Essen. Das Essener Unternehmen Opta Data zeigt, wie sich die Arbeitswelt nach Corona verändern wird. Die neue Firmenzentrale fällt kleiner aus

Viele Unternehmen überlegen noch, wie sie nach Corona mit dem Thema Homeoffice weiterhin umgehen; wie häufig Mitarbeiter künftig von Zuhause arbeiten können und was das für den künftigen Platzbedarf bedeutet. Das Essener Unternehmen Opta Data ist bereits einen Schritt weiter. Der Abrechnungsdienstleister im Gesundheitswesen steckt mitten im Bau einer neuen Firmenzentrale und hat die Pläne dafür jetzt zum Teil noch einmal umgestoßen.   

„Wir sind froh, dass wir noch nicht weiter sind“, sagt Geschäftsführer Mark Steinbach. Der neue Firmencampus am Berthold-Beitz-Boulevard wird nämlich kleiner ausfallen als einst angedacht. Statt 27.000 werden nur 18.000 Quadratmeter Bürofläche gebaut. Das sei zum Glück leicht umsetzbar, weil der Campus in drei Bauabschnitten geplant war und nun der dritte entfällt, unterstreicht Steinbach. Der erste Abschnitt soll im Sommer 2021 fertig sein.

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Opta Data will das mobile Arbeiten auch nach Corona deutlich ausweiten und braucht deshalb künftig weniger Büroarbeitsplätze in der neuen Zentrale. Eine Quote hat das Unternehmen bereits festgelegt: Von zehn Mitarbeitern sollen sechs im Büro anwesend sein, vier arbeiten von Zuhause aus. 

Mehr Homeoffice bei Opta Data - aber rotierend

Das System wird allerdings rotierend sein, so dass sich die Mitarbeiter dennoch regelmäßig in der Firma begegnen. Denn so sollen die sozialen Kontakte unter den Mitarbeitern nicht verloren gehen. Aber auch für die Identifikation mit dem Unternehmen hält Steinbach eine teilweise Vor-Ort-Präsenz für äußerst wichtig.    

Opta Data will nach eigenem Bekunden niemanden zum mobilen Arbeiten zwingen, zumal auch nicht jeder die Möglichkeit zuhause hat. Doch eine  Umfrage im Mai unter den Mitarbeitern habe deutlich gemacht: Der überwiegende Teil wünscht sich Homeoffice auch nach Corona. Die meisten präferierten dabei zwischen ein und drei Tage in der Woche.

Mitarbeiter bei Opta Data müssen sich Schreibtische teilen

Das Mehr an Homeoffice hat natürlich Folgen für die künftige Bürogestaltung: Opta Data wird nicht mehr für jeden Mitarbeiter einen eigenen Arbeitsplatz vorhalten. Mitarbeiter müssen sich Schreibtische teilen. Dieses Shared-Desk-Modell ist sicher nicht für jeden wünschenswert. Privates auf dem Schreibtisch verbietet sich damit.

Das Unternehmen spart nach Steinbachs Worten mit diesem Arbeitsmodell zwischen 25 und 30 Prozent an Platz. Damit fallen auch weniger Kosten an. Steinbach schätzt die Ersparnis auf einen siebenstelligen Betrag pro Jahr. Doch das sei nicht die Motivation gewesen, versichert der Geschäftsführer. Der Mix aus Büropräsenz und Homeoffice sei das Arbeitsmodell der Zukunft.„Die Arbeitswelt stellt heute andere Anforderungen an die Unternehmen. Für uns ist entscheidend, dass wir die Attraktivität der Arbeitsplätze erhöhen", so Steinbach.   

Das mittelständische Unternehmen mit 2500 Mitarbeitern sieht sich gerade bei der Fachkräftegewinnung in einer "Riesenkonkurrenz mit Konzernen" in der Stadt. "Der Arbeitsmarkt ist eng", sagt Steinbach. 

Opta Data weitete während Corona Homeoffice deutlich aus 

Die Ausweitung der Homeoffice-Möglichkeiten bringt freilich neue Herausforderungen an das Unternehmen. Neben dem Führen auf Distanz ist eine Frage beispielsweise: Wie gelingt betriebliches Gesundheitsmanagement unter den neuen Bedingungen der Heimarbeit? Opta Data hat erst vor wenigen Tagen für seine Gesundheitsfürsorge den Corporate Health Award gewonnen und will deren hohe Bedeutung auch in Zukunft erhalten. Man werde daher verstärkt auch über digitale Formate nachdenken, sagt Steinbach. 

Für Opta Data ist Homeoffice generell kein Neuland. Schon vor Corona gab es 300 latente Homeoffice-Plätze. Die Möglichkeit wurde vor allem von Frauen genutzt, die so die Kinderbetreuung besser organisieren konnten. Im Corona-Jahr jedoch explodierte das Thema förmlich. Im März kamen binnen nur einer Woche fast 800 mobile Arbeitsplätze dazu. Steinbach klingt selbst ein wenig überrascht wenn er sagt: "Es hat funktioniert. Ohne Motivations- und ohne Leistungsverlust.“

Wirtschaftsförderung glaubt nicht an weniger Büroflächen-Bedarf

Die Essener Wirtschaftsförderung sieht in Opta Data ein Beispiel dafür, wie die Corona-Krise den Wandel der Arbeitswelten beschleunigt. "Da gibt es kein Zurück mehr", glaubt Wirtschaftsförderer Andre Boschem.

Experten sind sich noch uneins, ob dieser Trend langfristig dazu führt, dass in Essen mehr Büroflächen leer stehen und neue Büroinvestitionen überdacht werden. Ein Extrembeispiel derzeit ist der IT-Dienstleister Atos, der zwei Standorte in Essen zusammenlegen will ohne seine Büroflächen zu vergrößern. Dies ist nur möglich, weil die Hälfte der Mitarbeiter dann im Homeoffice arbeitet.

Boschem glaubt nicht, dass die Büroentwicklung in Essen künftig nach unten zeigen wird. "Wir sind ein zentraler Standort und haben gute Fachkräfte hier. Ich denke, Mittelstädte werden eher verlieren."

Auch Opta Data schließt nicht aus, dass der dritte Bauabschnitt seiner Zentrale in einigen Jahren doch noch gebaut wird. Schließlich hat das Unternehmen, das bereits 50 Jahre am Markt ist, noch große Wachstumspläne.