Essen-Katernberg. Helene Fischer, Cindy Crawford, Germany’s Next Topmodel für C&A: Eine Essenerin Friseurmeisterin erzählt, wie sie Promis gestylt hat.

Schauspielerin Anke Engelke nannte sie „Königin der Haare“. Alle anderen nennen sie einfach Nena. Mit kurzem „e“, nicht mit langem wie bei der Sängerin. Spomenka Francišković hat im Auftrag von Agenturen schon jede Menge prominente Köpfe frisiert. Über einige darf sie reden, über viele nicht, und bei manchen kommt es auf eine rechtlich wasserdichte Formulierung an.

Spomenka Francišković wandelt zwischen den Welten: Die 63-jährige Friseurmeisterin aus Katernberg kennt die Anforderungen von Shows, Modenschauen und Foto-Shootings ebenso gut wie den Alltag von „Waschen, Schneiden, Föhnen“ für die Kundschaft im Essener Norden.

Würde Nena nach einer typischen Handbewegung gefragt, wäre das wahrscheinlich ein „leichtes Zuppeln an den Haaren“. Im schnellen Rennen. Während sich die „Gezuppelte“ eine andere Hose anzieht. „Shows, Models – das bedeutet absolute Perfektion. Aber auch absoluten Stress. Da muss alles sitzen, innerhalb weniger Minuten. Jedes Haar, jede Locke, jeder Bürstenstrich. Es muss alles genau so aussehen, wie es sich der Designer vorgestellt hat“, sagt Nena und beginnt unter der Kassentheke des kleinen Salons an der Katernberger Straße 89 mit der Suche nach Erinnerungen.

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Von dort kramt sie signierte Fotos wie jenes von Anke Engelke mit Lockenwicklern, jede Menge Model-Sedcards sowie einige Zeichnungen hervor, auf denen komplizierte Make-ups oder Frisuren abgebildet sind. „Eigentlich gibt es nur zwei Wege beim Stylen: ein auffälliges Make-up, dann sind die Haare eher zurückhaltend. Oder eben andersherum: eine ganz wilde, ganz aufwändige Frisur und nur ein Hauch Make-up.“ Gearbeitet aber werde immer streng nach Vorlage. „Wer das nicht schafft, ist raus. Wer das als Model nicht mitmachen will, weil er andere Vorstellungen hat, kann gehen.“ Mode und Schönheit sind, waren immer schon knallhartes Business.

Sedcards, Fotos, Widmungen: Unter der Kassentheke verwahrt Nena so einige Erinnerungen an Fashion Events und Shootings.
Sedcards, Fotos, Widmungen: Unter der Kassentheke verwahrt Nena so einige Erinnerungen an Fashion Events und Shootings. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Der einstige Düsseldorfer Modezar Tristano Onofri etwa ließ regelmäßig besonders teure und prominente Models einfliegen. „Aber die Haare wollte er bei fast allen nur extrem glatt und hochglänzend. Als ich das zum ersten Mal machen musste, war das eine echte Herausforderung. Aber irgendwann habe ich mir gedacht: Was soll’s? Und einfach die ganze Tube Gel draufgeklatscht.“

Friseurin aus Essen: Beinahe mit Cindy Crawford auf die Bühne gerannt

Nena lacht schallend. Sie ist das, was man früher als echtes Original bezeichnet hätte, und heute vielleicht am besten mit gechillt umschreibt. Sie lacht viel, erzählt gerne, wechselt die Themen von einem Wimpernschlag zum nächsten. Es ist ein bisschen wie bei einem echten Fashion Event: Es geht alles ganz fix. Und es fällt ein Promi-Name nach dem anderen.

Auftritt Cindy Crawford: „Da gab es fünf Minuten Zeit fürs Umstylen – von glatt auf Wallemähne. Als gefragt wurde, wer das schafft, habe ich mich einfach mal gemeldet und losgelegt.“ Drei, vier Locken mit dem Lockenstab, alles hochtoupiert – „und im Rennen zum Laufsteg habe ich ihr dann das Haarspray reingepumpt und die Haare hochgedrückt, beinahe wäre ich mit auf die Bühne gestolpert. Ich liebe diesen Job.“

„Wer das nicht schafft, ist raus. Wer das als Model nicht mitmachen will, weil er andere Vorstellungen hat, kann gehen.“

Spomenka Francišković
Inhaberin von „Nena‘s Friseursalon“

Im Auftrag renommierter Düsseldorfer Agenturen hat Nena Fashion Events von Escada begleitet, eine Show von Helene Fischer und auch – im Rahmen einer C&A-Modenschau – Mädels von Germany’s Next Topmodel frisiert. Ihr erster Auftrag? Reiner Zufall. „Ich habe für meinen damaligen Chef einen Salon in Krefeld eröffnet und wurde für die dortige, lange Zeit sehr bekannte Straßenmodenschau angefragt. Die Agentur kam auf mich zu und fragte, ob ich auch Models style. Und ich habe geantwortet: Klar, wenn ihr Werbung für meinen Laden macht, mache ich euch eure Köppe. Es ist super gelaufen. Und damit war ich drin. Ganz ohne Mappe, einfach nur durch meine Arbeit.“

