Essen. Die Grundsteuer wird für manche Immobilieneigentümer 2025 deutlich teurer. Daran ändert auch der niedrigere Hebesatz der Stadt nicht viel.

  • Seit 1. Januar 2025 ist die Grundsteuerreform in Kraft. In Essen wird die Neuberechnung dazu führen, dass manche Hausbesitzer mehr, andere weniger als bislang zahlen.
  • Die Stadt verschickt ab 7. Januar 2025 die Bescheide, dann kann jeder schwarz auf weiß sehen, wie viel er zahlen muss.
  • Aus aktuellem Anlass haben wir diesen Text, der am 13. Dezember 2024 erschien, nochmals veröffentlicht.

Auf viele Hausbesitzer in Essen dürften mit dem neuen Jahr deutlich höhere Grundsteuern zukommen. Obwohl der Stadtrat den Hebesatz niedriger angesetzt hat als bisher, werden wohl vor allem Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern stärker belastet. Davon geht der Eigentümerverband Haus & Grund in Essen aus. Das liege allein daran, dass die vom Finanzamt ermittelten neuen Werte für den Grundbesitz zum Teil „extrem hoch gegangen sind“, sagt der Geschäftsführer von Haus & Grund, Andreas Noje. Aber auch Besitzer von Mehrfamilienhäusern sind betroffen, wie ein unten genanntes Beispiel zeigt.

Die Grundsteuer berechnet sich aus dem Wert des Grundbesitzes, der Steuermesszahl und dem Hebesatz. Mit der Reform, die am 1. Januar in Kraft tritt, hat das Finanzamt sämtliche Immobilien neu bewertet. Die Immobilieneigentümer in Essen werden in wenigen Wochen schwarz auf weiß wissen, wie viel Grundsteuer nun fällig wird. Nach Angaben von Stadtkämmerer Gerd Grabenkamp werden die Bescheide voraussichtlich am 7. Januar 2025 verschickt. In der Gesamtzahl sind das 170.000 Briefe.

Essen entscheidet sich für gesplitteten Hebesatz bei der Grundsteuer

Zuvor hatte der Stadtrat in seiner November-Sitzung den Hebesatz zur Grundsteuer B festgelegt. Erstmals wird es dabei eine Unterscheidung geben: Für Wohn-Grundstücke soll er 655 Prozent betragen. Für Geschäfts-Grundstücke wird er mit 1290 Prozent deutlich höher ausfallen. Mit dem Splitting will die Politik drohende Kostensteigerungen im Wohnen abfedern. Denn die Grundsteuer zahlen auch Mieter. Auch Haus & Grund freut sich: „Viele Eigentümer haben so wenigstens keine weitere Verschärfung bei den Kosten“, meint Noje.

Hätte sich die städtische Politik wie bislang für einen einheitlichen Hebesatz für Wohnen und Gewerbe entschieden, dann hätte dieser bei fast 840 Prozent gelegen. Denn als Maßgabe – Splittung hin oder her – galt stets: Auch nach der Grundsteuerreform will die Stadt unterm Strich gleich viel an Steuern einnehmen wie bislang. Mit den unterschiedlichen Hebesätzen werden die Lasten nun zwar anders verteilt. Und dennoch ist klar: Es gibt Immobilieneigentümer, die mehr, und andere, die weniger Grundsteuer zahlen.

Hauseigentümer wehrt sich gegen Berechnungsmodell des Finanzamtes

Zu Ersteren zählt Jürgen Peter Kleinert. Die Redaktion hatte über seinen Fall schon 2022 berichtet. Sein Ärger über die Grundsteuerreform hat sich bis heute nicht gelegt. Kleinert besitzt in Essen mehrere Mehrfamilienhäuser. Für zwei dieser Immobilien, in der Gerlingstraße und der Goldschmidtstraße, hat er mit dem neuen Hebesatz von 655 Prozent schon mal gerechnet: In beiden Fällen muss er im nächsten Jahr etwas über 50 Prozent mehr Grundsteuer zahlen als bislang. In der Gerlingstraße macht das beispielsweise über 600 Euro im Jahr aus. „Das ist doch ein Witz“, schimpft er. Der Stadt will er dabei weniger einen Vorwurf machen. „Die mag das mit dem Hebesatz gut gemacht haben, sonst wäre die Steuer ja noch höher“, sagt er. „Aber die Kalkulation des Finanzamtes ist falsch.“

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Was er meint, ist folgendes: In den genannten Häusern verlangt Kleinert weniger als sechs Euro Miete pro Quadratmeter. Das aber interessiert das Finanzamt nicht. Denn der Gesetzgeber hat für die Neufestsetzung der Grundsteuer eine Tabelle mit pauschalen Mieten festgelegt. Diese unterscheidet nur nach Bundesland, Baujahrklassen und Wohnungsgrößen. Es ist der Behörde damit egal, ob Kleinerts Häuser im Ostviertel oder in Bredeney stehen. Das Finanzamt legt knapp neun Euro Miete zugrunde. „Mieten, die ich in meinen Häusern nie im Leben erzielen kann“, so der Essener. Die Folge: Die Immobilien seien vom Finanzamt viel zu hoch bewertet worden.

Jürgen Peter Kleinert könnte dies egal sein, er wird die Grundsteuer 1:1 auf die Mieten umlegen. „Aber mir geht‘s um meine Mieter“, sagt er. Viele hätten kleine Renten oder Einkommen. Einigen zahlt das Jobcenter die Miete. In deren Fall fällt die höhere Steuer auf die Stadt und somit auf die Allgemeinheit zurück. „Ein krankes System“, schüttelt Kleinert den Kopf.

Gegen die Bescheide des Finanzamtes hatte er schon Ende 2022 Einspruch eingelegt. Direkt gebracht hat es nichts. Eine Änderung sei nicht möglich, teilte ihm die Behörde lapidar mit. Seinen Einspruch hat Kleinert dennoch nicht zurückgezogen und hofft nun, dass das gesamte Berechnungsmodell als verfassungswidrig vor Gericht scheitert. Mehrere Musterklagen dazu laufen. Wann diese höchstrichterlich entschieden werden, ist allerdings offen. Insgesamt hatten sich wie Kleinert rund 50.000 Essener und Essenerinnen gegen die Finanzamtsbescheide gewehrt.

Auch bei Einspruch: Grundsteuer muss erstmal gezahlt werden

Zahlen müssen sie die neue Grundsteuer im neuen Jahr dennoch. „Wenn der Bescheid von der Stadt kommt, ist die Steuer unabhängig vom Einspruch fällig“, sagt Andreas Noje von Haus & Grund. Einen Vorbehaltsvermerk könne man hinzufügen, müsse man aber nicht. Unklar ist ohnehin, ob die gesplitteten Hebesätze rechtssicher sind. Voraussetzung wäre allerdings, dass jemand dagegen klagt. Das wird sich jedoch erst zeigen, wenn die Stadt die Bescheide im Januar verschickt hat. Vorher ist kein Widerspruch gegen die Hebesätze möglich. Wem dann allerdings erst schwant, dass die vom Finanzamt festgesetzten Werte zu hoch sein könnten, der kann dagegen nicht mehr vorgehen. Die Frist dafür ist abgelaufen.

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