Essen. Nach den Ausschreitungen in Altenessen hat die Staatsanwaltschaft weitere mutmaßliche Täter ins Visier genommen. Die meisten sind polizeibekannt.
Gewaltbereite Männer mit Messern und Macheten stürmen den Fußballplatz der Bezirkssportanlage in Essen-Altenessen, Schüsse fallen, Zuschauer schreien, Kinder weinen: Nach den erschreckenden Ausschreitungen mit zwei Leichtverletzten bei einem Fußballspiel am 12. Mai zwischen Al-Arz Libanon und Ruwa Dellwig an der Hövelstraße wird inzwischen gegen zwölf Verdächtige ermittelt.
Den Männern mit deutscher, türkischer und in einem Fall tunesischer Staatsangehörigkeit wird allesamt gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, heißt es in einem Bericht des Innenministeriums als Antwort auf eine Anfrage der AfD im Düsseldorfer Landtag: „Ein Bezug zur Clankriminalität kann angenommen werden.“ Damit bestätigt der Innenminister frühe Erkenntnisse der Polizei, die davon ausgegangen war, dass Streit um Geld zwischen zwei Großfamilien der Auslöser für den Gewaltausbruch war.
Videoaufnahmen erleichterten die Identifizierung
Nachdem zwei Verdächtige, ein 48-jähriger Deutscher und 52 Jahre alter Türke, die Schüsse auf dem Sportplatz abgegeben haben sollen, relativ schnell hatten ermittelt werden können, halfen nicht zuletzt Videoaufnahmen von Augenzeugen den Clan-Ermittlern, weitere zehn mutmaßliche Angreifer zu identifizieren.
Als wären die Polizeiakten der meisten der mutmaßlichen Gewalttäter nicht schon dick genug: Ein Beschuldigter ist bereits wegen Landfriedensbruchs und Bedrohung verurteilt worden. Zwei weitere sind wegen Betrugs und Wucher vorbestraft, die übrigen Männer wegen unterschiedlichster Delikte verurteilt worden.
Zudem sollen auf die Konten von zehn der Beschuldigten insgesamt weitere 38 Verdachtsfälle quer durch das Strafregister gehen, die noch teils noch keine Anklage oder ein Gerichtsurteil nach sich gezogen haben. „Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung“, betont Innenminister Herbert Reul.
Die Patronenhülse einer scharfen Waffe sichergestellt
Die Vorwürfe reichen von Körperverletzung und Erpressung über Urkundenfälschung, Versicherungsbetrug, Verstoß gegen das Waffengesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bis hin zu Unterschlagung, Raub, Bedrohung oder mutmaßlichen Drogendelikten.
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Zur Erinnerung: Laut eines internen Berichts war die Essener Polizei bereits kurz nach den Tumulten und der Massenschlägerei mit bis zu 60 Beteiligten davon ausgegangen, dass es sich bei der in Altenessen eingesetzten Schusswaffe nicht etwa um eine Schreckschusspistole gehandelt hat. „Auf dem Sportplatz wurde eine Patronenhülse einer scharfen Schusswaffe sichergestellt“, hieß es. Diese Erkenntnis reichte für einen Durchsuchungsbeschluss: In den Wohnungen des 52-Jährigen und des 48-Jährigen wurden unter anderem eine Schreckschusspistole, Patronen sowie ein Elektroschocker sichergestellt. Die scharfe Waffe fanden die Fahnder nicht.
Essen bleibt die Hochburg der Clan-Kriminalität
In einem Papier für den Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags hieß es später: Solche „Gewaltdelikte im öffentlichen Raum beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich. Aus Sicht der Landesregierung ist der Kurs der konsequenten Bekämpfung der Clankriminalität entschlossen fortzuführen.“ Dies gelte für sämtliche ihrer Erscheinungsformen.
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Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes (LKA) ist Essen seit Jahren mit weitem Abstand die Clan-Hochburg in NRW. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr in diesem Kontext 869 Straftaten (133 mehr als in 2022), die von 550 Tatverdächtigen begangen worden sein sollen. Knapp 52 Prozent von ihnen, also mehr als Hälfte, haben einen deutschen Pass. Die meisten Delikte passierten in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnorte. Als Haupteinnahmequellen der kriminellen Mitglieder diverser Großfamilien gelten den Ermittlern der Drogenhandel und das illegale Glücksspiel, so das LKA in seinem jüngsten Lagebericht zur Clan-Kriminalität.
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