Essen-Karnap. Lokales Engagement: Wie aus einem alten Tennisareal in Karnap ein vielseitiges Sportzentrum wird. Und welche Rolle der Gartenbau spielt.

Ein Verkehrsparcours für Kita-Kinder aus dem Essener Norden schwebt den Verantwortlichen des Vereins Sportpark Karnap vor. Noch ist davon an der Karnaper Straße 20 nicht viel zu sehen, lediglich ein paar Pylonen markieren die mögliche Fahrspur. Das grundsätzliche Konzept aber steht: Kostenlos will der Verein gemeinsam mit Polizei und Verkehrswacht hier Verkehrserziehung für die ganz Kleinen möglich machen. Und das ist nur eines von zahlreichen Projekten auf dem Gelände.

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Mit ein bisschen Fantasie ist der ehemalige Tennisclub noch zu erkennen: Die typischen Zäune, die einst dafür sorgten, dass mit dem Rahmen getroffene Bälle nicht auf dem Nebenplatz landeten, ragen weiterhin in die Höhe, doch dazwischen tut sich Außergewöhnliches: Mehrere Boulebahnen sind hier angelegt, ein Multifunktionscourt für Fußball, Basketball und mehr, ein Platz für Beachvolleyball, ein kleiner Strand inklusive Strandkorb. Und an der Wand des ehemaligen Vereinsheims finden sich zahlreiche Angebote für Leichtathletik und Freizeitaktivitäten – und das alles ohne Mitgliedschaft, offen für alle.

Vom Tennisclub zum Sportpark für Essen-Karnap

Neben einem Basketballkorb stehen, gut zu erkennen an ihren orangefarbenen Vereinsjacken, Thorsten Kaiser, Geschäftsführer des Sportpark Karnap, und Lars Salzsiedler, Verantwortlicher für die inklusiven Projekte. Und beide sprudeln über vor Ideen und Tatendrang. Das sei vom ersten Tag an so gewesen, versichern sie.

Die Geschichte des heutigen Sportparks Karnap beginnt mit dem Ende eines Traditionsvereins. Auf dem Gelände des ehemaligen Tennisclubs Essen-Karnap 1928, der 2021 seine Pforten schloss, fand ein Wandel statt, der beispielhaft für das Engagement lokaler Initiativen steht. Der Tennisverein musste aufgrund von hohen Kosten, fehlendem Nachwuchs und mangelndem Vorstand seine Tätigkeiten einstellen. Doch anstatt die Sportanlage dem Verfall zu überlassen, entstand aus dem einstigen Verein eine neue Bewegung.

Lars Salzsiedler demonstriert an der Bogenschießanlage, wie sich der Verein die Angebote hier vorstellt.
Lars Salzsiedler demonstriert an der Bogenschießanlage, wie sich der Verein die Angebote hier vorstellt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Kaiser, ehemaliges Mitglied des Tennisvereins und Geschäftsführer des Karnaper Bürgerbündnisses, initiierte das Projekt: „Bevor wir den Platz verrotten lassen, lasst uns etwas Sinnvolles machen“, lautete damals sein Credo. Dabei stand vor allem ein Angebot für Menschen mit Behinderungen im Fokus sowie für Mädchen, insbesondere solchen mit Migrationshintergrund. „In Karnap gab es bislang kaum Sportangebote für Mädchen, die nicht Fußball spielen wollen, oder für Kinder mit Behinderungen. Das wollten wir ändern.“

Neben der Inklusion verfolgt der Sportpark ein weiteres ambitionierteres Ziel: Erste Erfolge, vor allem in der Zusammenarbeit mit ukrainischen Familien, gibt es bereits, doch die Integration verschiedener migrantischer Gruppen bleibt eine Herausforderung. Eigentlich hätten die einzelnen Gruppen kaum Verbindungen untereinander, doch, so erklärt Kaiser: „Unser Ziel ist es, sie durch den Sport zusammenzubringen.“

„Mini-Urlaubscamp“ für Familien aus dem Essener Norden

Weiter geht die Tour über das weitläufige, aber verwinkelte Gelände. Leicht erhöht befinden sich Tennisplätze, die, weil komplett mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen, kaum noch als solche zu erkennen sind. In nur drei Jahren hat sich die Natur ihr Gelände zurückerobert. Hier plant der Verein, wahrscheinlich schon für die nächsten Osterferien, ein „Mini-Urlaubscamp“ für sozial schwache Familien aus dem Essener Norden.

Kinder und Eltern sollen die Möglichkeit bekommen, an einem Wochenende in Zelten zu übernachten und an gemeinsamen Aktivitäten wie Sportwettkämpfen, Grillabenden und Schnitzeljagden teilzunehmen. „Wir wollen den Menschen im Stadtteil ein kleines Abenteuer bieten, ohne dass sie dafür weit reisen müssen“, so Kaiser. Die Zelte sollen über Fördermittel finanziert werden.

