Essen-Gerschede. Sinkende Mitglieder- und Kirchenbesucherzahlen zwingen die evangelische und katholische Gemeinde, nach gemeinsamen Lösungen zu suchen.
Ökumene, die Zusammenarbeit der Konfessionen, kann in Gerschede auf eine gewisse Tradition verweisen. Dass Katholiken und Protestanten gemeinsam ein Gemeindezentrum planen und nutzen, das gab es bisher allerdings noch nicht. Die katholische Paulus-Gemeinde, Teil der Großpfarrei St. Josef, und die Evangelische Kirchengemeinde Dellwig-Frintrop-Gerschede (DFG) sind in der gleichen Notlage. Sinkende Mitglieder- und Kirchenbesucherzahlen bei gleichbleibenden Kosten zwingen schlichtweg zu einschneidenden Sparmaßnahmen.
Anfang 2017 beschloss die evangelische Kirchengemeinde, das zu groß gewordene Gemeindehaus mit seinem imposanten Kirchsaal an der Samoastraße aufzugeben. Im selben Jahr fiel es dem Abrissbagger zum Opfer. Der katholische Standort an der Tangabucht, wo die Protestanten von der Samoastraße zurzeit untergeschlüpft sind, existiert noch. Im Zuge des Pfarrentwicklungsprozesses soll es aber aufgegeben werden.
Not verbindet
Gemeinsam machen sich Katholiken und Protestanten seit Herbst Gedanken, wie und wo das Gemeindeleben in Gerschede am Leben erhalten werden kann. „Als einzige Möglichkeit kommen katholische Kita und Jugendheim in der Askaristraße in Frage“, erklärt Anke Augustin, Pfarrerin und Presbyteriumsvorsitzende in Dellwig-Frintrop-Gerschede. Dass sich beide Konfessionen ein Haus teilten, hätte es schon öfter gegeben, aber dass sie ein Haus gemeinsam planen, ist zumindest in Essen neu. „Wir wollen vor Ort eine Begegnungsmöglichkeit erhalten“, sagt Pfarrer Wolfgang Haberla, Vorsitzender des Kirchenvorstands von St. Josef. Basis ist das Gebäude der katholischen Kita und des Jugendheims. Der bestehende Gebäudekomplex soll um einen Anbau mit einem Saal für 150 bis 200 Menschen erweitert werden. Die Gesamtkosten werde man sich teilen, so Wolfgang Haberla. „St. Paulus bringt das Grundstück und das Gebäude ein. Wir bringen den Gegenwert für den Umbau ein, geschätzte 450 000 Euro“, sagt Anke Augustin. Alles, was darüber hinausgehe, würde geteilt. Die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen in dem neuen Haus muss noch vertraglich geregelt werden. „Es muss eine Rechtsform gefunden werden. Dafür gibt es keine Vorreiter, keine Schablone“, so Augustin.
Veränderungen fallen schwer
Während das Aufgabe von Juristen sein wird, denkt die Geistliche schon einmal an den Alltag im neuen Gemeindezentrum. „Wenn eine Protestantin zum Beispiel nur mittwochs Zeit hat, es an diesem Tag aber nur eine katholische Gruppe gibt, dann kann sie dort mitmachen.“ Im Votum der Pfarrei St. Josef zum Pfarrentwicklungsprozess heißt es: „Wir wollen die Synergien und Potenziale, die in der ökumenischen Zusammenarbeit liegen, gemeinsam heben.“
Dass solche Veränderungen den Menschen schwer fallen, weiß man in Gerschede. Die Resonanz auf das Vorhaben sei in den Gemeinden aber überwiegend positiv, auch wenn der Grund ein trauriger sei. „Niemand kann wollen, dass erst Menschen aus der Kirche austreten, damit sich die Kirche bewegt“, erklärt Anke Augustin. Das gemeinsame Gemeindezentrum sei aber trotzdem eine Chance.
Das Ökumene-Projekt in Gerschede muss vom Bistum und der evangelischen Landeskirche genehmigt werden. „Da gibt es aber bereits positive Signale“, sagen Anke Augustin und Wolfgang Haberla unisono. Mit Baubeginn sei dennoch nicht vor 2020 zu rechnen.