Essen. Mit der Harfid-Insolvenz platzte der Bauplan an der Hindenburgstraße. Das heruntergekommene Haus könnte nun ein Fall für Schnäppchenjäger werden.

Das leer stehende Bürogebäude an der Hindenburgstraße, Ecke Hachestraße, gerät in Essen seit der Pleite des Bauunternehmens Harfid zusehends zu einem Schandfleck. Teile der Fassade sind kaputt, Fenster sind eingeschlagen oder mit Holzfaserplatten zugenagelt. Und nicht nur Graffitisprayer haben das Haus für sich entdeckt. Als es in dem Gebäude vor wenigen Tagen, am Sonntag, 2. Februar, gebrannt hat, beobachtete ein Augenzeuge, wie Feuerwehr und Polizei mehrere Obdachlose herausgeführt und untersucht haben. Ein verlassener Ort in bester Lage zur Innenstadt und zum Hauptbahnhof.

Dabei hatte Harfid an dieser Stelle einst große Pläne. 2015 kaufte das Unternehmen den ehemaligen Sitz der Volksbank, die nach einer massiven Schieflage im Jahr 1999 mit der Essener Genobank fusionierte und die anschließend das Gebäude weiter nutzte bis zum Umzug in die Innenstadt (Am Waldthausenpark 4). Harfid wollte nach dem Erwerb auf dem Grundstück eine neue Firmenzentrale für sich bauen, das Gebäude im Vergleich zum heutigen Bau sogar noch aufstocken. Neben Büros gingen die Gedankenspiele auch in Richtung einer Hotelnutzung. Eine Baugenehmigung für all das gab es allerdings noch nicht.

Harfid-Bürogebäude wird Ende April 2025 in Essen zwangsversteigert

Doch mit der Insolvenz von Harfid im September 2022 platzten diese Pläne ohnehin. Denn im Zuge dessen ging auch das Harfid-Tochterunternehmen Headquarter GmbH pleite, in deren Eigentum sich die Immobilie befindet. Kaufinteressenten dafür gebe es, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter, der Düsseldorfer Anwalt Paul Fink. Allerdings konnten sich die Gläubiger wohl bislang nicht auf einen gemeinsamen Verkauf einigen, das Insolvenzverfahren ist noch immer nicht eröffnet. „Ich bin in diesem Prozess nur das vermittelnde Organ“, sagt Fink.

Ehemaliges Bankgebäude wird im Zuge der Harfid-Insolvenz zwangsversteigert. Die Immobilie steht an der an der Hachestraße 34/Ecke Hindenburgstraße .
Der ehemalige Eingang zum Harfid-Bürogebäude an der Hindenburgstraße/Ecke Hachestraße. Kaputte Fensterscheiben wurden mit Holzplatten vernagelt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Unter den Gläubigern sollen sich seinen Angaben nach Banken, Werkunternehmen und auch die Stadt Essen befinden. Zwei der Gläubiger haben schon vor anderthalb Jahren die Zwangsversteigerung des Bürogebäudes eingeleitet und beim Amtsgericht Essen einen entsprechenden Antrag gestellt. Nach Auskunft des Gerichtes sind das die Sparkasse Bochum sowie die Stadt Essen. In knapp drei Monaten, am Mittwoch, 30. April, um 9 Uhr soll die Immobilie im Sitzungssaal 293 unter den Hammer kommen.

Gutachterin ermittelte einen Verkehrswert von 1,24 Millionen Euro

Die Immobilie stammt aus dem Baujahr 1967/1968 und besteht aus zwei angrenzenden Bürohäusern und einer Parkfläche im Innenhof. Eine Gutachterin hat einen Verkehrswert trotz der Top-Lage von gerade einmal 1,24 Millionen Euro ermittelt. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass das heruntergekommene Gebäude nicht mehr saniert wird, ein Abriss und Neubau wirtschaftlicher wären. Die Kosten einer Sanierung schätzt die Gutachterin auf neun bis 15 Millionen Euro. Ein Interessent müsste beim ersten Versteigerungstermin mindestens die Hälfte des Verkehrswertes bieten, also 620.000 Euro. Sollte niemand dazu bereit sein, würde beim nächsten Termin die Schwelle eines Mindestgebotes wegfallen.

Mehr zum Thema

Das Verkehrsgutachten basiert auf einem Vor-Ort-Besuch, der im Jahr 2023 stattgefunden hat. In ihrem Exposé schreibt die Gutachterin schon damals: „Das leerstehende Gebäude befindet sich in einem verwahrlosten und teilweise beschädigten Zustand.“ Vor der Insolvenz hatte Harfid im Innern bereits mit der Entkernung begonnen. Ein Käufer könnte die Büros im jetzigen Zustand also nicht mehr vermieten, müsste investieren oder abreißen.

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!

Ob es zur Zwangsversteigerung im April kommt, bleibt allerdings abzuwarten. Der vorläufige Insolvenzverwalter Paul Fink schließt nicht aus, dass sich die Gläubiger bis dahin auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. „Vielleicht gibt es noch eine abgestimmte Lösung vor April“, meint er. Schließlich seien Zwangsversteigerungen immer auch mit großen Unwägbarkeiten verbunden.

Mehr Informationen im Internet

Nähere Informationen zum Objekt gibt es im Justizportal des Landes unter www.zvg-portal.de. Neben dem Exposé für diese Immobilie können dort auch Informationen abgerufen werden, ob die Versteigerung zum angegebenen Termin tatsächlich stattfindet.

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]