An vielen Stellen des ehemaligen Tennisclubs hat sich die Natur ihren Raum zurückgeholt.
An vielen Stellen des ehemaligen Tennisclubs hat sich die Natur ihren Raum zurückgeholt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der weitere Weg führt vorbei an wildem Gestrüpp und hin zu einem dritten Bereich. Hier befanden sich einst die Ascheplätze, die der Tennisverein an die Öffentlichkeit vermietete. Die Mitglieder des Sportpark Karnap e.V. haben das Feld bereits gerodet und eine Bogenschießanlage aufgebaut.

„Wir haben alle Voraussetzungen für ein sicheres Angebot geschaffen. Die Pfeile können niemanden verletzen“, erklärt Salzsiedler und greift zum Bogen. „Für Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene – egal ob Rechts- oder Linkshänder – haben wir diese Bögen bereitgestellt. Das Angebot ist inklusiv gestaltet. Es richtet sich an Mädchen und Jungs, mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne Behinderung.“ Man überlege sogar, irgendwann einen eigenen Bogensportverein zu gründen, denn im Essener Norden fehle es an solchen Angeboten, obwohl die Nachfrage groß sei.

Doch nicht nur das Bogenschießen zieht Aufmerksamkeit auf sich. Gleich nebendran soll der kleine Verkehrsübungsplatz für Kita-Kinder entstehen. „Die Idee kam vor kurzem auf, als wir mit dem Ratsherren Luca Ducree sprachen“, berichtet Kaiser. Der Platz solle den Kindern Verkehrserziehung in einem sicheren Umfeld ermöglichen, mit Zebrastreifen, Schildern und Markierungen. „Kitas können uns kontaktieren, einen Termin vereinbaren, und zusammen mit Verkehrswacht, Polizei und uns einen Aktionstag gestalten.“

Privates Geld und öffentliche Fördertöpfe

Sowohl Essener Sport- und Bäderbetriebe als auch Grün und Gruga stünden den Plänen rund um den Sportpark Karnap positiv gegenüber, betont Kaiser. Doch wäre der Aufbau und Betrieb ohne das immense ehrenamtliche Engagement und die private finanzielle Unterstützung kaum möglich. „Jeden Monat investiere ich einen vierstelligen Betrag“, gibt der Gründer offen zu. Ganz zu schweigen von vielen Stunden eigenhändiger Arbeit. „Das hier ist mein Herzensprojekt, und ich habe Spaß daran.“ Hinzu komme die Förderung aus öffentlichen Töpfen, um die man sich regelmäßig bemühe. So gab es unter anderem etwa 1000 Euro vom Landesprogramm „NRW inklusiv“ für den Bau der Boule-Anlage.

Ungewöhnlich ist zudem die Tatsache, dass das Ganze unter einem temporären Stern steht: Im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) Metropole Ruhr 2027 wird das Gelände umgestaltet. Der Sportpark leistet bis dahin Pionierarbeit, auch wenn die zukünftigen Bauarbeiten bereits eingeplant sind. „Wir wussten von Anfang an, dass vieles hier ab 2026 umgebaut wird“, erklärt Kaiser. „Aber bis dahin schaffen wir Angebote für die Menschen.“

Basketball, Fußball, Leichtathletik, Beachvolleyball, Boule - schon jetzt bietet der Sportpark den Menschen im Essener Norden zahlreiche Sportmöglichkeiten.
Basketball, Fußball, Leichtathletik, Beachvolleyball, Boule - schon jetzt bietet der Sportpark den Menschen im Essener Norden zahlreiche Sportmöglichkeiten. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Und das auch über 2027 hinaus: Die IGA wird das Gelände in einen Funsport-Bereich umwandeln, wobei der nebenan liegende Skatepark, der übrigens einst vom Karnaper Bürgerbündnis initiiert wurde, eine neue, moderne Ausstattung erhält. Kaiser: „Wir hoffen, dort dann auch Skate-Events veranstalten zu können.“ Da der Funsport-Bereich zudem zugänglich für alle sein wird, kann ihn auch der Sportpark Karnap für seine zukünftigen Angebote nutzen.

Daher hat man das ehemalige Vereinsheim am Rande der Anlage auch gleich für zehneinhalb Jahre gepachtet – als Standort für den Verein sowie als „Sport- und Inklusionscafé“. „Wir wollen einen Ort schaffen, an dem Sport, Inklusion und soziale Integration Hand in Hand gehen“, sagt Kaiser und zeigt sich optimistisch, auch während und nach der IGA hier eine wichtige Anlaufstelle für den gesamten Essener Norden zu schaffen, einen Treffpunkt für die Nachbarschaft und für Sportbegeisterte: „Wir sind offen für neue Ideen und entwickeln uns ständig weiter.“

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