Essen-Frillendorf. Warum zwei Künstler aus Essen-Frillendorf ihre Kleine Galerie für Kulturschaffende öffnen. Und was in der Zeche Königin Elisabeth geplant ist.
Man muss schon wissen, wo es langgeht: Zeche Königin Elisabeth, Schacht Emil, durch die große Eingangstür, dann gleich links ins Treppenhaus, rauf, vorbei an malenden Kindern und dann ganz hinten links abbiegen. Wie ein versteckter Schatz liegt sie da, die neue Galerie des „Projektes ZKE“. Bis 2021 war dies noch eine Wohnung: zweieinhalb Zimmer, Küche, Bad. Doch als die Mieter auszogen, griffen Eugen Bednarek und Wanda Korfanty-Bednarek zu. Und schon war die Kleine Galerie geboren.
Das ganze Gebäude ist ohnehin schon fest in Künstlerhand. In der ehemaligen Maschinenhalle im Erdgeschoss stehen Staffeleien mit halbfertigen Bildern – Werke der Schülerinnen und Schüler der beiden Malschulen. Vor 23 Jahren haben Bednarek und Korfanty-Bednarek hier das „Projekt ZKE“ aus der Taufe gehoben und die ehemalige Zeche in ein soziokulturelles Zentrum verwandelt, ein Sparten übergreifendes, privat geführtes Kulturzentrum mit zwei Malschulen und drei Galerien. Die Abkürzung „ZKE“ steht dabei nicht nur für „Zeche Königin Elisabeth“, sondern auch für das Schlagwort „Zusammen Kunst erleben“.
Künstlerpaar aus Essen-Frillendorf agiert beinahe ohne Hilfe von Sponsoren
Das Künstlerpaar realisiert hier Ausstellungen und Aktionen fast ohne Hilfe von Sponsoren, darunter einmal jährlich die Jahresausstellung, in der das „Projekt ZKE“ die Werke der Schülerinnen und Schüler präsentiert. Aber auch viele Theaterstücke, Konzerte und Lesungen, an denen die beiden Künstler zum Teil selbst mitgearbeitet haben, finden hier statt. Die Malschulen helfen, den Standort zu finanzieren, wobei ein paar öffentliche Gelder durchaus fließen, seit im Jahr 2007 der damalige Bezirksbürgermeister Peter Valerius die Einrichtung entdeckte.
Auch in der Eingangshalle: viel Kunst, hauptsächlich Malerei, aber auch ein paar Skulpturen. Es ist kein Museum, sondern ein vielschichtiger Arbeitsplatz. Unverkennbar ein Zechengebäude, das wie ein großzügiger, aber dennoch verschachtelter und verwunschener Ort wirkt, den es auf eigene Faust zu entdecken gilt. „Dieser Standort ist sehr attraktiv, auch wenn wir hier natürlich nicht auf Laufkundschaft hoffen können“, sagt Eugen Bednarek. Als Kulturort steht das „Projekt ZKE“ im Stadtteil tatsächlich ziemlich alleine da.
Frillendorfer Projekt bietet Essener Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform
„Die Idee des ,Projekts ZKE‘ war von Anfang an, Essener Künstlerinnen und Künstlern hier eine Plattform zu bieten“, erklärt der aus dem polnischen Königswinter stammende Bednarek der seit 1988 in Essen lebt. „Es ist für Künstler sehr schwierig, Räume zu finden, um eigene Werke auszustellen. Selbst in Kneipen und Cafés gibt es mittlerweile kaum noch eine Möglichkeit. Teilweise muss man sich zwei Jahre lang anstellen, um auszustellen.“
Diese Möglichkeit, Werke in der Öffentlichkeit zu präsentieren, wollen sie nun Kollegen bieten: Seit Herbst 2021 stehen die Räume der Kleinen Galerie freien Künstlern „für einen sehr fairen Preis“ zur Verfügung. Bednarek und Korfanty-Bednarek, die beide ausgebildete Grafiker sind, unterstützen die Künstler auf Wunsch auch dadurch, dass sie Flyer und Plakate gestalten und drucken lassen. „Es ist eine kommerzielle Gratwanderung“, erklärt Eugen Bednarek die Tatsache, dass er die Räume vermietet. „Viele Leute denken ja, Künstler leben von der Luft. Wir haben in diese Räume aber investiert und sind ein sehr hohes Risiko gegangen. Wir bekommen institutionelle Hilfe, unter anderem von der Stadt. Aber wir partizipieren nicht am Verkauf der Bilder, das bekommen alles die Künstler selbst. Deswegen heißt es auch soziokulturelles Projekt, und das ist für uns sehr wichtig.“
Gezeigt wurden in Essen-Frillendorf auch Arbeiten ukrainischer Flüchtlinge
Im Verlauf des Jahres 2022 haben so in 16 Ausstellungen insgesamt 31 Künstlerinnen und Künstler, hauptsächlich aus Essen, ihre Werke in der Kleinen Galerie gezeigt: Zeichnungen, Bilder, Objekte, Installationen, Fotografie und Mode bildeten den größten Anteil der künstlerischen Disziplinen. Nur ein Beispiel: Im Rahmen der Ausstellung „Junge Visionen 3“ entstand im September 2022 eine Präsentation von zwölf kreativen jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 23 Jahren. „Das waren hauptsächlich meine Schüler“, so Bednarek. „Darunter waren aber auch Jugendliche, die ich irgendwo getroffen habe und deren Arbeiten mir gefallen haben. Die habe ich einfach eingeladen. Das waren unglaubliche Talente.“ Vier waren junge ukrainische Flüchtlinge, die in Essen im Exil leben, ein weiterer Jugendlicher ist noch immer in Kharkiv und schickte seine Fotografien per Post.
