Essen-Karnap. Nach 92 Jahren hat der Tennis-Klub Essen-Karnap seinen Betrieb eingestellt. Für die Nachnutzung der Anlage im Emscherpark gibt es mehrere Ideen.
Wenn die Vereine in den nächsten Tagen und Wochen aus ihrem Corona-Schlaf erwachen, bleiben beim Tennis-Klub Essen-Karnap im Emscherpark die Bälle liegen. Der Verein hat seinen Betrieb Ende vergangenen Jahres eingestellt - nach 92 Jahren. Jetzt diskutieren Engagierte des Stadtteils um die Nachnutzung der Anlage.
42 Mitglieder reichten für Essener Tennisverein am Ende nicht mehr aus
Ist der Verein mit oder an Corona gestorben? „Mit der Pandemie hat das nichts zu tun“, erklärt der ehemalige Vorsitzende, Jens Warschun und stellt eine einfache Rechnung auf: Pro Platz braucht es ungefähr 50 Mitglieder, damit sich der Betrieb rentiert. Im Emscherpark waren zuletzt drei Tennisplätze in Betrieb, der Verein zählte aber nur noch 42 Mitglieder. „Wir haben schon seit mindestens sechs Jahren Minus gemacht“, so Warschun, der sich gerne an die Zeiten erinnert, als Boris Becker und Steffi Graf Deutschland und auch Essen-Karnap ins Tennis-Fieber versetzt hatte. Damals schlugen bis zu 350 Tennisspieler in Karnap die Bälle übers Netz. Es gab mehrere Mannschaften, die bis zur Verbandsliga spielten.
Aus fünf Plätzen wurden irgendwann drei, einen Platzwart gibt es schon lange nicht mehr, das Vereinsheim brachten die verbliebenen Engagierten selbst auf Vordermann. Die erfolge von Sabine Lisicki (Wimbledon-Finale 2013) und Angelique Kerber (Wimbledon-Siegerin 2018) haben sich in den Mitgliederzahlen nicht mehr niedergeschlagen. Anderen Vereinen in Essen ging es ähnlich: Seit dem Jahr 2012 sind nach Angaben des Tennis-Verbands Niederrhein 14 Tennisvereine in Essen geschlossen worden, 39 Vereine sind aktuell noch aktiv. Neugründungen gibt es kaum.
Je länger man wartet, desto kostenintensiver ist die Nachnutzung
Irgendwann sei das Gesparte aufgebraucht gewesen. Auch die Zusammenarbeit mit Schulen habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Warschun war rund 40 Jahre beim Tennis-Klub in Karnap aktiv und hat das Ende begleitet: Unsere Kassiererin hat jedes Jahr gemahnt, dass es eng wird.“ Jetzt sei er froh, dass alles erledigt ist. Die verbliebenen Mitglieder seien größtenteils nach Altenessen zum Tennisverein gewechselt und die Diskussion über die Nachnutzung der Anlage im Emscherpark ist bereits voll entbrannt.
Fakt ist: Je länger man wartet, desto kostenintensiver wird eine mögliche Nachnutzung. Die Anlage ist pflegebedürftig. Die Plätze werden begrenzt durch hohe Bäume, Grünbefall ist also vorprogrammiert. Das rund 150 Quadratmeter große Vereinsheim ist ausgerüstet mit Küche, Theke, drei Umkleidekabinen, sanitären Anlagen, einem Lager- und einem Geschäftsraum.
„Ideal, um Jugendlichen einen Ort zu schenken“, findet SPD-Ortsvereinsvorsitzender Michael Schwamborn. Ihm schwebt eine Parkour-Anlage vor ähnlich, wie es sie auf Zeche Zollverein gibt. Ziel dieser Sportart ist es, effizient von einem Punkt zum anderen zu kommen und dabei unterschiedliche Kombinationen von Würfeln, Stangen und Flächen zu überwinden. Die SPD-Fraktion hat die Verwaltung im Umweltausschuss beauftragt zu prüfen, ob das auf der Fläche des ehemaligen Tennisvereins mögliche wäre und gebeten, eine Kostenschätzung darzulegen. Die Fläche ist derzeit im Besitz der städtischen Sport- und Bäderbetriebe. Der Ausschuss hat den Antrag zu nächst auf die Sitzung am 1. Juni verschoben.
Gesamtkonzept auch im Hinblick auf Internationale Gartenausstellung
„Der Emscherpark soll ein Alleinstellungsmerkmal bekommen“, erklärt Schwamborn, der die Tennisanlage als Teil von mehreren Elementen sieht, die dort auch im Zuge der Internationalen Gartenausstellung umgesetzt werden sollen. Dazu gehören eine Erweiterung des Skateparks, die Errichtung einer beleuchteten Laufstrecke und einem Trimm-Dich-Pfad für alle Generationen. Der Karnaper will für die Parkour-Anlage die Jugendlichen selbst mit einbeziehen und könnte sich auch vorstellen, dass das Team des VKJ-Jugendcafé Karnaper Markt „JuCaKa“ dort aktiv wird.
Auch Vertreter von Karnaper Vereinen wollen, dass die Anlage weiter genutzt wird. Dazu gehören Andreas Opper, Thorsten Kaiser und Marius Krüger, die weitere Ideen in den Ring werden: „Unsere Konzeption bietet Raum für die Sportarten Tennis, Basketball, Badminton, Rehasport und auch den Bogensport bis hin zum Sportschießen“, erläutert Andreas Opper. Zielgruppe seien alle Altersgruppen sowie Menschen mit und ohne Einschränkungen. Nach Angaben von Thorsten Kaiser gebe es beim Thema Inklusion noch viel Luft nach oben in Karnap und den umliegenden Stadtteilen. Auch er will in den nächsten Tagen ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Sport- und Bäderbetriebe führen, um die Planung voranzutreiben.