Fünf Fragen an Dr. Ulrike Wirges, Geschäftsführende Ärztin der Organisationszentrale der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) NRW an der Lindenallee.

NRZ: Ist es seit den Skandal en schwieriger geworden, Menschen für das Thema Organspende zu gewinnen?

Dr. Wirges: Die katastrophalen Skandale an den Transplantationszentren München, Göttingen und Regensburg haben uns zugesetzt. Denn wir sitzen insofern mit im Boot, dass die DSO sich um die Spendenseite kümmert und Organe zur Verfügung stellt. Allerdings hört genau da unsere Aufgabe auf. Für die Vermittlung ist „Eurotransplant“ zuständig. Natürlich ist der Wunsch, Leben zu retten, bei den Menschen noch immer vorhanden und Hauptgrund für die grundsätzliche Spendebereitschaft. Dennoch ist die Zahl der Spenden seit den Skandalen eingebrochen, wir befinden uns immer noch auf einer Talfahrt. Wir müssen noch viel Aufklärungsarbeit leisten.

Was ist notwendig, damit eine Organspende durchgeführt werden kann?

Wenn die Ärzte auf einer Intensivstation merken, dass ihr eigentliches Ziel, einen Patienten gesund zu machen, nicht mehr erreicht werden kann und der Hirntod eingetreten ist, rufen sie uns an. Er ist eine Voraussetzung, denn nur dann ist ein Mensch aus medizinischer Sicht tot. Außerdem ist eine Einwilligung notwendig, dass seine Organe entnommen und gespendet werden dürfen. Eine solche Organspende kann nur auf Intensivstationen stattfinden, da die Organe unter Beatmung entnommen werden.

Doch was ist, wenn der Verstorbene keinen Spenderausweis besitzt?

Dann folgt ein extrem schwieriger Akt: Wir müssen mit den Angehörigen sprechen, die gerade einen lieben Menschen verloren haben und herausfinden, was der Wille des Verstorbenen gewesen wäre. Dabei geht es nicht um ihre eigenen Ansichten. Wenn die Angehörigen nein sagen, respektieren wir das natürlich. Um so mehr freuen wir uns, wenn ein Ja kommt, weil wir dann wissen, dass wir Menschen ein Weiterleben ermöglichen können.

Wissen Sie, wer die gespendeten Organe erhält?

Nein, das ist aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich. Ob Leber, Herz, Niere oder andere Organe – meist erhalten mehrere Menschen durch einen Spender ihr Leben zurück. Wir bekommen nur eine Nummer von Eurotransplant und einige Tage später gesagt, ob es den Empfängern gut geht oder ob ihre Körper die Organe abgestoßen haben. Wir fragen die Angehörigen, ob sie wissen wollen, was mit den gespendeten Organen passiert ist. Die meisten sagen ja. Dann können wir ihnen diese Informationen weitergeben. Oft schicken die Organempfänger der DSO Dankbriefe mit der Bitte, diese an die Angehörigen weiterzuleiten. Wenn sie dem zustimmen, machen wir dies.

Was bestärkt Sie, sich für das Thema Organspende einzusetzen?

Es ist der Sinn unserer Arbeit, anderen Menschen zu helfen. Ohne Ansehen der Person, ob privat oder gesetzlich versichert, reich oder arm, ob Moslem, Christ oder Jude. Wir wollen ihnen weiterleben ermöglichen. In NRW gibt’s 12.000 Menschen, deren Leben am seidenen Faden hängt, weil sie auf ein Spenderorgan angewiesen sind. (phes)