Essenerin: Manche Models entsprechen dem typischen Klischee

Nicht immer, sagt Nena, seien am Set alle nett. Es gebe auch Models, die dem typischen Klischee 100-prozentig entsprächen „und niemand Fremden an ihre Haare lassen wollen“. Alles in allem aber zeigen die hervorgekramten Fotos vor allem Grüppchen, in denen gelacht, gedrückt und gebusselt wird. Klar aber war auch: „Das mit den Shows wird nicht ewig so weitergehen, deshalb habe ich immer auch weiter in Salons gearbeitet, in Steele, in Rüttenscheid, und dann vor 15 Jahren mein eigenes Geschäft in Katernberg aufgemacht. Damit ich immer Brot auf dem Tisch habe. Denn wie es ist, das nicht zu haben, habe ich als Kind in Jugoslawien sehr deutlich zu spüren bekommen.“

Und dann kommen die ernsteren Erinnerungen. An die sieben Quadratmeter große Hütte „zwischen Bären und Wölfen“ in Putiš, einem Dorf im heutigen Bosnien-Herzegowina, in dem sie aufwuchs. „Nur wir drei: meine Mutter und zwei Kinder.“ Anfang der 1970er-Jahre geht die Mutter als Gastarbeiterin nach Deutschland, lässt ihre beiden Kindern bei fremden Familien zurück – „die absolute Hölle“. Die Mutter heiratet einen deutschen Mann, holt 1973, nach zwei langen Jahren, endlich die Kinder nach. Nena lebt zunächst in Bochum, zieht erst später, nach ihrer eigenen Heirat, nach Essen.

Aufgewachsen in einer Hütte „zwischen Bären und Wölfen“

„Drei Jahre bin ich in Deutschland noch zur Schule gegangen, habe versucht, so gut wie möglich Deutsch zu lernen. Dann wurde mir ein Praktikum bei einem Friseur angeboten und ich dachte: Du bist fremd hier, nimm einfach, was kommt – und es hat gepasst.“ Nena schließt eine Lehre an, macht 1987 ihren Meister bei einem Betrieb in der Oberpfalz. „Das war keine leichte Zeit, aber ich habe mich durchgekämpft.“

Starke Frauen im Friseusalon in Essen-Katernberg: Ksenia Francišković (re.), Auszubildende Agapi Sidira (li.), Mitarbeiterin Katharina Dantschin (Mitte) und Inhaberin Spomenka Francišković (hinten).
Starke Frauen im Friseusalon in Essen-Katernberg: Ksenia Francišković (re.), Auszubildende Agapi Sidira (li.), Mitarbeiterin Katharina Dantschin (Mitte) und Inhaberin Spomenka Francišković (hinten). © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Im Januar dieses Jahres hat die Friseurmeisterin ihrem Katernberger Friseursalon „Nena‘s“ ein Update verpasst und umgestaltet – von bunt auf elegant-schwarz. Tochter Ksenia hatte es sich so gewünscht. Die 30-Jährige arbeitet als Betriebsleiterin im Salon, hat ihre Ausbildung bei der Mutter und einer renommierten Duisburger Friseurfachschule absolviert. Gelernt aber hat sie das Handwerk von Kindesbeinen an: „Ab dem Kindergarten-Alter hat meine Mutter mich mit zu den Shows genommen. Ich habe ihr Wickler angereicht, den Lockenstab gehalten, sie hat mir Tipps gegeben und irgendwann bin ich zwischen Büstenhaltern und String-Tangas eingeschlafen. Für mich war das ganz normal. Und ich habe irgendwie erst später realisiert, dass mich viele meiner Freunde beneidet haben.“

Essener Friseurin: Tochter Ksenia arbeitete schon für das Label Gant

Seit 15 Jahren gibt es „Nena‘s Friseursalon“ in Essen-Katernberg.
Seit 15 Jahren gibt es „Nena‘s Friseursalon“ in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Dass auch sie Friseurin wird, sagt Ksenia, hätte nie außer Frage gestanden. „Ich hatte immer schon richtig Bock auf Haare. Und die – zugegeben – strenge Ausbildung bei meiner Mutter hat mich gut auf den Job vorbereitet.“ Ebenso wie auf den „manchmal ruppigen Ton“ im Backstage-Bereich von Modeschauen. Denn auch bei den Shows tritt Ksenia in die Fußstapfen der Mutter. Ihr bislang größte Auftrag kam vom Modeunternehmen Gant, „das mich eigens angefragt hat“.

Nena selbst hat etwas zurückgesteckt, nicht zuletzt wegen eines schweren Unfalls im vergangenen Jahr, als sie fünf Meter tief von einer Leiter fiel und nicht klar war, ob sie jemals wieder laufen kann. „Aber auch da habe ich mich zurückgekämpft“.

Die Friseurmeisterin zeigt an ihrer Tochter Ksenia einen schnellen Dutt.
Die Friseurmeisterin zeigt an ihrer Tochter Ksenia einen schnellen Dutt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Der Alltag im Katernberger Salon, sagt sie, unterscheide sich von der Arbeit für die Shows, aber das eine könne vom jeweils anderen profitieren. Sagt’s und frisiert mit wenigen Handgriffen einen Dutt, zuppelt noch leicht an ein paar Strähnen und lacht. „Das ist jetzt perfekt für den Laufsteg.“

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