Essen-Werden. In Essen-Werden können Bürger nur am Markttag ein öffentliches WC nutzen. Bürgerverein und Werbering suchen nach Lösungen. Das sind ihre Ideen.

Ein im wahrsten Sinne des Wortes drängendes Problem geht der Werdener Bürger- und Heimatverein (WBHV) eigeninitiativ an: die Einrichtung einer öffentlichen Toilettenanlage im Stadtteil. Möglichst in der Nähe der Ruhr, wo Ausflügler jetzt wieder verstärkt anzutreffen sind. Mit Hilfe von der Stadt rechnen die Werdener nicht, aber damit, dass es eine Initialwirkung für andere Stadtteile sein könnte.

„Für Hunde stehen an vielen Stellen in Werden Kotbeutel zur Verfügung. Aber wenn Menschen ein dringendes Bedürfnis haben, da gibt es nichts. Im Gegenteil, für wildes Pinkeln zahlt man Geldbußen“, bringt Alfred Kleinfeldt, Beiratsmitglied im WBHV, die anrüchige Sache beim Online-Stammtisch auf den Punkt. Einzig samstags zur Marktzeit steht ein Toilettenwagen im Bereich der Basilika St. Ludgerus. Am Stand der Werdener Wiesn gibt es ebenfalls ein WC, sofern der Biergarten geöffnet hat.

Toilettenanlagen keine Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand

Aktionsstart 2018: Martin Kryl und Benno Pöhler vom Heimat- und Verkehrsverein Kettwig mit den „Nette Toilette“-Aufklebern. In anderen Stadtteilen möchte die Stadt dieses Angebot auch gern verankern.
Aktionsstart 2018: Martin Kryl und Benno Pöhler vom Heimat- und Verkehrsverein Kettwig mit den „Nette Toilette“-Aufklebern. In anderen Stadtteilen möchte die Stadt dieses Angebot auch gern verankern. © FFS | Stefan Arend

„Dazu ist zu sagen, Menschen haben dringende Bedürfnisse auch außerhalb von Samstagvormittagen und Sonntagen mit Sonnenschein“, echauffiert sich Friedhelm Neubauer – und hat an Oberbürgermeister Thomas Kufen geschrieben. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Die Bereitstellung öffentlicher Toilettenanlagen gehört nicht zu den Pflichtaufgaben der öffentlichen Hand im Rahmen einer Daseinsvorsorge“, heißt es da.

Diese Aussage bekommen alle Anfragesteller zu hören. An dem im Jahr 1993 aus Kostengründen getroffenen Ratsbeschluss – Schließung der von der Stadt betriebenen Toilettenanlagen – wurde und wird nicht gerüttelt. Ein Essener klagte deshalb 2017 sogar vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster – und verlor gegen die Stadt.

Immerhin: An 53 Standorten im Stadtgebiet gibt es öffentlich zugängliche Toilettenanlagen (ohne jene auf Friedhöfen). Sie befinden sich überwiegend in privater Trägerschaft in öffentlichen Verwaltungsgebäuden und auf Marktplätzen.

Pflegeleichte, modulare und vandalismusresistente Anlage

Daran anknüpfend will der Bürger- und Heimatverein mit dem Werdener Werbering, den das Thema ebenfalls umtreibt, an einem Strang ziehen. Es sei zu überlegen, so der Vorschlag aus der Stammtisch-Runde, ob eine pflegeleichte, modulare und vandalismusresistente Anlage, ähnlich wie an Autobahnen, nicht sogar kostengünstiger sei als ein dauerhaft betriebener Toilettenwagen mit Personal.

Letztlich sei die Finanzierung sicherzustellen, alleine könne der Verein die Investition nicht stemmen, so die einhellige Meinung der Teilnehmer in der Videokonferenz. „Wir müssen in der Bezirksvertretung trommeln und das als eine Art Projekt für den Stadtteil an Land ziehen“, so ein Vorschlag von Vorstandsmitglied Christian Helmer.

Bessere Ausschilderung in der Innenstadt

Auf besonderen Wunsch des Seniorenbeirates hatte die Stadt im Rahmen des Projektes „Entwicklungsprozess Innenstadt Essen 2017“ zur besseren Auffindbarkeit der elf Toilettenanlagen in der City eine Ausschilderung durch Signets und auf Flyern veranlasst. Eine Übersicht gibt es zudem im Internet auf https://geoportal.essen.de/toiletten/Analog dazu soll in den Stadtteilen bzw. Mittelzentren sowie am Baldeneysee die Etablierung einer WC-Struktur vorangetrieben werden. Das Konzept „Nette Toilette“, bislang nur in Kettwig angesiedelt, soll unter Einbeziehung der Gastronomie vorangetrieben werden. Ressourcen zur Umsetzung gebe es dafür, so die Stadt, derzeit aber nicht.

Im Stadtteil Kettwig gibt es die Aktion „Nette Toilette“

Peter Allmang, Geschäftsführer des Werdener Werberings, beschäftigt das Thema ebenfalls sehr. Finanziell am besten umsetzbar hält er derzeit das Konzept „Nette Toilette“, bei dem – wie in Kettwig – Gastronomen, Institutionen und Läden ihre WC-Räume zur Verfügung stellen und dafür monatlich einen Betrag von der Stadt erhalten.

„Nur das ist abhängig von der Öffnung von Läden und Gastronomiebetrieben. Wegen der Pandemie gerade schlecht möglich“, bedauert Allmang. Der aber noch eine andere Idee hat: nämlich den Umbau der „Domstuben“ zu nutzen, um dort ein öffentlich zugängliches WC-Angebot zu schaffen.

Ein gutes Beispiel gibt es aus Kupferdreh

Wie das gelingen könnte, da lohnt sich vielleicht ein Blick nach Kupferdreh. Der Stadtteil ist ebenfalls ein Anziehungspunkt für Radtouristen und Spaziergänger. Derzeit entsteht dort der Neubau des Eisenbahner Sportvereins. Wie berichtet sind ebenfalls 25 Zimmer für Radtouristen geplant. Auch wird es öffentliche Toiletten geben, die von außen begehbar sind. Komplettiert wird das Ganze mit einem Info-Kiosk. Um das „Eingangstor“ zum Baldeneysee zu realisieren, sammelte der Verein Geld, nahm einen Kredit auf und nutzte Fördertöpfe.

Welche Fördermöglichkeiten oder Sponsoren für eine WC-Anlage infrage kämen, dazu soll eine Arbeitsgruppe recherchieren, die der Werdener Bürger- und Heimatverein bilden will. Sie soll zudem Kontakte zur Politik und zu den Geschäften knüpfen.