Essen. Nach langer Flaute erleben Reisebüros in Essen nun einen Boom von Buchungen. Bei aller Vorfreude sollten diese Preistreiber aber beachtet werden.
Nach Spanien, Griechenland, auf die Balearen oder Kanaren – ganz gleich: Essenerinnen und Essener hat die Reiselust gepackt. Dank sinkender Corona-Inzidenz und immer mehr Geimpfter stehen aktuell die Telefone in den Reisebüros im Stadtgebiet nicht mehr still, berichten zahlreiche Betreiberinnen und Betreiber.
Doch nicht nur Pauschalreisen erfahren eine hohe Nachfrage, auch Corona-Reiseversicherungen werden in den Reisebüros vermehrt abgeschlossen.
Essener beobachtet steigende Preise bei Flugreisen
Ein Tapetenwechsel muss her. Markus Scheil und seine Familie liebäugelten bereits im letzten Jahr damit, die schöne Finca mit Pool auf Mallorca mit ihren Verwandten für zwei Wochen zu buchen. „Wir wollten aber erst noch abwarten, wie sich die Situation entwickelt,“ sagt der 36-Jährige aus Frohnhausen.
Doch als er in den vergangenen Wochen der Preissteigerung für Flugreisen geradezu zusehen konnte, musste eine Entscheidung her. „Man gerät ein bisschen unter Druck. Da haben wir gesagt: Jetzt oder nie!“ Markus Scheil griff zum Telefon und rief Stefan Bings an. Vor Ort in Bings Alltours-Reisebüro in Frohnhausen machte die Familie aus Essen dann Nägel mit Köpfen – im Juli geht es endlich los.
„Extrem hohe Umsätze“ bei Ohagen Reisen in Essen
Über Monate hinweg waren Beschäftigte der Reisebranche in Kurzarbeit, manches Essener Reisebüro musste schließen. Doch aktuell sucht Alltours-Leiter Stefan Bings wieder händeringend nach Personal, und auch bei anderen Essener Reisebüros hat sich das Blatt gewendet.
„In den letzten drei Wochen ist die Buchungssituation extrem – wie früher in der Hauptbuchungsphase,“ sagt Jürgen Ohagen von Ohagen Reisen in Altenessen. „Als hätten die Leute mit den Hufen gescharrt. Sie sind ausgehungert und wollen möglichst schnell weg.“
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Seit Mai erziele sein Reisebüro „extrem hohe Umsätze“ – insbesondere bei Buchungen für vermeintlich sichere Reiseziele, bei denen nach der Rückreise keine Quarantäne erforderlich ist.
Reisebüroleiter: Interesse der Urlauber größer als das Hotel-Angebot
Die Touristenhotels hätten sich in den vergangen Monaten gut vorbereitet, unter Hotelangestellten sei zudem die Impfquote hoch. Laut dem Reisebürobetreiber ist das Interesse der Urlauber bereits größer als das Angebot vor Ort, zumal Hotels coronabedingt nicht voll belegt werden. „Daher kann man fast zusehen, wie die Preise nach oben gehen – wir beobachten große Preissprünge innerhalb eines Tages,“ berichtet Ohagen, „Auch die Fluggesellschaften müssen erst einmal ihre Flugpläne wieder hochschrauben.“
Bei Columbus Reisen: „Interkontinentale Flüge wenig gefragt“
Und trotzdem: „Im Flugreisenbereich ist das Niveau längst nicht da, wo es mal war,“ sagt Martin Sikosek, Geschäftsführer bei Columbus Reisen am Bredeneyer Tor. In erster Linie würden Flüge innerhalb Europas nachgefragt, darunter vor allem nach Spanien und Griechenland. „Interkontinentale Flüge sind wenig gefragt.“
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Auch bei Columbus Reisen habe sich die Buchungssituation deutlich verbessert, insbesondere Hochseekreuzfahrten würden in dem Reisebüro gebucht. Doch der Beratungsbedarf sei sehr hoch. Viele seiner Kundinnen und Kunden fragten sich: „Was passiert, wenn ich während der Fahrt an Bord positiv getestet werde?“, so Sikosek.
Kozica-Reisen in Essen: Kunden sind mit Online-Buchung überfordert
Eine große Unsicherheit in seiner Kundschaft bemerkt auch Uwe Wenglikowski von Kozica-Reisen in Katernberg. Die häufig wechselnden Einreisereglungen seien für Kunden schwer zu überblicken. „Viele sind bei Internetbuchungen überfordert und kommen deshalb zu uns ins Reisebüro,“ berichtet der Reisebüroleiter.
„In der Woche vor Pfingsten ging es los.“ Während ältere Kunden auch ganz kurzfristig Reisen buchten, sei die Lage bei jungen Familien eine andere: Weil viele noch nicht – oder nicht vollständig – geimpft sind, planen Familien eher für die Herbstferien und den Winter, sagt Wenglikowski.
„Endlich mal wieder positiver Stress“ in der Reise-Welle in Essen
„Seit zwei oder drei Wochen haben wir endlich mal wieder positiven Stress,“ berichtet Tanja Mlakar von Reise-Welle in Holsterhausen, „Zuvor hatten wir nur noch mit Umbuchungen und Stornierungen zu tun – doch jetzt verlassen die Kunden wieder fröhlich und voller Vorfreude unser Reisebüro.“
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Besonders lang und intensiv seien aktuell die Beratungen rund um Fragen zu Testung und Impfung. Die Einreisebestimmungen der Zielländer wechselten im Tagesrhythmus. „Wir empfehlen unseren Kunden immer, vor der Einreise einen Test zu machen – selbst wenn sie schon geimpft sind,“ sagt Mlakar.
Das – teils unübersichtliche – Angebot an Reisezusatzversicherungen spiele aktuell eine große Rolle. „Einige Veranstalter bieten Flex-Optionen an. Reisende können so bis zu vierzehn Tage vor der Reise ohne Angabe von Gründen stornieren,“ sagt Mlakar. Zudem gebe es sogenannte „Covid-Protect-Pakete“ – also Versicherungen für den Fall einer Corona-Infektion vor oder während der Reise. „So steigen aber die Reise-Nebenkosten für unsere Kunden deutlich.“
Sprecher Deutscher Reiseverband: Kunden suchen 2021 Absicherung
Der Aufpreis für Versicherungen sei es vielen Reisenden aber wert, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV). 2021 suchten Kundinnen und Kunden vor allem Flexibilität und Absicherung: „Auch deshalb stellen wir eine starke Zunahme an gebuchten Pauschalreisen fest.“
Weil viele im vergangenen Jahr nicht verreist sind, würden sie nun höherwertige Reisen buchen. „Lieber ein 4- statt ein 3-Sterne-Hotel, Vollpension statt Halbpension oder man bleibt ein paar Tage länger,“ so der DRV-Sprecher. Nichtsdestotrotz: Die Buchungen für die Urlaubssaison 2021 würden bisher nur ein Drittel der Buchungen ausmachen, die für das Reisejahr 2019 getätigt wurden.
Buchungswelle bei Alltours Essen – Balearen sehr beliebt
Der Buchungsboom und die sich entspannende Corona-Situation bringt nicht nur Markus Scheil und seine Familie dazu, die Buchung ihrer Mallorca-Reise schnell abzuschließen, berichtet Giulia Holstein aus der Alltours-Filiale in Frohnhausen. „Wenn hier im Reisebüro die Tür aufgeht und jemand reinkommt, kann ich schon fast davon ausgehen, dass er auf die Balearen will.“
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