Duisburg. Zehn Jahre gab es das vegane Café „Krümelküche“ in Duisburg-Hochfeld. Nun ist Schluss. Was die Gründe sind – und was der Besitzer jetzt vorhat.
Das vegane Duisburger Café „Krümelküche“ ist Geschichte. Am vierten Advent haben Martin Reekers und Melissa Brinkmann zum letzten Mal in Hochfeld geöffnet. Viele Stammkunden nutzten die Gelegenheit, um sich zu verabschieden. Die Stimmung war melancholisch und doch verständnisvoll. Einige suchten sich sogar noch ein persönliches Lieblingsteil, beispielsweise einen Stuhl, einen Tisch oder eine Tasse aus, um den Treffpunkt mit Wohnzimmer-Atmosphäre in guter Erinnerung zu behalten.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Das vegane Café war einzigartig in Duisburg. Vor zehn Jahren wurde es von Dennis und Sarah Strillinger eröffnet. Sandwiches, Burger, Fingerfood, vor allem aber auch Kuchen in Torten waren vegan. Die „Krümelküche“, dem stimmen auch Nicht-Veganer zu, wird in der Duisburger Gastro-Szene fehlen.
Für die Krümelküche kamen viele Besucher von weit her nach Duisburg
Viele Stammgäste kamen auch von weiter her – so wie Dirk und Marc. Sie sind aus Köln und Moers und mochten die schöne Atmosphäre. Selbst in Zeiten, in den die meisten Supermärkte vegane Produkte im Sortiment haben, war ein Besuch in dem Café immer etwas Schönes. „Man will ja auch mal ausgehen“, sind sich die beiden einig. Außerdem waren sie Fan der Veranstaltungen, die es hier regelmäßig gab.
Ein paar Tische weiter sitzen Mara und Tanja. „Ich habe hier meinen 18. Geburtstag gefeiert, das ist neun Jahre her. Damals gab es hier schon Club Mate-Tee, als der noch nicht so verbreitet war“, erinnert sich Mara, heute 27 Jahre alt. Sie und ihre Freundin Tanja (26) kommen beide aus Dinslaken und haben sich regelmäßig auf den Weg nach Duisburg gemacht. „Etwas Vergleichbares gibt es in Dinslaken nicht.“ Zwar habe das eine oder andere Café mittlerweile auch mal ein veganes Kuchenangebot, aber die Auswahl an Torten, Cupcakes und anderen Leckereien in der „Krümelküche“ suche seinesgleichen.
Crowdfunding-Kampagne half durch Corona-Zeiten
Meistens haben sich die beiden auf einen Kaffee getroffen, oft sind sie geblieben, um auch noch etwas von der Wochenkarte zu ordern. „Die Atmosphäre ist so schön hier, wie in einem Wohnzimmer“, lobt Tanja. Klar könne sie nachvollziehen, dass Betreiber Martin Reekers eine Pause brauche. „Heute ist trotzdem ein trauriger Tag“, betont sie. Als die beiden von der Schließung erfahren haben, war für sie klar, dass sie unbedingt nochmal vorbeischauen wollen.
Wegen des großen Andrangs servieren Martin Reekers und Melissa Brinkmann nur noch Getränke. Seit zweieinhalb Jahren hat sich Reekers nach einem Nachfolger umgeschaut. Eine Crowdfunding-Kampagne zur Pandemie hat seinerzeit geholfen, schwierige Zeiten zu überbrücken. Auch diesmal haben Stammgäste wieder angeboten, noch einmal zu spenden. „Martin hatte schon früh Anzeichen eines Burnouts“, erklärt Melissa Brinkmann. Sie hat früher bereits in der Gastronomie gearbeitet und ihm versprochen, bei der Abwicklung zu helfen.
„„Das Besondere an der Krümelküche war das Familiäre. Und die Gäste haben uns immer für unsere Transparenz gelobt.““
„Das Besondere an der Krümelküche war das Familiäre. Und die Gäste haben uns immer für unsere Transparenz gelobt“, beschreibt Melissa Brinkmann. Alle Speisen wurden selbst zubereitet. Wenn einer der Besucher mal wissen wollte, welcher Sahne-Ersatz verwendet wurde oder welche Inhaltsstoffe in dem einen oder anderen Produkt stecken, konnten sie diese immer nachweisen.
