Essen-Bergerhausen. Vertreter von Arbeiterwohlfahrt und Bürgerverein machen sich beim Stadtteil-Spaziergang Gedanken: Wie leben Senioren in Essen-Bergerhausen?
- In Bergerhausen leben immer mehr ältere Menschen.
- Seit Jahren gibt es Bemühungen, Angebote speziell für Senioren zu schaffen.
- Vertreter von Bürgerverein und Awo schauen, wie sich die Situation entwickelt.
Wie lebt es sich als älterer Mensch in Bergerhausen? Der Awo-Ortsvereinsvorsitzende Ernst Broszik und vom Kuno Schädlich vom Bürgerverein nehmen ihren Stadtteil unter die Lupe. Das sind ihre Erkenntnisse.
Wie geht es älteren Leuten in Bergerhausen? Wie steht es mit Erreichbarkeit, Freizeitmöglichkeiten, Wohnen, Barrierefreiheit und Infrastruktur? Ernst Broszik, Ortsvereinsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, und Kuno Schädlich, zweiter Vorsitzender des Bürgervereins Bergerhausen, kennen den Stadtteil wie ihre Westentasche. Bei einem Spaziergang zeigen sie auf, wo es schwierig wird und wo Chancen liegen.
Vor der Awo-Begegnungsstätte an der Weserstraße stehen zwei Bänke. Sie sind kürzlich von der Jugendberufshilfe renoviert worden. Der 78-jährige Schädlich weiß: „Die Siedlungen um Obere und Untere Fuhr haben keine Einkaufsmöglichkeiten. Auf dem weiten Weg zu Bäcker, Metzger und Aldi machen nicht nur die alten Leute hier Pause im Schatten.“
Senioren in Essen-Bergerhausen vernetzen sich für Freizeitaktivitäten
Ernst „Erni“ Broszik ist im Stadtteil bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“, der und den Gott und die Welt kennt. Der 77-Jährige lächelt: „Ich trete regelmäßig mit meiner Quetschkommode auf, bei der Awo, in Kleingärten, bei privaten Feiern sowie für den Bürgerverein Bergerhausen als singender Nikolaus.“ Broszik war Sozialarbeiter, Leiter eines Männerwohnheims, SPD-Ratsherr, und hat 2019 mitgeholfen bei der Gründung des Zwar-Netzwerks in Bergerhausen.
Dort seien spannende Ideen am Start: „Zwar heißt zwischen Arbeit und Ruhestand. Menschen ab 55 organisieren sich selbst. Das sind keine Vereine, man zahlt keine Mitgliedsbeiträge. Bei Zwar gibt es gemeinschaftlichen Freizeitspaß. Aber man setzt sich auch für eine bessere Lebensqualität im Wohnumfeld ein.“
Aus der Zwar-Veranstaltung „Wohnen im Alter“ habe er mitgenommen: „Die Verschiebung der Bevölkerungsstruktur sagt für 2030 in Deutschland einen Anstieg der Altersgruppe 65 plus auf 30 Prozent vorher. Da wir aber jetzt schon deutlich über dem bundesweiten Schnitt liegen, erwarte ich einen noch größeren Anteil der Älteren in Bergerhausen. Darauf muss man doch reagieren.“ Da müsse bezahlbarer und für Senioren geeigneter Wohnraum geschaffen werden, müssten überhaupt Räume für ältere Menschen entstehen.
Doch Realität seien Treppenhäuser ohne Aufzüge oder Neubauten wie im Siepental: „Mit für Rentner absolut unerschwinglichen Preisen.“ Bergerhausen sei einer der am meisten unterschätzten Stadtteile in Essen: „Dabei haben wir hier 11500 Einwohner. Rellinghausen hat nur 3500 und ist viel bekannter.“ Was man weithin kennt, ist das „Krause Bäumchen“.
Weitere Bordsteine müssen für Menschen mit Rollator abgesenkt werden
Am Steinkreuz erzählt Kuno Schädlich: „Hier markierte eine tausendjährige Linde die Grenze. Hatte also zum Beispiel ein flüchtiger Dieb den Baum passiert, hatte er die Grenze zu Rellinghausen überschritten und sich somit der Essener Gerichtsbarkeit entzogen.“
Zahlreiche Angebote für Senioren
Erni Broszik wirbt für die Awo-Begegnungsstätte, die unter anderem zwei Seniorenclubs, Handarbeit, Töpfern, Skat, Schach und einen Computerclub bietet. Das alles ist beim Tag der offenen Tür am Samstag, 2. September zu erleben. Zudem gebe es das Betreute Wohnen der Awo nebenan.Der Ortsverein ist unter www.awo-essen.de zu finden. Das Zwar-Netzwerk sitzt ebenfalls an der Weserstraße 82 und ist unter www.zwar-essen-bergerhausen.de zu erreichen. Der Bürgerverein Bergerhausen von 1956 ist zurzeit online nicht vertreten.
Noch lange nicht da, wo sie längst sein wollte, sei die Stadt Essen beim „Bordsteinprogramm“. Kuno Schädlich kritisiert, die Stadtverwaltung sei deutlich flotter im Aufstellen von Pfosten und Fahrradstellbügeln, als beim Reparieren von Fußgängerüberwegen. Und die Ampelschaltung zum Überqueren der Ruhrallee sei unsinnig. Noch an viel zu wenigen Stellen seien die Bordsteine abgesenkt: „Es fehlen bestimmt noch 30 Übergänge.“ Broszik stellt fest: „Das ist für Menschen mit Rollatoren gefährlich und für solche mit Kinderwagen zumindest ärgerlich.“
Apropos Stolperfallen: Beim Spaziergang die Weserstraße entlang liegt ein E-Roller auf dem Bürgersteig. Auch so ein Problem, bei dem Senioren kein Verständnis entwickeln für Jüngere. Immerhin gebe es kaum noch „Drecksecken“. Weniger geworden seien auch die Betrüger, die sich als Mitarbeiter der Stadtwerke oder als Enkel ausgeben: „Ich denke, da haben unsere intensiven Warnhinweise dazu beigetragen, dass die Senioren vorsichtiger geworden sind.“
Vorfreude auf einen kleinen Park als Begegnungsstätte
Dort, wo die Sparkassenfiliale geschlossen wurde, ebenfalls sehr ärgerlich, erstreckt sich ein kleiner Park. Ernst Broszik ist die Vorfreude anzuspüren: „Hier soll zukünftig mehr Begegnung und auch Bewegung für Ältere möglich sein. Zum Beispiel durch Boulebahn und Tischtennisplatte. Man trifft sich, spielt miteinander und quatscht. Das sind auch Ideen von Zwar.“ Die Bezirksseniorenbeauftragte Barbara Hofmann stehe voll hinter der Sache.
An der Rellinghauser Straße angekommen, fährt die Straßenbahnlinie 105 vorbei. Damit komme man überall hin, sagt Broszik. Ein Plus für den Stadtteil. Doch die Erreichbarkeit in den Vierteln selbst sei verbesserungswürdig: „Die BV hat schon laut über einen kleinen, wendigen Quartiersbus nachgedacht.“ Die Baustelle neben der Aral-Tankstelle regt die Fantasie an: „Da möchte Edeka groß bauen. Hier könnte ein Ortszentrum entstehen für Bergerhausen. Bisher fehlt solch ein zentraler Treffpunkt.“
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