Essen. Ein Tumult in der Essener Disko „Essence“ gipfelte in einem Messerangriff auf Türsteher. Jetzt ist ein Duisburger verurteilt worden.

Richter Jörg Schmitt sprach von einer „monströsen Tat“. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat ein junger Mann aus Duisburg in der Essener Diskothek „Essence“ vier Türsteher niedergestochen. Am Dienstag ist der 25-Jährige verurteilt worden. Das Essener Schwurgericht hat zehn Jahre und neun Monate Haft verhängt – wegen Mordversuchs und gefährlicher Körperverletzung.

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Zwei der Opfer konnten nur durch eine Not-Operation gerettet werden. Einer hatte so tiefe Stiche im Bauch, dass wuchtige Narben mittlerweile fast einem Schachbrettmuster gleichen und sich über den gesamten Oberkörper des Mannes ziehen.

Bluttat vor Essener Club: Anlass waren laut Urteil „Frust“ und „verletzter Stolz“

Der Anlass der Bluttat war laut Urteil eine Mischung aus „Frust“ und „verletztem Stolz“. Es hatte in jener Novembernacht auf einen Sonntag (27.11.2022) Streit gegeben, weil die Gruppe des Angeklagten die Disko schnell verlassen wollte. Einer von ihnen hatte offenbar zu viel getrunken. In dieser Situation habe der Angeklagte seine „Gefühle nicht im Griff gehabt“. Auf dem Film einer Überwachungskamera, der im Prozess abgespielt worden war, ist zu erkennen, wie der nun Verurteilte plötzlich auf die Türsteher losgeht. In der Hand hat er ein Messer. Der erste Türsteher wird von der Klinge in den Rücken getroffen, andere seiner Kollegen am Hals oder am Bauch. Fast rasend springt der Angreifer hin und her – von einem zum anderen Kontrahenten. Auch der Betriebsleiter wird getroffen.

Beim Prozessauftakt im September dieses Jahres saß dieser im Zeugenstand. Bei seiner Vernehmung zeigte er den Richtern eine Narbe hinter seinem linken Ohr, die sich angeblich immer wieder entzündet und nicht richtig heilen will. „Hätte ich den Kopf nicht weggedreht, wäre ich jetzt tot“, sagt der Betriebsleiter. Das jüngste Opfer der Messerattacke war Ende November vor zwei Jahren 30 Jahre alt.

Nach der Tat war der Duisburger geflüchtet. Er hatte noch in der Nacht ein Flugzeug in die Türkei bestiegen, um dort unterzutauchen – angeblich aus Angst vor Rache. Später war er in die Niederlande zurückgekehrt und dort festgenommen worden. Im Prozess hatte sich der 25-Jährige auf Nothilfe berufen und auf einen Freispruch gehofft. Einer der Türsteher habe auf seinen Bruder einstechen wollen. Dem sei er zuvorgekommen. Das war für die Richter allerdings eine „Schutzbehauptung“. Auf dem vor Gericht gezeigten Film sei schließlich zu sehen, dass sich die Situation schon längst wieder beruhigt hatte.

Essener Richter: „Wenn sie einfach rausgegangen wären, wäre wahrscheinlich alles gut gewesen“

„Wenn sie einfach rausgegangen wären, wäre wahrscheinlich alles gut gewesen“, so Richter Schmitt. Außerdem hätten die Türsteher Hausrecht. „Auch, wenn einem etwas nicht gefällt: Ihren Anweisungen ist ohne Wenn und Aber Folge zu leisten.“ Den beiden besonders schwer verletzten Opfern wurde vom Gericht außerdem Schmerzensgeld zugesprochen: Einmal 20.000 Euro, in dem anderen Fall soll die Höhe später festgesetzt werden.

Einsatzkräfte der Feuerwehr waren in die nördliche Innenstadt geeilt. Dort hatte es Ende November 2022 eine Messerattacke vor einer Diskothek gegeben.
Einsatzkräfte der Feuerwehr waren in die nördliche Innenstadt geeilt. Dort hatte es Ende November 2022 eine Messerattacke vor einer Diskothek gegeben. © Justin Brosch | JUSTIN BROSCH

Was den Fall zusätzlich tragisch macht: Die Bluttat passierte während eines eigentlich wunderschönen Lebensabschnittes des Angeklagten. Der Bruder hatte am Vortag geheiratet, er selbst hatte am Tag danach einen Imbiss und ein weiteres Ladenlokal eröffnen wollen. Im Prozess war der 25-Jährige immer wieder in Tränen ausgebrochen. Selbstkritik war dabei aber kaum zu erkennen. Richter Schmitt: „Ein bisschen mehr Demut hätte ihnen sicher gut zu Gesicht gestanden.“

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