Gestiegene Preise: Leute gehen weniger auswärts essen
„Wir haben uns immer mal vorgenommen, hier vorbeizukommen. Leider hat es erst am letzten Tag geklappt”, bedauert Nadja (57). Gemeinsam mit Valeria (57) und Judith (47) gönnt sie sich einen Kaffee. „Sonst sind wir gerne mal im Fino oder auch im Ziegenpeter.“ Duisburg habe gastromäßig nicht so viel zu bieten. Da Nadja ohne Auto unterwegs ist, sollten die Locations zudem gut erreichbar sein. „Es ist schade, dass sich die besonderen Sachen offenbar nicht tragen, aber es ist auch schwer in Duisburg. Da ist Düsseldorf anders“, weiß sie.
Martin Reekers muss bis zum Jahresende das gemütliche Café geräumt haben und besenrein übergeben. „Ich muss mich erstmal um meine Gesundheit kümmern und weiß nicht, wie lange die Pause ausfallen wird.“ Leider gebe es nicht genügend Rücklagen, um die Zeit zu überbrücken. Nach Corona und mit den gestiegenen Preisen durch die Inflation gingen die Leute 20 Prozent weniger essen. Das seien genau die Prozente, die es brauche, um kostendeckend zu arbeiten und noch einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften.
Bei Kleinanzeigen hat er annonciert, dass er einen Nachfolger sucht. Interessierte gab es einige, doch die meisten hatten vorher noch nie in der Gastronomie gearbeitet. Andere wollten die Krümelküche neben ihrem Vollzeit-Job führen. „Das funktioniert nicht“, sagt er entschieden. Er erzählte ihnen von den 16-Stunden-Schichten, die er zeitweise schob. So gabs neben dem Café-Betrieb auch immer wieder Catering-Aufträge, die Geld brachten, aber jede Menge Zeit verschlangen. „Ohne mein Team hätte ich das nicht geschafft.“ Es seien Leute wie Nachbarin Jessy gewesen, die immer parat standen.
Viele Interessenten, aber noch kein Nachfolger in Sicht
Dabei hatten einige durchaus auch neue Konzepte für die Krümelküche. Einer wollte das Café mit einem Plattenladen kombinieren. Andere noch Blumen und Pflanzen verkaufen. „Das wäre smart. Man braucht ein Standbein, das das andere trägt“, so Melissa Brinkmann. Bei ihr überwiegt nach der Entscheidung zur Schließung die Erleichterung. Ob es demnächst einen Nachfolger geben wird, ist also noch nicht sicher.
- Vom Flüchtling zum Chef: Neues Café in Duisburg eröffnet
- Eins von 21 in Deutschland: Gault & Millau adelt dieses Duisburger Restaurant
- Burger statt Braten: Mc Donalds macht durch
- Weihnachten in Duisburg: Hier gibt es an den Feiertagen frische Brötchen
- Vergessene Fabriken: Duisburg war früher Keks-Hochburg
In den nächsten Tagen wird noch das Interieur verkauft. Rund 50 Prozent der Möbel sind schon reserviert. Ein schöner alter roter Sessel wird bald in einer Therapie-Praxis stehen. Andere haben sich Tische für ihre Küche oder das Wohnzimmer ausgesucht. „Das war unser Wunsch, dass die Krümelküche bei den Leuten ein bisschen weiterlebt.“ In den nächsten Tagen soll auch noch eine der hübschen Speisekarten versteigert werden. Das Geld wird an den Tierschutz gespendet.
Das vegane Essen war in der Krümelküche immer mit einer Botschaft verknüpft. So wird Melissa Brinkmann künftig auch weiterhin vegane Kuchen sowie Törtchen backen und beispielsweise bei Veranstaltungen im Tierheim verkaufen. Außerdem könnten auch andere Cafés oder Privatpersonen ihre Spezialitäten ordern. Kontakt kann man am besten via Instagram aufnehmen.