 3500 Euro, im St. Vinzenz-Haus der Augustinus GmbH im KERN-Leistungsverbund 3220 Euro, im St. Anna von der Caritas 3298 Euro und die günstigste Unterbringung im St. Josef, ebenfalls in Trägerschaft von St. Augustinus, fallen „nur“ 2610 Euro Eigenanteil an. In den Seniorenzentren der Awo liegt der Anteil, den die Bewohner beziehungsweise das Sozialamt übernehmen müssen, bei etwa 3400 Euro.

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Bei den insgesamt 354 Pflegeplätzen in den vier städtischen Senioreneinrichtungen liegt die Preisspanne zwischen 2770 Euro (Schonnebecker Straße) und 3720 Euro (Fürstinnenstraße). In letzterem gibt es ausschließlich Einzelzimmer, zudem ist es Senioren mit demenziellen Erkrankungen vorbehalten. Unterm Strich sind mittlerweile - wie vom Gesetzgeber auch vorgeschrieben - mindestens 80 Prozent der Plätze in Gelsenkirchener Pflegeeinrichtungen in Einzelzimmern untergebracht.

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Die genannten Preise gelten für die Unterbringung in einem Doppelzimmer, für Einzelzimmer fallen allerdings in der Regel lediglich Mehrkosten von 30 bis 40 Euro im Monat an. Wer länger als drei Jahre in einer Pflegeeinrichtung lebt, kann mit einer Reduzierung der selbstfinanzierten Kosten aufgrund eines höheren Pflegekassenzuschlags rechnen. Bis zu zwei Dritteln aller Heimbewohner in Gelsenkirchen, so eine grobe Schätzung, können die Kosten nicht eigenständig erbringen. Das Sozialamt springt ein, wenn das Vermögen der Bewohner weniger als 10.000 Euro beträgt und auch die Kinder nicht mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen.

Zahl der freien Plätze ändert sich ständig

In den letzten beiden Jahren wurden in der Stadt weder Pflegeeinrichtungen geschlossen, noch wurden neue eröffnet. Aktuell stehen rund 20 freie Pflegeplätze für Suchende zur Verfügung. Diese Zahl ändert sich jedoch täglich, da ein vollstationärer Pflegebedarf häufig plötzlich eintritt, etwa nach Stürzen oder Krankenhausaufenthalten aus anderen Gründen.

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Einen Überblick über die aktuelle Situation bietet die Heimfinder-App des Landes NRW mit allen Kontaktdaten der Häuser. Beratung finden Betroffene und Angehörige auch bei der städtischen Beratungsstelle PFAD, zu finden in der Vattmannstraße 2-4. Geöffnet ist diese montags, dienstags und donnerstags von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr. Telefonisch sind die Mitarbeiterinnen über die Stadtnummer 0209 169-0 erreichbar.

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