Essen-Gerschede. Das Paulus-Quartier in Essen wird aus vier Neubauten für Wohnen, Pflege und Hospiz bestehen. Was das für die Kirche und die Gläubigen bedeutet.

Im Juni hatte die Gemeinde Abschied von der katholischen Kirche St. Paulus in Essen-Gerschede genommen. Am Standort soll das neue St.-Paulus-Quartier Raum für Wohnen, Tagespflege und Hospiz bieten. Jetzt steht fest, welcher Architektenentwurf umgesetzt wird. Warum der aktuelle Beschluss für die Gemeindemitglieder auch eine traurige Nachricht ist.

Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses im Bistum Essen war das Aus für die St.-Paulus-Kirche in der Großpfarrei St. Josef beschlossen worden. Sieger des Architekten-Wettbewerbs zur Neugestaltung der Kirche St. Paulus, der vom Grundstückseigentümer Caritas-SkF Essen gGmbH (CSE) ausgerufen wurde, ist der Entwurf „3 Finger“ des Bochumer Architektenbüros Dreibund. Die Pläne beinhalten den Erhalt des Kirchturms, aber auch den Verzicht auf das alte Kirchgebäude. Dieses wäre bei einem zweiten Modell, das die Jury ebenfalls auf den ersten Platz gewählt hatte, erhalten geblieben. Auf dem Gelände sollen barrierefreie Appartements entstehen, das Hospiz Cosmas und Damian und Pflegeeinrichtungen sollen dort einziehen.

Hoffnung auf den Erhalt des Kirchengebäudes in Essen-Gerschede hat sich zerschlagen

In der Gemeinde sieht man die Entscheidung mit gemischten Gefühlen. „Ich respektiere die Entscheidung für diesen Entwurf, kann sie inhaltlich auch nachvollziehen, bin aber schon ein bisschen traurig, dass das Kirchengebäude wegfällt“, sagt die hauptamtliche Gemeindeleiterin Sabine Lethen. Ganz überraschend sei die Entscheidung nicht gekommen, aber irgendwie habe sie noch die leise Hoffnung gehabt, dass sich eine gute Lösung mit dem Kirchengebäude finden würde.

Fußwege verbinden die einzelnen Gebäude des neuen Paulus-Quartiers in Essen-Gerschede.
Fußwege verbinden die einzelnen Gebäude des neuen Paulus-Quartiers in Essen-Gerschede. © Unbekannt | Animation: Koblank/Hems, dreibund architekten PartGmbH

„Aber natürlich muss man das Gebäude nicht um jeden Preis erhalten. Es geht ja darum, für die Menschen, die dort später leben werden, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen“, so Sabine Lethen. Trotzdem müsse man auch ein wenig trauern dürfen, bevor Gemeinde und CSE sich nun gemeinsam an die Umsetzung des Quartierskonzepts machen würden, um etwas Gutes Neues zu schaffen. „Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hospizes der Meinung sind, dass das jetzt ausgewählte 3-Finger-Modell für ihre Arbeit die bessere Lösung ist, dann messe ich dem schon hohe Bedeutung zu“, betont die Gemeindeleiterin. Ein Trost sei der Erhalt des gut sichtbaren Turms als christliches Zeichen für den Stadtteil Gerschede.

St.-Paulus-Promenade soll ein Ort der Begegnung werden

CSE habe zwar im Vorfeld erklärt, das Kirchgebäude möglichst erhalten zu wollen, aber keine Zusage dafür gegeben, so ein Gemeindemitglied, das mit der jetzigen Entscheidung nach eigener Aussage gut leben kann. Beim Architektenwettbewerb waren im Juli zwei der eingereichten sechs Entwürfe von der Jury auf den ersten Platz gewählt worden. Jetzt hatte der Aufsichtsrat entschieden, welche Planung umgesetzt wird. Der Entwurf des Bochumer Architektenbüros „Dreibund“ habe mit seinem Quartiersansatz, ebenerdigen Zugängen und der St.-Paulus-Promenade als Ort der Begegnung überzeugt, heißt es seitens der CSE. Der Aufsichtsrat habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und lange die unterschiedlichen Argumente abgewogen.

Im Quartier sollen mehrere Einrichtungen Platz finden

Neben dem stationären Hospiz Cosmas und Damian sollen auf dem Gelände zwischen Askaristraße und Tangabucht ein ambulanter Hospizdienst, eine Tagespflege, ein ambulantes Pflegezentrum sowie barrierefreie Ein- und Zweiraumappartements untergebracht werden.Im neuen St.-Paulus-Quartier soll es zudem einen Anlaufpunkt für Freizeitgestaltung, Beratung und Austausch geben.

Am Ende habe man sich aber für ein offenes lebendiges Quartier, ebenerdige Zugänge zu allen Angeboten, eine moderne Gestaltung, einen integrierten Ansatz mit neuem Gemeindehaus, den Erhalt des Turmes als Landmarke und für einen kompletten Neubeginn entschieden, auch wenn damit ein Wegfall der Kirchenhülle einhergehe.

Das „Drei-Finger-Modell“ des Bochumer Architektenbüros Dreibund konnte sich gegen die anderen Entwürfe durchsetzen.
Das „Drei-Finger-Modell“ des Bochumer Architektenbüros Dreibund konnte sich gegen die anderen Entwürfe durchsetzen. © Unbekannt | Entwurf: Koblank/Hems, dreibund architekten PartGmbH

„Uns ist bewusst, dass dies für viele Gemeindemitglieder eine traurige Nachricht ist. Als wir das Gelände kauften, war es zu keinem Zeitpunkt unsere Absicht, eine Kirche abzureißen. Das haben wir immer gesagt und dazu stehen wir. Wir sind aber auch nicht als Konservatoren eines Gebäudes angetreten, sondern als Gestalter einer lebendigen Kirche und einer authentischen Caritas vor Ort“, erläutert Caritas-SkF-Essen Geschäftsführer Andreas Bierod die Entscheidung des Aufsichtsrats.

Die Arbeit der Kirche vor Ort sei wichtig

„Genau das können wir mit dem ausgewählten Entwurf besser umsetzen“, ergänzt Caritasdirektor Björn Enno Hermans. „Denn Caritas ist Kirche, aber in einem inhaltlichen Sinn und nicht im Hinblick auf die Steine eines Kirchengebäudes. Die Kirche bleibt also in Gerschede – durch unsere Arbeit vor Ort.“

Auf Basis des Wettbewerbsbeitrags der Bochumer Architekten gehe es jetzt in die weitere Planung und Umsetzung. Bei einer Veranstaltung im Herbst, zu der auch die Gemeindemitglieder eingeladen würden, werde gemeinsam mit den Architekten beraten, welche Elemente aus dem bisherigen Kirchengebäude im neuen Quartier einen Platz finden könnten und welche Ideen es für eine gute Nachbarschaft im Quartier schon während der Bauzeit gebe.