Essen. Krebs, Starkregen, Feuer: Familie Schulten aus Essen hat mit ihrer Tochter Melina (8) viele Schicksalsschläge erlitten. Jetzt der nächste Schock.

Familie Schulten aus Essen-Schönebeck steht immer noch unter Schock. „Wenn ich daran denke, dass fremde Menschen die Bilder und die Krankheitsgeschichte meiner Tochter genutzt haben, um sich daran zu bereichern, dann fühle ich nur Hass, Wut und Enttäuschung. Ich bin fassungslos“, sagt Melinas Mutter Denise Schulten (35). Vater Benjamin (37) fügt hinzu: „Ich hatte Tränen in den Augen, als ich erfahren habe, was da gerade passiert.“

Mit vier Jahren ist die heute achtjährige Melina an Krebs erkrankt. Die Ärzte räumten dem Mädchen laut ihren Eltern nur eine etwa 40-prozentige Überlebenschance ein, doch Chemotherapie und Bestrahlung schlugen an und die Familie hofft darauf, dass Melina wieder ganz gesund wird. Die Krankheitsgeschichte der kleinen Essenerin teilt Mutter Denise auf Instagram (@melina_will_leben) und berichtet regelmäßig über Melinas Gesundheitszustand.

Betrüger gaben Essenerin Melina online als „Sophia“ aus

Nun der Schock für die Familie: Betrüger haben die Krebserkrankung des Mädchens genutzt, um Spenden zu sammeln. Über die Crowdfunding-Plattform „GoFundMe“ haben Unbekannte einen Spendenaufruf mit dem Titel „Sophias Kampf: Hoffnung und Heilung“ erstellt. Das Titelbild des Aufrufs zeigt ein Foto von Melina, deren Name für den Betrug in Sophia geändert wurde. Mit der Hilfsbereitschaft anderer Menschen konnten mehr als 800 Euro gesammelt werden, der Zielbetrag der Spendenaktion war auf 5.000 Euro angesetzt.

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„GoFundMe“ ist nach eigenen Angaben die größte soziale Crowdfunding-Plattform der Welt und habe mit einer Community von über 100 Millionen Menschen bereits über 25 Milliarden Euro an Spenden gesammelt. Normalerweise sollen über die Plattform Menschen finanziell unterstützt werden, die einen schweren Schicksalsschlag erlitten haben.

Melina aus Essen-Schönebeck kämpft sich durchs Leben. Ihre Familie hat nun mit neuen Problemen zu tun.
Melina aus Essen-Schönebeck kämpft sich durchs Leben. Ihre Familie hat nun mit neuen Problemen zu tun. © Privat | Schulten

Laut Polizei Essen wird in alle Richtungen ermittelt

Die falsche Spendenaktion lief offenbar bereits seit Frühjahr 2024. Denise Schulten sei aber erst im Dezember darauf aufmerksam gemacht worden: „Auf dem Rückweg von Melinas Kontrolluntersuchung erreichte uns die Nachricht von einer Followerin unseres Instagram-Profils, dass eine Spendenaktion in Melinas Namen läuft.“ Die Familie habe sofort alle notwendigen Schritte eingeleitet, um die Social-Media-Profile sperren zu lassen, auf denen sich jemand als Mutter von Melina beziehungsweise Sophia ausgibt und dort auf die Spendenaktion aufmerksam macht.

„Wir haben auch sofort Anzeige bei der Polizei erstattet“, so Denise Schulten. Die Polizei bestätigte durch einen Sprecher, dass die Strafanzeige vorliegt. Derzeit werde in alle Richtungen ermittelt. Dazu kooperiere man mit der Crowdfunding-Plattform, um herauszufinden, wer hinter der Spendenaktion steckt. Bislang gebe es aber keine konkreten Hinweise.

