Essen-Altenessen. Seit 20 Jahren liegt der Milchhof Kutel in Altenessen brach. Die Pläne zur Wiederbelebung wurden überarbeitet, doch es gibt heftige Bedenken.
Gewerbe, Büros, ein Hotel und Wohnungen sollen auf dem Gelände des
ehemaligen Milchhofs Kutel am Palmbuschweg in Altenessen entstehen.
Über den Plänen gebrütet wird seit Jahren. Damals wie heute haben
die Politiker im Essener Norden Magenschmerzen vor allem mit Blick
auf den Verkehr, der dort schon jetzt Nerven kostet. Jetzt gibt es
zwar neue Pläne und auch das lang ersehnte Verkehrsgutachten, die
Probleme sind aber nicht gelöst. Am Donnerstag (19.8.) soll der
Bauausschuss sein Okay geben, damit der Bebauungsplan für die
Öffentlichkeit ausgelegt werden kann.
Große Bedeutung für die
Stadtteilentwicklung
Das seit 2001
brach liegende Betriebsgelände
ist fast vollständig überbaut und versiegelt. Die Gebäude, Lager-
und Produktionsstätten auf dem drei Hektar großen Grundstück sind
weitgehend verfallen. Die Reaktivierung dieser Fläche in zentraler
Lage hat große Bedeutung für die Stadtteilentwicklung. Die
Düsseldorfer Durmaz International GmbH will dort neben Gewerbe- und
Büroräumen rund 200 Wohneinheiten schaffen, 30 Prozent davon
öffentlich gefördert.
Die Planung sieht entlang des Palmbuschwegs mehrere drei- bis
viergeschossige, blockförmige Gebäude vor. Entlang der südlichen
Grundstücksgrenze sollen es dann fünf bis sechs Geschosse sein und
bewusste Ausnahmen bilden zwei Eckgebäude mit acht und zwölf
Geschossen. Das ist schon weniger wuchtig als in der vorherigen
Planung, so mancher Politikerin der Bezirksvertretung aber noch
immer zu viel.
Ärztehaus, Hotel, Gastronomie
In den unteren Etagen sind laut Investor „quartiersbelebende
Nutzungen“ wie Gastronomie, Kiosk, Dienstleistungen,
Fitness-Center, Bars und Ausstellungsbereiche angedacht. Die oberen
Etagen der Blöcke am Palmbuschweg sollen dem Wohnen dienen, während
die rückwärtigen Blöcke ausschließlich als Büro- und Gewerbeflächen
genutzt werden. Von kleineren Mieteinheiten bis zu großen
Büroflächen seien auch Co-Working-Flächen, ein Hotel, eine
Medizin-/Pflegeeinrichtung, ein Ärztehaus und dazugehörigen
Dienstleistungen denkbar.
„Ziel ist die Herstellung eines aktiven Quartiers, das aufgrund
seiner urbanen Durchmischung durchgehendbelebt und bewohnt ist“,
heißt es im Bebauungsplan. Dazu gehört auch, dass das ganze Gebiet
verkehrsfrei sein soll, eine Tiefgarage am Rand ist Endstation für
den motorisierten Individualverkehr.
Sämtliche Verkehrsknotenpunkte an der
Kapazitätsgrenze
Wenn man denn bis dahin kommt. Denn so schön sich die Planungen
anhören, sie bereiten den Politikern der zuständigen
Bezirksvertretung V Sorgen. Man stehe zwischen der
Pielstickerstraße und dem Palmbuschweg schon jetzt im Stau und die
Situation werde sich durch die Bebauung nur verstärken, klagt
CDU-Fraktionsvorsitzende Stefanie Kölking. Herbert Bußfeld,
Vertreter der Linken, fordert gar einen Rückbau der Altenessener
Straße und
Friedel Frentrop, mittlerweile fraktionslos
, erinnert daran, dass die Durchführung der A52 immer noch im
Bundesautobahnnetz enthalten ist und einen Teil der Fläche in
Anspruch nehmen wird.
Besucher bei Ausschuss-Sitzung willkommen
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, -planung und Bauen tagt am Donnerstag, 19. August, um 15 Uhr im Rathaus am Porscheplatz.Besucher sind willkommen und können zuhören. Die komplette Tagesordnung gibt es unter www.ris.essen.de
Das Verkehrsgutachten, auf das jahrelang gewartet wurde, gibt den
Politikern recht: Sämtliche Verkehrsknotenpunkte in dem Bereich
seien bereits jetzt an der Kapazitätsgrenze, die Situation ist
katastrophal. Die Rede ist von einer „ungenügenden
Verkehrsqualität“ trotz weiteren Ampeln, die man noch errichten
könnte. Einzige Hoffnung ist der Modal Split - der Verkehr soll
sich in den kommenden Jahren gleichmäßig auf Fußgänger, ÖPNV und
Radfahrer verteilen. Nichts, worauf sich die Politiker und
Politikerinnen verlassen wollen.
Investor posierte mit Sturmgewehr
Trotz allem erklärte Friedhelm Stärk vom Stadtplanungsamt: „Wir
haben Vertrauen in den Investor und die Verwaltung empfiehlt die
Bebauung des Gebiets, auch wenn man die Verkehrsprobleme des
Essener Nordens damit nicht lösen wird.“ Abgesehen vom Verkehr
fürchtet Stefanie Kölking um die Zahlungsfähigkeit des Investors -
zuletzt war die Rede von 150 Millionen Euro, die es zu investieren
gilt. Mit Blick auf die
Bauruine am Bahnhof
sei man schließlich gebranntes Kind. Der Geschäftsführer der
Investor-Firma hatte 2019 für Aufsehen gesorgt, weil in den
Sozialen Netzwerken Fotos kursierten auf denen er unter anderem
mit einem Sturmgewehr posierte
.
Nach rund einer Stunde Diskussion konstatierte Bezirksbürgermeister
Hans-Wilhelm Zwiehoff am Montag in der Sitzung der
Bezirksvertretung: „Ich höre den Wunsch, alles soll so bleiben, wie
es ist.“ Er würde sich jedoch freuen, wenn dem Projekt eine Chance
gegeben wird, sieht er doch die Vorteile für den
oft schlecht gemachten Stadtteil Altenessen
: „Egal, was wir dahin bauen, das Verkehrsproblem wird sich nicht
lösen.“
Seine Kollegen folgten diesem Argument dann doch, bündeln nun
nochmal alle Bedenken und übergeben diese an den Planungsausschuss
mit der Bitte, sie zu berücksichtigen und den Bebauungsplan dann
aufzustellen und für die Öffentlichkeit auszulegen, damit auch die
Bürger nochmal ihre Meinung äußern können.