Essen. Die Neuauflage von „Essen.Original“ lockt nach zwei Jahren Zwangspause viele Gäste in die City. So lief die Party auf den drei Konzertbühnen.
Von wegen Ruhe nach dem Sturm: Tief „Emmelinde“ hatte sich gerade verzogen, da ging am Freitagabend in Essen das Klanggewitter erst richtig los. Zwischen dem „Purple Rain“, den das Essener Duo Benny & Joyce stimmungsvoll von der Bühne auf den Kennedyplatz prasseln ließ und den Sounds des Gelsenkirchener Rappers Weekend am Kopstadtplatz war der erleichterte Stoßseufzer der Veranstalter von Essen.Original nicht zu überhören. „Wir sind froh, dass trotz der Unwetterwarnungen vom Vormittag so viele Menschen gekommen sind“, zeigte sich Richard-Röhrhoff, Geschäftsführer der Essen Marketing GmbH (EMG) am Freitagabend beglückt. Und konnte am Sonntag noch zufriedener Bilanz ziehen: Über 100.000 Gäste haben das Stadtfest nach Einschätzung der EMG am Wochenende besucht.
Fotostrecken: Unser Fotograf war bei Essen.Original dabei
Dabei hatten die Unwetterwarnungen zunächst nichts Gutes ahnen lassen für die langersehnte Neuauflage des großen Stadtfestes nach zweijähriger Corona-Zwangspause. Doch mit etwas Glück, guten Nerven und im steten Austausch mit der Feuerwehr konnte eine vorzeitige Absage des Musikfest-Auftakts am Freitag verhindert werden. Am Nachmittag gab es dann grünes Licht. Erleichterung auch bei den Musikern, die beim Soundcheck am Morgen schon Zuversicht verbreitet hatten: „Wir wollen doch endlich wieder spielen!“
Unbedingt wieder gemeinsam feiern und Musik hören, umsonst und draußen, das wollten am Wochenende Tausende. Und schon am Freitagabend waren Kennedyplatz, Burgplatz und Kopstadtplatz trotz der noch etwas ungemütlichen Wetterlage gut gefüllt. Gehörten die zwei Hauptacts mit den Essener Lokalmatadoren von „Kuult“ und Starkoch Nelson Müller samt souliger Friends als Headliner für viele doch zu den zugkräftigsten Nummern des Musikwochenendes. „Nelson Müller zusammen mit Cassandra Steen und Flo Mega, das ist doch eine Super-Kombination“, freute sich Gloria Schmidt, die mit Freunden auf den Kennedyplatz gekommen war. „Für die Clubs sind wir zu alt“, sagt Schmidt lachend, „aber hier können wir endlich wieder gemeinsam abfeiern.“ Und wenn ein Sternekoch wie Nelson Müller schon auf der Musikbühne steht, dann gibt es neben tanzbaren Sounds zwischendurch sogar noch ein paar Küchentipps von Kollegen und das perfekte Rezept für Chickenwings gleich zum Mitschreiben.
Auf dem Burgplatz, der sich in diesem Jahr als stimmungsvolle Alternative zum derzeit umgebauten Willy-Brandt-Platz erwies, erlebte das Publikum ein Teamspiel anderer Art. Der Essener Profi-Boxer Patrick Korte, der in Essen am 11. Juni um den Intercontinental-Gürtel der World Boxing Foundation kämpfen will, ist mit den Musikern der Essener Band „Kuult“ für das aktuelle Musik-Video in den Ring gestiegen. Am Freitagabend gab es dann die gemeinsame Live-Premiere für den Song „Glück auf“, der mit viel Power, Kumpelgefühl und großem Boxerherz als veritable Ruhrgebietshymne über den Platz erschallte.
Am Samstag dann verwandelte sich der Burgplatz in eine bunte Bühne mit Regenbogenfahne. Das Forum Essener Lesben und Schwulen war ebenso vertreten wie die Band „Zeitflug“ und die Emotions Musical Show, die Songs aus dem „Phantom der Oper“ bis zu „Elisabeth“ aufleben ließ.
