Witten/Hattingen. Heinz Rudolf Kunze hat beim Strandkorb-Festival am Kemnader See viel zu sagen. Immerhin singt er seinen Hit. Ein Abend mit gemischten Gefühlen.

Heinz Rudolf Kunze kam, sah und begann seinen Auftritt beim Strandkorb-Format des Zeltfestivals am Kemnader See mit einem wirren Wortspiel. Rezitationen zwischen den Liedern sollten sich durchs gesamte Programm ziehen, mit dem einer der bekanntesten Songschreiber Deutschlands sein 40-jähriges Bühnenjubiläum feierte: sozialkritisch, ironisch und durchaus stimmgewaltig.

Gemütlich in die Strandkörbe gekuschelt lauschte das Publikum dem, was Heinz Rudolf Kunze zu sagen hatte.
Gemütlich in die Strandkörbe gekuschelt lauschte das Publikum dem, was Heinz Rudolf Kunze zu sagen hatte. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Der Spätsommer gibt noch mal alles an diesem Sonntagabend. Still ruht der See. Und ungewohnt still ist es auch am und auf dem Festivalgelände. Keine verzweifelte Parkplatzsuche wie sonst, kein Gedränge, freier Blick vom Korb auf die Bühne – doch leider bleiben viel zu viele Plätze leer. Wer weiter hinten sitzt, wird sich später ein wenig ärgern, von dem bisschen Stimmung in den ersten Reihen nichts mitbekommen zu haben. Der Applaus verhallt in weiter Ferne.

Heinz Rudolf Kunze lässt kein aktuelles Thema aus

Wer einen Kunze wie in den 80ern erwartet hatte, war ebenfalls schief gewickelt. Der Schnauzbart ist ab, die Band nicht dabei. Der 64-Jährige tritt seit 2015 meist solo auf und hat die Sprache, wie er selbst sagt, zu seinem Lebenselixier erkoren. Doch eingefleischte Fans werden das längst wissen. Heinz Rudolf Kunze hat etwas zu sagen. Seine Texte und Lieder sind Plädoyers für mehr Menschlichkeit. Kein aktuelles Thema lässt er aus.

Das Festivalgelände ist in vier Inseln unterteilt. Da kommen sich die Besucher nicht in die Quere.
Das Festivalgelände ist in vier Inseln unterteilt. Da kommen sich die Besucher nicht in die Quere. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bei ihm geht es um Flüchtlinge, das „trostlose Kandidatenangebot“ der bevorstehenden Bundestagswahl, die Debatte um gendergerechte Sprache. „Der Plural von Mensch ist weiblich. Was wollt ihr eigentlich noch?“ Und nicht zuletzt geht es um die Gefühle während der Pandemie. „Die Frage ist nicht, ob es jemals so wird, wie es war. Gewesen ist gewesen. Das Leben geht weiter und alles wird anders“, resümiert Kunze, der ja nicht nur Rocksänger, Liedermacher und Musicaltexter ist, sondern auch Schriftsteller. Und Lehrer.

„Dein ist mein ganzes Herz“ darf beim Konzert nicht fehlen

Stimmlich stark ist auch der Kunze von heute. Mühelos begleitet er sich selbst – auf der Gitarre, der Mundharmonika oder am Klavier. Und wirkt doch auf der gewaltigen Bühne etwas verloren. Kaum sucht er den Kontakt zum Publikum, scheint sich selbst genug dort oben.

Immerhin spendiert er seinen Fans einige Klassiker, musikalisch etwas neu interpretiert. „Dein ist mein ganzes Herz“ darf einfach nicht fehlen bei einem Kunze-Konzert. Schließlich hat die Single 1985 Goldstatus erreicht – sein größter Erfolg. Zum Abschied singt er „Finden Sie Mabel“. Da schwelgt auch die Mädelstruppe aus den Hölzern mit. Ihr Fazit des Konzerts: „Nicht schlecht, aber zu viel Gerede.“