Essen. Ein Jahr nach der Schließung des Marienhospitals in Essen kehrt Leben zurück in das Krankenhaus. Eine langfristige Lösung ist das jedoch nicht.

Die Bewohner und Bewohnerinnen des DRK-Seniorenzentrums aus Essen-Freisenbruch ziehen Ende Oktober in das leerstehende Marienhospital nach Altenessen. Damit kehrt ein Jahr nach der Krankenhaus-Schließung wieder Leben ein in das Gebäude an der Hospitalstraße.

DRK plant Neubau auf Stauder-Gelände

Der Mietvertrag mit Klinik-Betreiber Contilia läuft jedoch zunächst nur für 18 Monate. Der Plan: Die 90 Senioren und Seniorinnen sollen in Altenessen nur übergangsweise wohnen und nach und nach auf andere Pflegeeinrichtungen im Stadtgebiet verteilt werden.

Ein Zurück in das alte Gebäude in Freisenbruch gibt es jedenfalls nicht mehr: Elektrik, Brandmeldeanlage und Be- und Entlüftungssystem in dem 1975 errichteten Haus entsprechen nicht mehr den Standards. Das DRK-Seniorenheim in Freisenbruch war einst mit 245 Bewohnern das größte in Essen und Umgebung. Auf lange Sicht will das Deutsche Rote Kreuz einen Neubau auf dem Stauder-Gelände in Altenessen errichten. Das erklärte DRK-Kreisgeschäftsführer Frank Dohna am Freitag auf Anfrage. Bis dieser fertig ist, wird es jedoch Jahre dauern, so lange wolle man nicht Mieter im Marienhospital bleiben. „Ich bin erleichtert, dass wir jetzt so schnell eine Lösung gefunden haben und kann Contilia nur danken“, so Dohna, der sich seit einem knappen Jahr mit dem Thema befasst.

DRK hat durch Essener Bombenentschärfungen viel Erfahrung mit Krankentransporten

Einige alte Menschen müssen also in den kommenden zwei Jahren gleich doppelt umziehen, erst von Freisenbruch nach Altenessen und dann nochmal in eine andere Essener Pflegeeinrichtung. Alte Bäume verpflanzt man nicht? Dohna hält dagegen: „Wir wissen schon länger, dass wir hier raus müssen, und das Pflegepersonal hat das mit den Bewohnern entsprechend kommuniziert.“ Außerdem sollte man die Flexibilität der alten Menschen nicht unterschätzen, die hätten schon viel erlebt. Die älteste Bewohnerin sei derzeit 99 Jahre alt.

Das DRK-Seniorenzentrum Freisenbruch an der Minnesängerstraße war mal das größte in Essen und Umgebung.
Das DRK-Seniorenzentrum Freisenbruch an der Minnesängerstraße war mal das größte in Essen und Umgebung. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Mobiliar und Pflegebetten ziehen mit nach Altenessen. Vor dem Umzug im Oktober ist Dohna nicht bange: „Das machen wir mit unseren Ehrenamtlichen, die haben durch diverse Bombenentschärfungen viel Erfahrung mit diesen Krankentransporten.“ Die Infrastruktur im Marienhospital sei ideal, erklärt Dohna, der sich sicher ist, dass sich alle dort wohl fühlen werden: „In dem Krankenhaus gibt es eine Klingelanlage, Duschen auf den Zimmern und alles, was man auch sonst für ein Altenheim braucht.“ Jeder werde ein Einzelzimmer bekommen. Das Essen werde, wie auch schon jetzt, aus der Zentralküche angeliefert. Die Pforte werde dann wieder besetzt und zumindest in einem Teil des Marienhospitals gehen die Lichter wieder an.

Contilia-Geschäftsführung zufrieden mit der Lösung

Auch die Geschäftsführung von Contilia ist zufrieden: „Wir freuen uns, dass wir hier helfen können. Es ist eine glückliche Fügung, dass wir diese Notsituation durch die teilweise Zwischennutzung als Pflegeeinrichtung so unkompliziert aus der Welt schaffen können“, erklären die beiden Contilia-Geschäftsführer Jens Egert und Dr. Dirk Albrecht: „Der gemeinsam entwickelte Zeitablauf passt gut in unsere Entwicklungsplanungen für den Gesundheitsstandort Altenessen.“ Was die Planungen nun genau beinhalten und wie der Zeitplan aussieht, hat der Klinik-Betreiber auf Anfrage nicht erläutert. „Wir stehen mit dem Ministerium, den Behörden und den Vertretern der Stadt weiter in einem guten Austausch. Wir werden umgehend kommunizieren, sobald belastbare Informationen vorliegen“, heißt es lediglich aus der Contilia-Pressestelle.

Die Schließung der Krankenhäuser

Der Aufsichtsrat der Contilia GmbH hatte im Juni 2020 beschlossen, das Marienhospital in Altenessen und das St. Vincenz Hospital in Stoppenberg zu schließen. Neubau-Pläne für eine 300 Millionen Euro teure 725-Betten-Klinik im Herzen Altenessens waren geplatzt. Enttäuschung, Trauer, Wut und Fassungslosigkeit machte sich bei Mitarbeitenden und der Politik breit.Im September schloss zunächst die Geburtsabteilung. 605 Geburten gab es in der Altenessener Klinik im Jahr 2019 noch - etwa zehn Prozent der Essener Geburten. Ab Oktober wurden dann auch keine Patienten mehr aufgenommen. Das Philippusstift in Borbeck ist seitdem der nächste Anlaufpunkt für Patienten aus dem Essener Norden.

Gesundheitsdezernent Peter Renzel schließt sich den lobenden in Bezug auf das DRK-Seniorenzentrum an: „Es ist für alle eine gute Nachricht, dass eine Übergangslösung gefunden wurde. So können alle Bewohnerinnen und Bewohner sicher und gut untergebracht werden.“

Ob die Altenessener die Nachricht auch positiv bewerten wird sich zeigen. Bezirksbürgermeister Hans-Wilhelm Zwiehoff hegt Zweifel und äußerst kurz und knapp seine persönliche Meinung: „Unsere Probleme löst das nicht.“ Er meint die mangelnde Gesundheitsversorgung, die viele Bürger und Bürgerinnen im Essener Norden beklagen, seit im vergangenen Jahr nicht nur das Marienhospital, sondern auch das St. Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg geschlossen hatte.