Essen-Karnap. In Essen-Karnap ist jetzt ein Quartiershausmeister unterwegs. Bei einem Spaziergang spricht er über seine Aufgaben, Ziele und Grenzen.
In anderen Stadtteilen gibt es sie schon länger, seit einigen Wochen ist auch in Karnap ein Quartiershausmeister unterwegs. Bei einem Spaziergang durch seinen Kiez erklärt Thomas Gösche, dass es ihm bei seiner Arbeit darum geht, Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung in seinem Quartier zu fördern und so die Lebensqualität zu erhöhen.
Aufeinander und auf den Essener Stadtteil achten
Deutlich zu erkennen ist Gösche an seiner grau-schwarzen Jacke mit der Aufschrift „Quartiershausmeister“. So kommt er auf dem Karnaper Markt - dem Start des Rundgangs - direkt ins Gespräch mit Bürgern. Sie wollen wissen, wer er ist und was seine Aufgaben sind. Es gehe darum, die Menschen dafür zu sensibilisieren, mehr auf ihren Stadtteil und aufeinander zu achten, erklärt Gösche bereitwillig.
Wie das gehen soll? In erster Linie durch regelmäßige Fußmärsche durch Karnap und in zweiter Linie durch ein Netzwerk. Dazu gehören das Stadtteilbüro an der Karnaper-Straße 100, wo Gösche auch sein Büro hat, Schulen und Kindergärten, aber auch Beratungsstellen, der Entsorgungsdienst (EBE) sowie das Ordnungsamt und letztendlich die Bewohner selbst. „Die Nachbarschaft hat so niederschwellig einen Ansprechpartner, unabhängig von der Verwaltung“, erklärt Marie Schmitz vom Stadtteilbüro. Das sei der kürzere Weg.
Neun weitere Stadtteile haben jetzt Quartiershausmeister
Laut Oberbürgermeister Thomas Kufen habe sich das Modell in anderen Stadtteilen bewährt und wurde daher vor einigen Wochen auf die Stadtteile Kray, Altenessen-Nord, Karnap, Dellwig, Frintrop, Altendorf, Frohnhausen und Borbeck-Mitte ausgeweitet. Finanziert werden die Stellen durch die Stadt sowie Wohlfahrts- und Sozialverbände - im Fall von Gösche die CSE.
Vom Karnaper Markt geht die Tour über die Karnaper Straße Richtung Richtung Rewe. Vor einem der Häuser steht eine alte Couch. „Die stand da vorgestern schon“, weiß Gösche, der bereits angeklingelt hat - vergebens. „Dann melde ich das der EBE“, erklärt der Quartiershausmeister, der die Karnaper Straße als eine der „Haupt-Problemzonen“ bezeichnet, wenn es um das Thema Müll geht. Er will helfen, aufklären, wo man Sperrmüll anmelden kann, erklären, dass die Abholung kostenlos ist und auch nerven: „Die, die das extra machen, kann man nicht bekehren, aber vielleicht haben die irgendwann auch keine Lust mehr darauf, dass ständig jemand anklingelt.“
Forderung nach Mülldetektiven und Aufstockung des Ordnungsdienstes
Einen, den Gösche noch kennenlernen wird, ist Denis Gollan. Der Karnaper hat jahrelang auf seiner Facebookseite die Müllecken in seinem Stadtteil katalogisiert und mehrsprachige Flyer an die Haushalte verteilt. Seine Meinung: „Auf der einen Seite finde ich es gut, dass wir einen Quartiershausmeister bekommen. Auf der anderen Seite wird er auch nichts anderes machen können, als das, was ich gemacht habe. Die Müllstandorte aufnehmen und an die Entsorgungsbetriebe senden. Denn die eigentliche Vermüllung findet in den Nachtstunden statt.“ Gollan fordert schon lange den Einsatz von Mülldetektiven nördlich der A40, sowie eine Aufstockung des kommunalen Ordnungsdienstes.
Hausmeister, Moderatoren und Manager im Einsatz
Bisher waren die Quartiershausmeister und Quartiershausmeisterinnen in Altenessen-Süd, im Bergmannsfeld/Hörsterfeld und im Ost- und Südostviertel unterwegs. Mit vier zusätzlichen Stellen hat die Stadt jetzt die Bereiche ausgeweitet, sodass künftig auch Quartiershausmeister in Kray, Altenessen-Nord/Karnap, Dellwig/Frintrop, Altendorf/Frohnhausen und Borbeck-Mitte vor Ort sind. Träger ist das Jugendamt der Stadt, angestellt sind sie bei CSE, Awo, Diakonie Werk und dem Verein Sofa.Unabhängig von den Quartiershausmeistern, die täglich zu Fuß in ihrem Stadtteil unterwegs sind, gibt es noch Quartiersmanager und Stadtteilmoderatoren. Ihre Aufgabe ist es, Bewohner für ihren Stadtteil zu interessieren, und dazu zu animieren, sich in ortsansässigen Institutionen, Vereinen, Verbänden und der lokalen Wirtschaft zu engagieren.
Der Quartiershausmeister selbst ist weder die Müllabfuhr, noch das Ordnungsamt oder gar die Polizei, das stellt der 53-Jährige klar. Ansprechen will er Leute, die beispielsweise ihren Müll einfach auf die Straße werfen, Konfrontationen gehe er jedoch aus dem Weg. Im Dezember klagte eine Karnaper Mutter, dass ihr Sohn auf dem Schulweg bedroht und verfolgt worden sei - das sei kein Fall für den Quartiershausmeister, sondern für die Polizei, das Jugendamt und die Sozialarbeiter, stellt Bernd Krugmann vom Institut für Stadtentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung (ISAAB) der Uni Duisburg-Essen klar. Gleiches gelte für Tumult-Lagen, wie es sie kürzlich in Altenessen gab.
Pläne, für die Zeit nach Corona
An diesem Morgen mitten in der Woche ist der Kiez von Thomas Gösche jedoch so gut wie ausgestorben - Kaiserswerthstraße, Boshamer Weg, Spakenbroich - leer gefegte Straße, gepflegte Vorgärten, Stille. Selbst der Containerstandort an der Hattramstraße sieht ungewöhnlich sauber aus - „Vorführeffekt“, sagt Gösche lachend, aber zufrieden. Er hat mittlerweile im Kopf, wann die Container wo geleert werden und er hat Pläne für die Zeit, wenn Corona vorbei und die Straßen wieder belebt sind: Aktionen mit dem Stadtteilbüro sind geplant, Gösche will eine regelmäßige Sprechstunde anbieten, für Kinder soll es Spielplatz-Feste geben und auch mit den Quartierhausmeistern aus den anderen Stadtteilen will sich der Essener austauschen.
Jeder bringt unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen mit. „Eine spezielle Ausbildung für diesen Beruf gibt es nicht“, sagt CSE-Fachbereichsleitung Tanja Rutkowski. Kommunikationsgeschick sei wichtig, außerdem sollten die Kandidaten offen auch für andere Kulturen und gerne draußen unterwegs sein.
Bevor die Runde wieder am Karnaper Markt endet, registriert Gösche noch einen Falschparker sowie einen illegal abgestellten Fernseher und spricht mit einem der 8000 Karnaper, denen er auf einer seiner Touren schon einmal begegnet ist. „Er kriegt viel mit und kann so auch viel weitergeben“, sagt Krugmann, dem die niederschwellige Kontaktaufnahme wichtig ist. Gösche weiß, wie wichtig das ist: „In einem sicheren, sauberen Umfeld zu wohnen, erhöht die Lebensqualität.“ Dazu wolle er seinen Teil beitragen.