Essen. Die Stadt verschickt jetzt die Grundsteuer-Bescheide. Auch wer beim Finanzamt Einspruch eingelegt hat, muss zahlen. Die wichtigsten Fragen.
Die Essener Hausbesitzer bekommen dieser Tage Post. Am Dienstag, 7. Januar, hat die Stadt die Bescheide über die Grundbesitzabgaben verschickt. Allerdings dürfte dieses Mal die eine oder andere Überraschung dabei sein. Denn in dem Bescheid ist die neue Grundsteuer, die sich nach der Reform ergibt, aufgeführt. Für einige Hausbesitzer wird diese deutlich höher ausfallen als bislang, für andere niedriger. Vor allem für Ein- und Zweifamilienhäuser erwartet der Eigentümerverband eine teils deutliche Verteuerung.
Erstmals gibt es außerdem für Wohnen und Gewerbe in Essen zwei unterschiedliche Hebesätze. Für Wohn-Grundstücke beträgt der Satz 655 Prozent. Für Geschäfts-Grundstücke fällt er mit 1290 Prozent höher aus. Die Grundsteuer berechnet sich aus dem Wert des Grundbesitzes, der Steuermesszahl und dem Hebesatz. Die beiden zuerst genannten Werte hatte das Finanzamt in seinem Bescheid neu festgelegt. Sie dürften ausschlaggebend dafür sein, wie viel Grundsteuer künftig fällig wird. Die Hebesätze bestimmt die städtische Politik.
Die Stadt erwartet offenbar in den nächsten Tagen jede Menge Rückfragen und hat schonmal vorsorglich darauf hingewiesen, dass das Service-Center nur eingeschränkt erreichbar sein wird. Auch der Eigentümerverband Haus & Grund in Essen rechnet mit mehr Anrufen seiner Mitglieder, wie Geschäftsführer Andreas Noje sagte. Es gebe weiter viele Fragen und Unsicherheiten rund um die Grundsteuer. Noje beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema:
Wenn der Bescheid vorliegt: Müssen Immobilienbesitzer die Grundsteuer auch dann zahlen, wenn sie gegen den Bescheid beim Finanzamt Einspruch eingelegt haben?
„Ja, das müssen sie“, sagt Noje. Ein Einspruch wie auch eine Klage haben in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Es gibt laut Noje eine Ausnahme: Wer beim Finanzamt einen Antrag gestellt hat, dass die Vollziehung ausgesetzt wird und dieser Antrag von der Behörde auch genehmigt wurde, der muss jetzt nicht zahlen. „Ein solcher Fall ist uns allerdings nicht bekannt. In der Regel hat das Finanzamt solche Anträge abgelehnt“, meint Noje.
Müssen Hausbesitzer jetzt handeln, wenn das Finanzamt über den Einspruch noch nicht entschieden hat?
Rund 50.000 Immobilienbesitzer hatten gegen die Bescheide des Finanzamts Einspruch eingelegt. Viele scheinen derzeit ruhend gestellt. Denn es laufen mehrere Musterklagen, darunter auch einige von Haus & Grund. Wann diese höchstrichterlich entschieden werden, ist allerdings offen. Deshalb bleibt den betroffenen Eigentümern nur eines: abzuwarten.
Kann man jetzt noch Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid einlegen, den das Finanzamt verschickt hat?
„Das dürfte die große Ausnahme sein“, meint Noje. In der Regel dürfte die Frist dafür schon lange abgelaufen sein. Wer den Bescheid vom Finanzamt bekam, hatte einen Monat Zeit, dagegen vorzugehen.
Die Stadt Essen hat erstmals zwei Hebesätze festgelegt. Kann man sich dagegen wehren?
Wer in Essen ein reines Wohngrundstück besitzt, wird durch die gesplitteten Hebesätze besser gestellt als bei einem einheitlichen Hebesatz. Dieser hätte bei rund 840 Prozent statt der jetzt festgelegten 655 Prozent gelegen. Auch bei Gewerbegrundstücken kann es trotz des deutlich höheren Hebesatzes sein, dass unterm Strich nicht mehr Grundsteuer fällig wird. Entscheidend ist, wie hoch das Finanzamt den Grundstückswert festgelegt hat.
Sonderfälle sind sogenannte gemischt genutzte Grundstücke. Der klassische Fall: im Erdgeschoss gibt es ein Ladengeschäft, in den oberen Etagen Wohnungen. Solche Häuser fallen auch dann unter die Kategorie gewerblich, wenn der Wohn-Anteil bis zu 80 Prozent beträgt. Das hat der Gesetzgeber so festgelegt. Das betrifft in Essen über 4000 Immobilien. Wem der hohe Hebesatz mehr Grundsteuer beschert, der könnte die Splittung des Hebesatzes juristisch überprüfen lassen. Dafür müsste Widerspruch bei der Stadt eingelegt und dies damit begründet werden, dass man die Aufsplittung für verfassungswidrig hält. „Gegebenenfalls muss man dann bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, um eine Entscheidung zu bekommen“, betont Noje.
Gilt auch dafür eine Widerspruchsfrist?
Wie beim Finanzamt bleibt auch hier nach Eingang des Bescheids nur ein Monat Zeit.
Wenn man gegen die geteilten Hebesätze juristisch vorgehen will, muss man trotzdem die Grundsteuer zahlen?
Ja, das gilt auch diesem Fall, so Noje.
Die Stadt Essen hat auf ihrer Internetseite Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Grundsteuer zusammengestellt. Diese sind unter www.essen.de/grundbesitzabgaben zu finden.