Essen. In diesem Jahr geht Hund „Rage“ mit dem Ordnungsdienst auf dem Essener Weihnachtsmarkt auf Streife. Wir waren dabei und haben ihn begleitet.
„Rage“ (englisch für „Wut“) wird seinem Namen nicht gerecht. Ganz ruhig sitzt der Belgische Schäferhund auf dem Boden und beobachtet das Geschehen um sich herum. Sein Hundeführer, der mit Nachnamen Pichon heißt und seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat in einem leichten Ausfallschritt ein Bein nach vorne gestellt. „Das signalisiert dem Hund, dass er still sitzen bleiben soll“, sagt er.
Pichon leitet die Hundestaffel des Sicherheitsdienstes „ICTS-Protect“ mit insgesamt 36 Tieren. Zwei Wochen begleitet er mit seinem Ordnungshund „Rage“ Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) auf dem Essener Weihnachtsmarkt. Der Hund solle für mehr Respekt den Ordnungshütern gegenüber sorgen, sagt die Stadt Essen.
Bereits im Mai war „Rage“ mit den Einsatzkräften des KOD auf Streife in den Essener Stadteilen. Die Testphase auf dem Weihnachtsmarkt soll nun zeigen, wie der Einsatz eines Diensthundes bei großen Veranstaltungen verläuft.
Diensthund auf dem Essener Weihnachtsmarkt dürfte bei Gefahr eingreifen
Ehlers und Schäfer vom KOD, (möchten ihre Vornamen ebenfalls nicht preisgeben), sind an einem verregneten Donnerstagnachmittag mit Rage und Pichon auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs. Ihre Route: Vom Kennedyplatz über den Friedensplatz und die Kettwiger Straße zum Willy-Brandt-Platz. Gerade fordern sie einen Straßenmusiker dazu auf, seinen Platz auf der Kettwiger Straße zu verlassen. „Normalerweise darf der hier spielen, aber nicht während der Weihnachtsmarktzeit“, sagt Ehlers.
Der Musiker spricht kein Deutsch und zeigt sich etwas uneinsichtig. Eine lebhafte Diskussion entsteht. Eskaliert die Situation? Rage sitzt ruhig daneben und verfolgt geduldig das Geschehen um ihn herum. Sollte es jetzt zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen, dann dürfte er auf Kommando eingreifen.
Dafür trägt er einen sogenannten „Stoßkorb“ um sein Maul herum. Das ist ein Gitter aus Metall, etwas größer und breiter als ein normaler Maulkorb, das Rage einem potenziellen Angreifer mit Anlauf in den Bauch rammt. „Damit kann er Personen vorübergehend außer Gefecht setzen“, sagt Pichon.
KOD setzt mit dem Diensthund in Essen auf Abschreckung
So weit kommt es bei dem Konflikt mit dem Straßenmusiker nicht, der Mann packt seine Instrumente ein und zieht von dannen. Unbeeindruckt steht Rage auf. Zu einem Einsatz des Hundes sei es auf dem Weihnachtsmarkt noch nicht gekommen, nicht einmal zu einer Androhung so Pichon. „Die bloße Präsenz reicht als Abschreckung aus.“ Auch Ehlers und Schäfer pflichten bei: „Die Leute sprechen anders mit uns, nicht so von oben herab.“
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Auch wenn der Hund durchweg friedlich und entspannt wirkt, durch den großen Stoßkorb macht er einen abschreckenden Eindruck. „Der Korb ist aber nicht nur dafür da, um Personen außer Gefecht zu setzten“, sagt Pichon, während er kurz an der Leine zieht. „Sondern auch, damit ihm nicht fremde Personen etwas zu essen geben.“ Das sei schon vorgekommen, gerade bei größeren Menschenmengen. „Dem Diensthund von einem Kollegen von mir aus Wiesbaden wurde schon mal ein Giftköder auf offener Straße verabreicht, der Hund ist dann gestorben“, so Pichon.
Der Korb sei für Rage keine Beeinträchtigung. „Da merkt der gar nichts von. Er kann seinen Mund darin ganz normal aufmachen und ohne Probleme atmen.“ Im privaten Bereich trage der Hund den Korb nicht, betont Pichon. Seit 13 Jahren ist er mit Diensthunden für den Sicherheitsdienst „ICTS“ im Einsatz. Rage, der jetzt fünf Jahre alt ist, ist seit drei Jahren sein Partner. Auch privat lebt der Hund beim Familienvater Pichon.
Diensthund wird für den Einsatz speziell ausgebildet
Für den Einsatz wird der Hund von und mit seinem menschlichen Partner ausgebildet, ab einem Alter von 18 Monaten beginnt das Training. „Dabei werden verschiedene Prüfungen abgelegt, das fängt an beim Thema Unterordnung und Gehorsamkeit und geht weiter mit Übungen, wie der Hund einen Täter anzeigt und meldet“, so Pichon. Jedes Jahr muss der Hund in einer Prüfung seine Diensteignung erneut unter Beweis stellen.
Wenn Rage nicht auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs ist, arbeitet er im Bewachungsgewerbe, zum Beispiel im Objektschutz oder Veranstaltungsschutz. Acht bis neun Jahre sei der Hund im Einsatz. „Im höheren Alter bekommt er ruhigere Einsätze. Wenn er dann im Ruhestand ist, liegt er zu Hause auf der Couch und kann chillen“, sagt Pichon lachend.
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Auf der Couch liegen, das würden Pichon, Ehlers und Schäfer angesichts des Mistwetters bei sieben Grad, Wind und Regen auf dem Weihnachtsmarkt möglicherweise auch gerne. Doch ihr Dienst geht noch bis 22 Uhr. Ihre Bilanz nach zwei Stunden mit dem Hund: Eine Diskussion mit dem Straßenmusiker, eine Kontrolle von zwei Männern, die Flyer vor einem Geschäft verteilt haben und eine ein langes Gespräch mit einer Frau, die einfach mal ihr Seelenleid loswerden musste.
Eingreifen musste Rage in keinem der Fälle, von einigen Personen wurde er nicht mal wahrgenommen. Wie und mit welchem Hund das Projekt weitergeht, sei noch nicht klar, sagen Ehlers und Schäfer. Am liebsten wäre ihnen aber die weitere Zusammenarbeit mit Rage und der Firma „ICTS“, „wir sind bereits ein eingespieltes Team“, betonen die drei.
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