Essen. . Seit den Organspendeskandalen in München und Göttingen geht auch in Essen die Zahl der Organspenden stetig zurück. Allein im vergangenen Jahr sei die Zahl der Organtransplantationen am Uniklinikum Essen um 20 Prozent gesunken, so Professor Eckhard Nagel, ärztlicher Direktor der Uniklinik.

„Sei es ein Herz, eine Niere oder die Leber – Organspenden retten Leben“, ist sich Dr. Gernot Kaiser tagtäglich bewusst. Er ist Transplantationsbeauftragter des Universitätsklinikums Essen und verfolgt mit großer Sorge, dass die Spendenbereitschaft der Deutschen stark zurückgegangen ist. Die Leidtragenden sind die Patienten, die auf der Warteliste versterben, weil kein Organ für sie gespendet wird.

Am „Tag der Organspende“ am kommenden Samstag wollen Kaiser und seine Kollegen daher auf dem Willy-Brandt-Platz ein Zeichen setzen. Und die Menschen dazu bewegen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich für einen Organspendeausweis zu entscheiden.

Große Verunsicherung der Bevölkerung

Wurden 2011 noch 144 Lebern und 155 Nieren im Klinikum transplantiert, waren es vergangenes Jahr nur 139 Lebern und 133 Nieren. Bis Ende April diesen Jahres transplantierten die Ärzte des Klinikums 48 Lebern und 25 Nieren. „Die Zahl der Organtransplantationen an der Uniklinik ist verglichen mit dem Vorjahr um 20 Prozent gesunken“, betont der ärztliche Direktor am Universitätsklinikum Essen, Professor Eckhard Nagel. Mit der „großen Verunsicherung bei der Bevölkerung“ begründet Nagel diese Entwicklung, die in den Skandalen der Transplantationszentren München, Göttingen, Regensburg und Leipzig“, verwurzelt ist.

Als die Ärzte im Essener Klinikum vergangenes Jahr von den Vorgängen erfuhren, waren sie bestürzt über die Geschehnisse. Misstrauen gegenüber Kollegen, mit denen man seit Jahren zusammen gearbeitet hat, habe sich breit gemacht. „Selbstverständlich haben wir daraufhin alle unsere eigenen Abläufen, beispielsweise bei der Lebertransplantation, überprüft“, so Nagel. Von daher sei es wichtig, die Menschen weiter über das Thema Organspende zu informieren und über den Umgang mit Spenderorganen aufzuklären, um Ängste und Vorbehalte abzubauen.

Rund 700 Patienten auf der Warteliste

„Wir müssen bei jedem einzelnen um Vertrauen werben“, betont Nagel, der auch dem Deutschen Ethikrat angehört. In Essen habe man die Unregelmäßigkeiten in anderen Transplantationszentren zum Anlass genommen, die internen Strukturen bei der Bewertung und Behandlung von Patienten auf den Wartelisten zu überprüfen, um Missbrauchsmöglichkeiten auszuschließen.

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„Niemand beschäftigt sich gerne mit seinem Tod“, weiß Dr. Gernot Kaiser, „doch wir haben alleine auf unserer Warteliste 700 Patienten, die dringend ein Spenderorgan benötigen“. Bekommen sie es nicht rechtzeitig, müssen sie sterben. Etwa ein Jahr müsse man auf eine Leber warten, wenn alles gut geht. „Würde es mehr Spender geben, verkürzt sich diese Zeit natürlich“, sagt Kaiser, der am „Tag der Organspende“ in einem großen Organmodell auf dem Willy-Brandt-Platz Fragen von Bürgern zum Thema Organspende beantworten möchte.

Das Programm am „Tag der Organspende“

In einer über 30-jährigen Tradition findet der Tag der Organspende in jedem Jahr in einem anderen Bundesland statt. Nach den Städten Hannover, Frankfurt am Main und Dresden wird die zentrale Veranstaltung in diesem Jahr am Samstag, 1. Juni, in Essen ausgerichtet.

Der Tag beginnt um 11 Uhr mit einem Ökumenischen Dankgottesdienst im Dom. Anders als in anderen Medien angekündigt, kommt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft als Schirmherrin des „Tags der Organspende“ nicht nach Essen. Sie wird von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens vertreten, die ab 13 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz reden wird. Weitere Redner sind Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, OB Reinhard Paß, Rudi Völler als Sportdirektor von Bayer 04 Leverkusen und AOK-Botschafter, Professor Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), sowie Dr. Rainer Hess und Thomas Biet, Vorstände der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Experten diskutieren mit Besuchern über Organspende

Im Anschluss können die Besucher mit Experten diskutieren und Fragen stellen. Angekündigt sind Professor Eckhard Nagel, Ärztlicher Direktor der Essener Uniklinik , Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, und Dr. Ulrike Wirges, Geschäftsführende Ärztin der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) NRW.

Live-Musik auf der Bühne bieten die Künstler Katja Ebstein, Chris Andrews und die Bands „The Lords“, „Le kid“, „Dritte Hälfte“, „The Dandys“ und „Bo Flower“. Es moderiert Dennis Wilms (ARD). Auf dem „Marktplatz fürs Leben“ erwarten die Besucher von 10 bis 18 Uhr große Organmodelle (Lunge und Leber), eine Felsenkletterwand, die Foto-Aktion „mein Ja zur Organspende“, eine Luftballonaktion und vieles mehr. Mehr Infos: www.organpaten.de.