Essen-Karnap. Fünf Politiker aus dem Norden haben das Essener Bürgerbündnis verlassen, einer ist schon wieder zurück. Geht es mehr um Posten als um Inhalte?

Es rumort im Essener Bürgerbündnis (EBB). Die Kommunalwahl ist schon zehn Monate her und doch gibt es noch immer Missmut über Posten, die damals verteilt wurden. Als Reaktion gab es diverse Parteiaustritte und eine Jahreshauptversammlung im September, die ihre Schatten voraus wirft.

Die Vorsitzende tritt dann aus Altersgründen nicht mehr an, ihr Stellvertreter Friedel Frentrop ist kürzlich nach einem Generationenkonflikt aus der Partei ausgetreten und mit ihm vier weitere Parteimitglieder.

Denis Gollan legte alle Ämter nieder

Frentrop wollte den Staffelstab an den 29-jährigen Denis Gollan weitergeben und hatte das mit seinen EBB-Kollegen aus dem Essener Norden besprochen. „Ich fand das traurig, dass man Gollan nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr gar nicht berücksichtigt hatte“, so der 71-Jährige, der sich für eine Verjüngung in seiner Partei einsetzen wollte.

Friedrich Frentrop war lange EBB-Bezirksvertreter, jetzt ist er aus der Partei ausgetreten.
Friedrich Frentrop war lange EBB-Bezirksvertreter, jetzt ist er aus der Partei ausgetreten. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Im Anschluss telefonierte Gollan mit EBB-Gründervater Udo Bayer, der ihm offenbar von der Kandidatur abriet. Er sei noch zu jung, der Schritt in den Vorstand zu groß. Das traf den jungen Karnaper ebenso ins Mark wie seine Kollegen. Er schrieb, ebenso wie Friedel Frentrop, Stephan Duda, Wolf-Günter Horn und Martin Springer, daraufhin einen Kündigungsbrief und trat aus dem Essener Bürgerbündnis aus.

Gollan verkündete am vergangenen Wochenende dann auch seinen Austritt aus der Bundesvereinigung Freie Wähler und gab seine Posten als stellvertretender Sachkundiger Bürger im Bau- und Planungsausschuss der Stadt sowie im Wahlprüfungsausschuss ab. „Ich bringe jede Menge Erfahrung mit, die Partei will sich verjüngen und ich wurde schon nach der Kommunalwahl nicht entsprechend berücksichtigt“, klagt der Karnaper, der sich nicht unterstützt fühlt und auch im Hinblick auf die nächste Wahl 2025 wenig Vertrauen spüre.

Martin Springer machte die Kehrtwende und trat dem EBB wieder bei

Genau das spürte der Altenessener Martin Springer jedoch sehr wohl und trat kurze Zeit nach seinem Austritt wieder ins Essener Bürgerbündnis ein. Es hätten ihn einige Parteikollegen angesprochen und schließlich auch überzeugt, erklärt der 45-Jährige, der sich selbst als alter Hase bezeichnet, weil er 2004 das EBB mitbegründet hat und Udo Bayer noch aus seiner Schulzeit als Leiter des Leibniz-Gymnasiums kennt. Springer will jetzt „nach vorne gucken und ein neues junges Team für den Bezirk V aufbauen“. Gollans Posten im Bauausschuss hat er außerdem übernommen. Gollan nennt das „charakterlos“.

Vorstandswahlen beim Bürgerbündnis

Ein munteres Wechselspiel gab es im Essener Norden in der Vergangenheit bei den Politiker: Altenessens Ratsherr Karlheinz Endruschat kehrte der SPD den Rücken und wechselte zum Sozial-Liberalen Bündnis, Stephan Duda war vor seiner EBB-Zeit schon SPD-Mitglied, Ratsherr Michael Schwamborn wechselte in die andere Richtung, vom EBB zur SPD. 2016 verließ Guido Reil die SPD und wechselte zur AfD.Derzeit ist Brigitte Wawrowsky EBB-Parteivorsitzende. Ihre Stellvertreter sind Friedel Frentrop, Kai Hemsteeg (Fraktionsvorsitzender) und Wilfried Adamy (stellvertretender Fraktionsvorsitzender). Bei den Wahlen im September wird der komplette Vorstand neu gewählt. Wawrowsky und Frentrop werden nicht mehr antreten, Hemsteeg und Adamy hingegen schon. „Für den Vorsitz werde ich nicht kandidieren“, erklärt Hemsteeg, der weiß, dass sich Joachim Kluft (stellvertretender Fraktionsvorsitzender) auch für diesen Posten interessiert.

Parteiwechsel und Ausstiege sind die Essener im Norden schon gewöhnt, die Reaktion der Essener zeigte sich unter anderem in einer erschreckend niedrigen Wahlbeteiligung von 35 Prozent im vergangenen September. „Für den Wähler ist das kontraproduktiv“, weiß auch Martin Springer, während Friedel Frentrop betont, dass er auch weiter für seine Themen in der Bezirksvertretung einstehen wird, wenn auch in Zukunft nicht als EBB-Mitglied sondern als fraktionsloser Einzelvertreter: „Ich habe eine Meinung und die vertrete ich auch.“

Auf der inhaltlichen Ebene herrscht Einigkeit

Im Postengerangel haben sie sich zerstritten, auf inhaltlicher Ebene sind sich die Männer jedoch einig: Die Verkehrsführung am Gewerbegebiet Mathias-Stinnes müsse verbessert werden, die Umgehungsstraße in Vogelheim verhindert, Vogelschutz-Mülleimer her und mehr Fleisch ans Thema Grillplätze. Das sagen sowohl Friedel Frentrop als Einzelvertreter, Martin Springer als Rückkehrer und Denis Gollan als Ausgeschiedener. In den nächsten Monaten will jeder mit seinen Mitteln weiter für den Stadtteil kämpfen, Denis Gollan plant Bürgeranfragen an die Bezirksvertretung zu stellen, Aktionen mit seiner Facebook-Seite „Karnap im Wandel“ zu starten und den FC Karnap digital besser aufzustellen: „Auf politischer Ebene mache ich mal zwei bis drei Jahre Pause und dann sehen wir weiter.“