Polizei Essen: „Das Problem ist, dass es sich um ein Fake-Profil handelt“

„Das Problem ist, dass es sich um ein Fake-Profil handelt. Es ist leider relativ einfach, Spuren im Internet zu verschleiern, sodass es sich in diesen Fällen um recht langwierige Prozesse handelt, bis man einen Ermittlungserfolg erzielt“, so der Polizeisprecher.

Auf dem Facebook-Profil, mit dem die falsche Spendenaktion beworben wird, wurde kurz vor Weihnachten noch ein Video gepostet, in dem Fotos von Melina zu sehen sind. In dem Video heißt es: „Hallo Freunde, meine Tochter Sophia kämpft derzeit tapfer gegen den Krebs! Aber sie braucht eure Unterstützung, um diesen Kampf zu gewinnen. Lasst uns gemeinsam für sie da sein. Jede Spende, egal wie klein, trägt dazu bei, Sophias Behandlung zu unterstützen.“

Essener Familie atmet auf: Spendenaktion gelöscht

Bis vor Kurzem existierte neben dem Facebook-Profil auch ein Instagram-Profil, das jedoch nach zahlreichen Nutzer-Meldungen von der Plattform gelöscht wurde: „Wir haben alle Freunde, Bekannte und Follower dazu aufgerufen, die Profile auf Facebook und Instagram zu melden, damit sie gelöscht werden. Bei Instagram hat es geklappt, bei Facebook sieht man keinen Verstoß gegen Nutzungsregeln. Das Profil besteht weiterhin“, so Denise Schulten.

Einen Erfolg konnte die Familie aber an Weihnachten verbuchen, wie Vater Benjamin berichtet: „Nachdem wir der Crowdfunding-Plattform zahlreiche Beweise für den Betrug vorgelegt hatten, wurde die Spendenaktion auf ,GoFundMe‘ an Heiligabend gelöscht. Es fühlte sich an wie ein Weihnachtsgeschenk.“ Ob die bereits gesammelten Spenden an die Täterin oder den Täter ausgezahlt wurden, ist derzeit noch unklar. Auf Nachfrage dieser Redaktion hat sich „GoFundMe“ bislang nicht zu dem Fall geäußert.

Krebs, Brand, Starkregen: Familie erlebte viele Schicksalsschläge

Auch Melina selbst habe der Vorfall mitbekommen und sie sei außer sich vor Wut, erzählt ihre Mutter. Familie Schulten wurde in der Vergangenheit aufgrund zahlreicher, schwerer Schicksalsschläge häufig durch Spenden unterstützt, wofür sie, wie Mutter Denise betont, enorm dankbar seien. Nach Melinas Krebserkrankung zerstörte im März 2023 ein Brand die Wohnung der Familie.

Nachdem sie in einer Ersatzunterkunft untergekommen waren, traf sie der nächste Schlag: Ein Unwetter mit Starkregen überflutete die neue Bleibe und machte zwei Räume unbewohnbar. 2024 erlebte die Familie erneut einen schweren Rückschlag, als Vater Benjamin im Sommer zwei Schlaganfälle erlitt. „Ich habe seitdem mit starkem Schwindel zu kämpfen und fahre deshalb kein Auto mehr, was den Alltag für uns deutlich schwieriger gestaltet“, erzählt der Familienvater.

Wieder Sorge um den Gesundheitszustand von Melina (8) aus Essen

Auch Melinas Gesundheitszustand sei aktuell beunruhigend, wie Schultens erzählen: „Bei Melina wurde bei einer Untersuchung im August eine neue Gewebeveränderung entdeckt. Sie wird derzeit engmaschig überwacht. Wir hoffen, dass sie keinen Rückfall erleidet.“ Für dieses Jahr wünscht sich die Familie, dass keine weiteren Katastrophen über sie hereinbrechen: „Wir würden uns freuen, künftig von weiteren Schicksalsschlägen verschont zu bleiben und dass alle gesund bleiben. Außerdem wünschen wir uns, dass die Täter gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden.“ 

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