Essen. Die Durmaz International GmbH kommt wie gerufen für die Kutel-Brache in Altenessen. Wären da nicht diese Bilder – und Spuren in dubiose Kreise.

Ein Geldgeber, der ein heruntergekommenes Brachgelände nach 20 Jahren wachküssen will – kein Wunder, dass man bei dieser Nachricht in der Altenessener Politik erst mal richtig gute Laune hatte. Daran änderten auch jene als allzu großspurig empfundenen Baupläne nichts, die anfangs fürs einstige Kutel-Areal am Palmbuschweg geschmiedet wurden. Inzwischen aber wachsen leise Zweifel, worauf man sich da eingelassen hat. Schuld sind die Kommunisten. Und ein Sturmgewehr in der Hand des Investors.

Erstere empörten sich von Anfang an darüber, dass da unter anderem zwei Hochhäuser entstehen sollten, eines mit zwölf und eines mit 16 Geschossen. Die würden ja Teile des Kaiser-Wilhelm-Parks in den Schatten stellen, klagte Ex-Ratsherr Jürgen Beese und blieb mit seiner Skepsis nicht allein. Doch während alle anderen nur eine Überarbeitung forderten, googelte der DKP-Mann aus purer Neugierde weiter und fand Schatten auch andernorts.

„Grüße an meine Jungs“ vom Düsseldorfer Geschäftsführer

Denn als Geschäftsführer der Düsseldorfer „Durmaz International GmbH“, die sich die 150-Millionen-Euro-Investition in Altenessen auf ihre Fahnen geschrieben hat, fungiert mit Taner A. offenbar ein ehemals hochrangiges Mitglied des vom Innenministerium mittlerweile verbotenen Boxclubs „Osmanen BC“. Dies hatte die Tageszeitung „Welt“ im August vergangenen Jahres recherchiert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte die rockerähnliche Gruppierung im Juli 2018 verboten, weil „deren Mitglieder schwere Straftaten verüben“, wie es damals hieß.

Für Taner A. kompromittierende Fotos sind aus den sozialen Netzwerken längst verschwunden, nur hier und da finden sich noch Hinweise, etwa wenn dieser bei Facebook „Grüße an meine Jungs“ bestellt. Denn die Welt des 26-Jährigen ist anno 2019/2020 eine andere: Er trägt feinste Anzüge statt Kutten, posiert am Steuer von Luxuskarossen wie Ferrari, Maybach oder Porsche.

Das Gelände zwischen Köln-Mindener-Bahnlinie, Palmbuschweg, Altenessener Straße und Helenendamm könnte, so hofft die Stadt,  mit dem Millionen-Investment von „Durmaz International“ den ganzen Stadtteil aufwerten.
Das Gelände zwischen Köln-Mindener-Bahnlinie, Palmbuschweg, Altenessener Straße und Helenendamm könnte, so hofft die Stadt, mit dem Millionen-Investment von „Durmaz International“ den ganzen Stadtteil aufwerten. © FFS | Klaus Pollkläsener

An seiner Seite türkische Prominenz bis in allerhöchste Kreise

Und er weiß an seiner Seite türkische Prominenz bis in allerhöchste Kreise, wie Erinnerungsfotos belegen: vom Innenminister bis zum Polizeichef, vom türkischen Außenminister bis zum Leiter des türkischen Geheimdienstes MIT. Zwischendrin: Schießübungen im T-Shirt der türkischen Polizei-Spezialkräfte und eine Pose mit dem Sturmgewehr in der einen und der Pumpgun in der anderen Hand.

Bei der Stadt Essen und ihren Wirtschaftsförderern ist man ob solcher Inszenierungen irgendetwas zwischen besorgt und peinlich berührt: Sich als städtischer Partner so zu zeigen, das sei „im Zweifel ein wenig unglücklich“, sagt einer hörbar irritiert.

Kaum Projekte: „Das hat uns auch schon stutzig gemacht“

Andere fühlen sich in ihrer Skepsis bestätigt, dass da keine klassischen Projektentwickler am Werk sind. Zumal das halbe Dutzend „Durmaz“-Firmen – alle beheimatet an der Cecilienallee in der Landeshauptstadt mit Blick auf den Rhein – hierzulande offenbar kaum Spuren hinterlassen hat: „Das hat uns auch schon stutzig gemacht“, sagen Beteiligte. Immer wieder wechselten die Geschäftsführer, auch Taner A. ist erst seit Mai 2018 in führender Position.

Zuvor hatte er in Solingen einen wahren Gemischtwarenladen geführt: Sein Unternehmen vermittelte laut Geschäftszweck Versicherungen, Telekom- und Energieliefer-Verträge, finanzierte Immobilien und handelte mit „Waren verschiedener Art, insbesondere Kosmetika“.

Die Stadt ist hin- und hergerissen: „Die packen richtig viel Geld an“

Aber irgendetwas muss gut laufen, dafür sprechen nicht nur die Luxusschlitten, das Flanieren durch feinste Hotels, die blendenden Kontakte, die 19.956 Abonnenten seines Facebook-Auftritts.

Auch bei der Stadt ist man hin- und hergerissen: „Die packen richtig viel Geld an“, heißt es. Schon im Herbst 2014 kaufte die „Durmaz International GmbH“, damals noch mit Sitz in Langenfeld, das seit Jahr und Tag brach liegende Kutel-Gelände am Palmbuschweg von der Friesland Campina Germany GmbH in Heilbronn. Das führende Unternehmen der Milchindustrie in Deutschland („Landliebe“, „Tuffi“), Tochter eines niederländischen Molkereikonzerns, war das 29 Hektar große Areal damit ein für allemal los.

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Die Skepsis wächst, aber man hält sich im Hintergrund

Die jetzt vorliegenden Pläne des renommierten Dortmunder Architekturbüros Gerber könnten diese abgewirtschaftete Schmuddelecke der Stadt zu einem echten Vorzeige-Quartier machen. Und nachdem die Politik im Oktober vergangenen Jahres erstmals klare Vorstellungen davon formuliert hat, was sie dort will und was nicht, laufen die Arbeiten erst so richtig an.

Der Bauherr muss jetzt eine Reihe von Gutachten vorlegen, unter anderem zur verkehrlichen Situation. Außerdem ist ein Planungsbüro eingeschaltet, das den Entwurf konkretisiert, während man beim städtischen Planungsamt den Bebauungsplan vorantreibt. Derweil reihte sich „Durmaz International“ bei den Sponsoren des jüngsten Auftritts Essener Wirtschaftsförderer bei der Gewerbeimmobilien-Messe „Expo Real“ ein.

Die Skepsis wächst, aber man hält sich im Hintergrund. Überhaupt: „Die Frage, woher das Geld kommt“, stellen wir auch bei anderen nicht.“ Vielleicht will man das im Einzelnen auch gar nicht so gern wissen. „Geld ist eine Waffe...“, schreibt Taner A. bei Facebook unter ein Foto, bei dem er aus einem fetten Benz steigt, „...Politik ist zu wissen, wann man abdrückt!“