Essen. Studentin erforscht das Leben des Film- und Bühnenschauspielers, der ab den 1950er Jahren in Essen und Bochum Theaterkarriere machte.

Mit 16 hat sie ihn entdeckt. Während andere Mädels von Idolen wie Adele, Filmstar Jennifer Lawrence oder den jüngsten Modetrends schwärmten, war sie begeistert von Schauspieler Claus Clausen, geboren 1899 in Eisenach, gestorben 1989 in Essen. Priska Schröder, Tochter eines Pfarrers und Historikers, sah ihn in dem umstrittenen Historienfilm „Der alte und der junge König“ und folgte seinen Spuren bis ins Ruhrgebiet.

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Große Namen und NSDAP-Mitgliedschaft säumten den Weg des Wahlesseners

Doch was war das für ein Mann, der ihr nicht aus dem Kopf ging und den sie unbedingt erforschen wollte? Claus Clausen war Offizierssohn, von zu Hause als zu verweichlicht davongejagt, begann er 1920 seine Laufbahn als Schauspieler und Regisseur. Weimar, Zürich, Berlin gehörten zu seinen Stationen. Große Namen wie Gustav Gründgens, Heinrich George, Max Reinhardt, Erwin Piscator säumten seinen Weg. Er war in Filmen wie „Westfront 1918“ und in „Cyankali“ zu sehen, die von den Nazis verboten oder beschnitten wurden, aber auch in Propagandafilmen wie „Hitlerjunge Quex“ oder in jenem Königsdrama, das Priska Schröder beeindruckte.

„Er hatte ein markantes Gesicht und es war faszinierend, ihm zuzuschauen“, sagt die 21-Jährige, die unter anderem Theaterwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert, um in die Regie einzusteigen. „Er hat distanziert gespielt und sich nie mit der Rolle vermischt.“ Sie will gar nicht verschweigen, dass er NSDAP-Mitglied war. „Er war kein Hitler-Anhänger. Er war ein typischer Mitläufer, weil er spielen wollte“, berichtet sie von den Erkenntnissen, die sie über ihn gewonnen hat. Seine Karriere als Soldaten-Held auf der Leinwand war nach dem Zweiten Weltkrieg vorbei, die klassischen Heldenrollen auf der Bühne spielte er weiterhin.

Das Grauen des Krieges zeigte Georg Wilhelm Pabst in seinem Drama „Westfront 1918“ von 1930 mit Claus Clausen als Soldat im Grabenkampf an der französischen Front. Die Kritiken waren überwiegend positiv, die Nationalsozialisten verboten den Film kurz darauf.
Das Grauen des Krieges zeigte Georg Wilhelm Pabst in seinem Drama „Westfront 1918“ von 1930 mit Claus Clausen als Soldat im Grabenkampf an der französischen Front. Die Kritiken waren überwiegend positiv, die Nationalsozialisten verboten den Film kurz darauf. © picture alliance / | HGE/rs

Mit 86 Jahren stand er zuletzt auf der Bühne, mit 90 starb er in Essen

1950 wurde er am Theater in Essen engagiert. Er verkörperte den Kreon in „Antigone“, den Marc Anton in „Julius Cäsar“ und Papst Innozenz in „Innozenz und Franziskus“. Später trat er als Tod im Salzburger „Jedermann“ neben Will Quadflieg auf und bescherte dem Schauspielhaus Bochum 1964 einen legendären „König Lear“.  „Wie Clausen in der Titelrolle Würde im Nebel des Vergehens behauptet, noch mit der Strohkrone ,jeder Zoll ein König’ – das zeigt diesen Darsteller auf der Höhe einer aus Intelligenz und Impuls gemischten Faszination“, schrieb WAZ-Kritiker Werner Tamms. Abschied von der Bühne nahm er erst 1985 als Harpagon in Molières „Der Geizige“.

Seit er in Essen verpflichtet war, lebte er mit seiner Frau Erika in dem Atelierhaus der Essener Malerin Ina Seeberg. Sie verband eine innige Freundschaft. Davon zeugen über 30 Porträts sowie Möbel, Geschirr, Kleidung und Briefe, die sie aufgehoben hat. Diese langjährige Verbindung hat Priska Schröder für ihre Recherche genutzt. Sie schrieb an Ina Seeberg und rannte offene Türen ein. „Für mich ist das eine Goldgrube. In den Archiven findet man nur Schnipsel, nichts Persönliches“, berichtet sie.

Kirchendrama im Theater Essen: Schauspieler Claus Clausen (links) in der Saison 1953/54 als Papst Innozenz III. neben Wolfgang Schirlitz in „Innozenz und Franziskus“.
Kirchendrama im Theater Essen: Schauspieler Claus Clausen (links) in der Saison 1953/54 als Papst Innozenz III. neben Wolfgang Schirlitz in „Innozenz und Franziskus“. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Nie hätte sie erfahren, dass er mit seiner Erscheinung stets „im Mittelpunkt stand. Seine Größe, Sprache waren dominant. Er war großherzig, fürsorglich und spendabel“, so Ina Seeberg. Auch zu seiner Großnichte und dem Pfarrer, der ihn bis zum Schluss begleitete, hat sie Kontakt aufgenommen, um Details aus seiner Biografie zu erfahren. 1989 wurde Claus Clausen auf dem Südwestfriedhof beigesetzt. Priska Schröder hat ihn jetzt in ihrer Bachelor-Arbeit über Kriegstraumata in Filmen der Weimarer Republik eingebunden, um seine Rolle in der Theatergeschichte zu dokumentieren. „Er soll“, sagt sie, „nicht in Vergessenheit geraten.“

Letzte Ruhe in Essen gefunden

Der Südwestfriedhof in Fulerum bildet nach dem Parkfriedhof die zweitgrößte Begräbnisstätte der Stadt Essen. Auf dem heute 37,27 Hektar großen Friedhof sind mit rund 33.000 Gräbern weitaus mehr Menschen bestattet, als Fulerum Einwohner hat (etwa 3.350 Einwohner).

Die sinnfälligste Inschrift ist auf dem Urnenhain zu finden. Sie lautet: „Komm her zu mir Geselle, hier find‘st du deine Ruh“ aus dem Lied „Am Brunnen vor dem Tore“.

Auf dem heutigen Landschaftsschutzgebiet sind auch 2878 Opfer beider Weltkriege beigesetzt worden und einige bekannte Persönlichkeiten. Dazu gehören die Essener Oberbürgermeister Holle, Nieswandt, und Renner, der Architekt Georg Metzendorf, die Verleger Girardet sowie der Schauspieler Clausen Clausen und der unlängst verstorbene Essener Schauspiel-Intendant Jürgen Bosse.

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