Die WDR 4-Hörerschaft feierte auf dem Kennedyplatz derweil zur Beschallung der WDR 4-Band ein Sommerfest mit Hits von Tina Turner bis Roxette. Den gut besuchten Abschluss des Samstags bildete dann der Auftritt von Heinz Rudolf Kunze, der seit über vier Jahrzehnten zu den Größen des deutschen Musikgeschäfts zählt. Der Popdichter hatte zwar nicht die Strahlkraft von Bands wie „Alphaville“, die in den Vorjahren für Furore sorgten. Doch für viele Kunze-Fans wie Petra Pauls war es ein Wiederhören mit vielen Lieblingshits, und einer durfte natürlich nicht fehlen: „Dein ist mein ganzes Herz“.
Auch Schlagerurgestein Bata Illic hat so einen Ohrwurm, den man kennt: „Michaela“. Und sogar mit Musikbegleitung aus der Konserve brachte der Dschungelcamp-Veteran damit am Sonntagmittag noch so manchen zum Schunkeln. Gudrun Maier und ihre Freundinnen waren wild entschlossen, das mittlerweile 82-jährige Hitparaden-Idol ihrer Jugend noch einmal abzufeiern und danach noch ein wenig durch die Geschäfte zu stöbern.
Die Läden der Innenstadt hatten denn auch pünktlich um 13 Uhr geöffnet und über mangelnde Stimmung und leere Geschäftsstraßen konnte sich am Nachmittag niemand in der City beklagen – DSDS-Gewinnerin Marie Wegener und Jörg Bausch heizten den Besucherinnen und Besuchern bei schönstem Frühsommerwetter dazu musikalisch ein. Und auf dem Burgplatz machten Heiko Fänger und die Hexe Kleinlaut Programm für die Kleinen.
Essen.Original soll ein Begegnungsfest für alle Generationen sein
Neuer Termin schon im Mai
Zum ersten Mal in der Geschichte von Essen.Original ist das Stadtfest schon im Mai und nicht im Spätsommer an den Start gegangen. Für Richard Röhrhoff, Geschäftsführer der Essen Marketing GmbH (EMG), hat sich der neue Termin „als Auftakt der Sommersaison bewährt. Wir sollten das beibehalten.“Nach Angaben von Röhrhoff kamen an den drei Tagen rund 100.000 Besucherinnen und Besucher in die City. „Damit sind wir über der Zahl von 2019.“ Allein das Konzert von Heinz Rudolf Kunze hätten 6000 Menschen erlebt. „Ich bin überglücklich, dass wir so ein schönes und friedliches Stadtfest feiern konnten, ohne Polizei- und Hilfsdiensteinsätze.“
Auch der Kopstadtplatz war während des Stadtfestes gut gefüllt. Dort präsentierten sich nach Rapper „Weekend“ und der gefeierten „Banda Senderos“ am Samstag Nachwuchskünstler wie Dote und Ennio, bevor sich am Sonntag die Smag Sundance-DJs schon mal für ihr Festival im Juli aufwärmten.
Ein „Begegnungsfest für alle Generationen“ hatte EMG-Chef Richard Röhrhoff schließlich zum 25-jährigen Jubiläum angekündigt, dazu mehr lokale Beteiligung „Ein Stadtfest von Essenern für Essener.“ Die Anzahl der Info-Stände vom Sauerländischen Gebirgsverein bis zur Caritas, von der freien Kulturszene bis zu den Essener Entsorgungsbetrieben blieb allerdings überschaubar. Dafür hatte man der Corona-leidgeprüften Gastronomie viel Platz eingeräumt. Essen.Original, das ist jedes Jahr aufs Neue schließlich der Versuch, musikalisch und kulinarisch viele Geschmäcker abzudecken. Für Richard Röhrhoff stand am Ende jedenfalls fest: „Dass wir in diesem Jahr vor allem die lokale Szene unterstützt haben, war goldrichtig.“