Nach einer Internet-Bekanntmachung über das Essener Kulturamt und andere Informationskanäle ist die Kleine Galerie jetzt schon für das ganze Jahr 2023 gebucht, und auch für 2024 haben sich bereits Künstler angemeldet. Aktuell planen die Gastgeber allerdings zunächst eine Ausstellung ihrer eigenen Arbeiten. „Ein Paar Bilder“ wird die Ausstellung heißen. Sie wird die Jahresausstellung der Malschule begleiten und rechtzeitig zur Essener „Kunstspur“ am 24. September eröffnen.
Ausstellung „Ein Paar Bilder“ eröffnet zur Essener „Kunstspur“
„Da wir trotz unserer soziokulturellen Aktivitäten für andere immer noch selbst als Künstler aktiv sind, zeigen wir unsere neuen Werke“, sagt Bednarek. Seine Frau Wanda präsentiert in der Kleinen Galerie Fotografien mit Spiegelungen, die aus einem Foto ein abstraktes Bild machen. Die Koksofenbatterie der Kokerei Zollverein ist da beispielsweise zu sehen, doch gespiegelt erscheint die Fotografie wie ein Bild in Faltklatschtechnik: abstrakt und konkret zugleich.
Ausstellungen in der Kleinen Galerie
24.9. - 6.10.: Ein Paar Bilder. Arbeiten von Wanda Korfanty-Bednarek und Eugen Bednarek22.10. - 3.11.: Augenblicke. Makrofotografie von Elke Künne und Bilder und Skulpturen von Martin Künne5. - 23.11.: Siempre Esperanza - Immer Hoffnung. Malerei von Abel Morejón GaláÖffnungszeiten: Mo. - Fr. 16 - 19 Uhr und nach VereinbarungDie Kleine Galerie des Projektes „Zusammen Kunst erleben“ befindet sich in der ehemaligen Zeche Königin Elisabeth, Schacht Emil, an der Elisabethstraße 31 in Frillendorf. Zugang über die Kleine Malschule in der ersten Etage.
Eugen Bednarek wiederum experimentiert in seinen grafischen Arbeiten mit unkonventionellen Materialien und Techniken wie der Foliografie: Nach dem Sandwichprinzip positioniert er zwischen zwei Folien seine Zeichnungen, koloriert und bemalt diese Folien im Anschluss und zieht sie wieder ab. Mehr oder weniger zufällig entstehen so Strukturen, teilweise sind Abbilder von Luftbläschen zu sehen, die während der Arbeit aufgetreten sind. Fotografie trifft auf Foliografie – zwei unterschiedliche Techniken, die in ihrem Ergebnis aber sehr gut zusammenpassen: grafische und malerische Arbeiten, die gut vervielfältigt werden können.
Dies alles präsentiert in einer ehemaligen Wohnung, in der sogar der Fußboden künstlerisch gestaltet ist. „Ich mochte die Betonstruktur des Bodens“, erzählt Eugen Bednarek, „aber Wanda hat gesagt, damit müssen wir arbeiten. Und das hat sie dann auch getan.“ Szenen eines Künstlerhaushaltes in einer ehemaligen Wohnung. Rauf durch das Treppenhaus, vorbei an malenden Kindern und dann ganz hinten links abbiegen. Versteckte Schätze.