Gelsenkirchen. Diese Steuerreform geht alle etwas an: Eigentümer, Mieter, Firmen zahlen 2025 eine neue Grundsteuer. Diese Optionen liegen in GE auf dem Tisch.
Die Neubewertung der 60.000 Grundstücke in Gelsenkirchen im Zuge der Grundsteuerreform ist erst einmal eine gute Nachricht für Firmen, hingegen eine schlechte für Privateigentümer. „Bei den Einfamilienhäusern haben die Messbeträge eine Steigerung von 17 Prozent erfahren, während die Mietgrundstücke eine Senkung von zwölf Prozent haben. Bei den Geschäftsgrundstücken hat sich die Messzahl mehr als halbiert, minus 56 Prozent“, legte es Kämmerer Luidger Wolterhoff im vergangenen Haupt- und Finanzausschuss dar. Nun kommt es darauf an, was die Politik in Gelsenkirchen aus dieser Grundlage macht.
Denn der Steuermessbetrag ist nicht der einzige Faktor für die tatsächliche Steuerschuld. Genauso wichtig ist der Hebesatz, den Gelsenkirchen als zentralen Berechnungsmaßstab selbst festlegen darf. Es gibt einmal den Hebesatz A (für die Land- und Forstwirtschaft). Dieser liegt aktuell bei 337,5 Prozent. Der wesentliche Hebesatz B für alle weiteren Grundstücke liegt gegenwärtig bei 675 Prozent.
Option 1: So müsste ein einheitlicher Hebesatz in Gelsenkirchen aussehen
Das Land NRW hat die Städte und Gemeinden in NRW am 18. Juni informiert, wie sie die Hebesätze anpassen könnten, um eine sogenannte Aufkommensneutralität zu erreichen – welche Anpassungen sie also vornehmen müssten, um genauso viel Geld über die Steuer einzunehmen wie bisher (etwa 50 Mio. Euro in Gelsenkirchen). Das ist von Anfang an der Grundsatz bei der Steuerreform: Die Kommunen sollen die Reform nicht ausnutzen, um zusätzliche Einnahmen zu generieren.
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Demnach müsste der Hebesatz B auf 881 Prozent steigen. „Damit wäre rechnerisch zwar eine Aufkommensneutralität geschaffen, jedoch natürlich keine Belastungsneutralität für die einzelnen Bürger“, sagte Wolterhoff. Das heißt: Für die einzelnen Grundstückeigentümer (und über die Nebenkostenabrechnung in der Konsequenz auch für die Mieter) gibt es individuelle Verschiebungen. In der Tendenz werde der Altbau an Wert verlieren, der moderne Neubau jedoch höher bemessen. „Es wird diejenigen geben, die Gewinner sein werden. Und es wird auch die Verlierer geben“, sagte Wolterhoff.
Option 2: So könnte ein differenzierter Hebesatz B in Gelsenkirchen aussehen
Den Hebesatz einheitlich anzuheben, ist nicht die einzige Option, die auf dem Tisch liegt. Das NRW-Finanzministerium schlägt nämlich auch vor, dass künftig eine neue Unterscheidung beim Hebesatz B von den Kommunen gemacht werden kann. Sie sollen dabei künftig differenzieren können, ob es sich um Wohngrundstücke handelt oder nicht. Das ist aktuell nicht möglich. „Zum jetzigen Zeitpunkt liegt aber kein Gesetzbeschluss vor“, sagte Wolterhoff. Dementsprechend sei es derzeit auch nicht rechtssicher, eine politische Entscheidung in Gelsenkirchen zu treffen, mit der ein ausdifferenzierter Hebesatz eingeführt wird.
Würde man einen differenzierten Hebesatz B in Gelsenkirchen einführen, so müsste man diesen für Wohngebäude auf 700 Prozentpunkte anheben, um die Aufkommensneutralität hinzubekommen. Das ist eine deutlich niedrigere Anhebung als beim einheitlichen Hebesatz. Der Hebesatz B für die Geschäftsgrundstücke müsste hingegen fast bei 1400 Prozent liegen, würde man versuchen, die Aufkommensneutralität über einen differenzierten Hebesatz zu gewährleisten.
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Aus dieser „rein mathematischen Betrachtung“ (Wolterhoff) muss nach den Sommerferien Politik werden. Vorher müsse aber noch beantwortet werden, ob eine differenzierte Betrachtung des Hebesatzes B überhaupt technisch möglich wäre, ob der Softwareanbieter für die Steuerberechnung also überhaupt eine Umstellung bis 2025 schafft. Dann muss das neue Grundsteuermodell umgesetzt sein. „Es gibt da eine gewisse Unsicherheit“, sagte Wolterhoff. Zudem wartet man auf einen Gesetzestext von der Landesregierung.
Übrigens: Würde die Stadt Gelsenkirchen alles so belassen wie es ist, den Hebesatz also nicht verändern, dann würden ihr jedes Jahr zwölf Millionen Euro fehlen - eine „beachtliche Summe“, wie Wolterhoff betonte. Dass Handlungsbedarf besteht, steht also außer Frage.
„Es bleibt spannend, auch für uns, leider auch ein bisschen zu spannend“, sagte Oberbürgermeisterin Karin Welge am Ende der Debatte. „Mehr Klarheit“ vom Land hätte man sich zum jetztigen Zeitpunkt bereits gewünscht.