Essen-Borbeck. Zwei Essener Künstler zeigen imaginäre Zeitgenossen in einer Ausstellung in der Alten Cuesterey. Warum auch Putin in Borbeck vertreten ist.

Putin hängt. An der Wand. Und schaut streng. Auf den zweiten und den dritten Putin neben sich. Patronenhülsen und Dollar-Noten zeichnen sich an seinem Hinterkopf ab und stehen im Kontrast zu seinem scheinbar friedlichen Lächeln. Szenenwechsel. Auf die gegenüberliegende Wand. „Bausteine“ heißt das Werk, das Teile von verfremdeten Porträts in einen gemalten Baukasten setzen. Lebendige Farben stehen einem Gefühl des Eingesperrtseins gegenüber. Sind die Augen fröhlich? Ernst?

Kunstspur im Essener Westen

Wie ein roter Faden zieht sich an den kommenden beiden Wochenenden eine künstlerische Route durch alle Stadtteile: Im Rahmen der „Kunstspur Essen“ öffnen zum 24. Mal in Folge Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers, um sich dem breiten Publikum vorzustellen - darunter auch zahlreiche Aktive aus Borbeck, Bergeborbeck, Dellwig, Altendorf und Frohnhausen. Die Ateliers im Essener Westen öffnen am 24. und 25. September, jeweils von 14 bis 19 Uhr. Informationen zu den einzelnen Standorten finden sich im Internet: www.essen.de/leben/kultur_/veranstaltungen/kunstspur.de.html

Mit zweijähriger Verspätung präsentiert die Alte Cuesterey am Weidkamp 10 ab dem 18. September die Ausstellung „Geschöpfe“ mit Bildern und Skulpturen von Eugen Bednarek und Bernhard Wiciok. Hintergrund ist die Retrospektive, mit der Bednarek 2020 auf sein 40-jähriges künstlerisches Schaffen zurückblickte und in die er zahlreiche Essener Künstler integrierte. Die Ausstellung sollte Teil der Reihe sein. Doch Corona hat – wie in so vielen Bereichen – auch dieser Veranstaltung einen vorübergehenden Riegel vorgeschoben.

Lehrer und Meisterschüler in einer gemeinsamen Ausstellung

Nun wird einiges nachgeholt, und Bednarek ergreift die Gelegenheit, seinen „Meisterschüler“ Bernhard Wiciok miteinzubeziehen. Eine Bezeichnung übrigens, gegen die sich der Borbecker mit Händen und Füßen – und Worten – wehrt. Jedoch: „Eugen hat mir den Titel verliehen. Ich nehme das hin.“

Der Titel „Geschöpfe“ charakterisiert das, was Bednarek und Wiciok in dieser Ausstellung zeigen wollen: menschliche Charaktere, menschliche Gestalten zwischen fotografischer und frei erfundener figurativer Darstellung. „Das Wort Geschöpfe hat mehrere Bedeutungen“, erklärt Wiciok. „Zum einen geht es dabei um etwas, das wir geschaffen haben. Zum anderen spricht man auch von Geschöpfen, wenn es um Kreaturen und Personen geht. Ich mag es, Personen zu malen, vor allem Porträts. Und diese Personen werden einerseits in der Farbwahl, andererseits in der Physiognomie verändert, damit sie noch interessanter erscheinen.“ So wie in seinem Werk „Bausteine“.

Und so konkurrieren in dieser Ausstellung klassische Personendarstellungen mit verfremdeten Gestalten in freier und abstrakter Malweise und sind zudem auch noch in unterschiedlichen Techniken und Formaten erstellt.

Dreidimensionalität dank Wellpappe

Bei Bednarek handelt es sich dabei hauptsächlich um Personen, die er „imaginäre Zeitgenossen“ nennt: Menschen sind teilweise reduziert auf ein anatomisches Minimum in Erinnerung an urtypische Bilder von menschlichen Figuren aus Steinzeithöhlen. Zum größten Teil sind seine Bilder für diese Ausstellung daher auf einem eher ungewöhnlichen Hintergrund gemalt: Wellpappe gibt ihnen ein eigentümliches dreidimensionales Erscheinungsbild.

Ebenfalls als Recyclingprodukt angelegt – und ein Ergebnis der zweijährigen Coronapause – sind Bednareks Skulpturen, hergestellt aus Treibgut, das er von der niederländischen Nordsee mitgebracht hat. Und auch hier gestaltet er seine imaginären Zeitgenossen – eine „ziemlich skurrile Mischung“, wie er selbst zugibt: „Teilweise werden sogar biologische Materialien verwendet. So ist eine Skulptur aus einem Wildschweinschädel hergestellt.“

Das Böse ins Gesicht gemalt

Und dann ist da noch jener Putin vom Eingang. In der Darstellung des, wie Bednarek es formuliert, „derzeit meistgehassten Menschen der Welt“ hat er versucht, in das realistisch gemalte Gesicht „das Böse“ zu integrieren. „Das war eine harte Auseinandersetzung für mich“, blickt Bednarek auf den Schaffensprozess zurück. „Er sieht ja eigentlich nicht bösartig aus. Trotzdem: Man kennt mittlerweile den Charakter dieses Menschen. Sich stundenlang mit diesem Gesicht auseinanderzusetzen, das war nicht einfach.“

Die Ausstellung „Geschöpfe“ eröffnet am Sonntag, 18. September, um 15 Uhr und ist bis zum 2. Oktober jeweils dienstags bis sonntags zwischen 15 und 18 Uhr zu sehen. Zur Finissage am 1. Oktober liest der Schriftsteller Hans-Jürgen Hartmann um 19.30 Uhr aus seinem Kriminalroman „Keine Zeit zum Leben“ – mit musikalischer Begleitung.