Duisburg. Günter Spikofski war arbeitslos – und wurde nur wenige Tage später zum Geschäftsführer der Tafel Duisburg. Einblicke in eine besondere Karriere.
Die Bezirksvertretung Duisburg-Mitte ehrt Günter Spikofski für seine Arbeit bei der Duisburger Tafel. Vor kurzem hat er dafür eine Ehrennadel verliehen bekommen. „Dank seines Einsatzes hat die Tafel ihr Hilfsangebot kontinuierlich ausgebaut. Mit unermüdlichem Engagement setzt er Hilfsprojekte um, die genau die Menschen erreichen, deren Not am größten ist“, heißt es in der Laudatio.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Seit 2008 ist Spikofski bei der Tafel dabei – ursprünglich durch eine glückliche Fügung. Er war seinerzeit kurzzeitig arbeitslos und überlegte, ob er sich in seiner Freizeit als Fahrer für die Tafel engagieren solle. Einen Tag später bekam er einen Anruf vom Jobcenter. Die Dame offerierte eine Stelle als Geschäftsführer. „Das war ein Montag. Einen Tag später habe ich Kontakt aufgenommen, Donnerstag habe ich den Vertrag unterschrieben und in der nächsten Woche angefangen.“
Job war glücklicher Zufall: seit 2008 Chef der Duisburger Tafel
In seinem „ersten Leben“ hat Spikofski allerdings etwas ganz anderes gemacht. Als Jugendlicher hatte er wenig Lust auf Schule und als er mit 14 Jahren samt Hauptschulabschluss zur Berufsorientierung geschickt wurde, wusste er auf die Frage „Was willst du denn mal machen?“ noch keine Antwort. Ihm war nur klar: „Irgendwas mit Menschen.“ Er machte also eine Lehre im technischen Einzelhandel, bemerkte allerdings schnell, dass es doch besser wäre, einen höheren Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg nachzumachen.

Spikofski drückte also erneut die Schulbank. Seine Freizeit verbrachte er in einem Jugendzentrum in Essen-Borbeck. „Das war was. Ich dachte, ich werde später mal Sozialarbeiter, da kann ich dann den ganzen Tag kickern und Tee trinken.“ Während seines Studiums arbeitete er in einem Stadtteilladen in Hörsterfeld, einer vergleichbaren Siedlung wie Neumühl. Nach dem Studium war eine weitere berufliche Station ein Stadtteilprojekt in Bruckhausen, begleitet von Professor Oelschlägel von der Uni Duisburg.
Ersten Kontakt zur Tafel hatte Spikofski, als er in den 1990er Jahren in der Wohnungslosenhilfe in Düsseldorf tätig war. „Da kam immer eine freundliche Dame der Tafel und brachte Lebensmittel, aus denen wir dann Mahlzeiten gekocht haben“, erinnert er sich. Als er dann 2008 selbst bei der Tafel anfing, war die Hilfsorganisation noch nicht so aufgestellt wie heute. Es gab zwei Ausgabestellen, die rund 1000 Menschen versorgten. Inzwischen nutzen rund 5500 Personen die Hilfsangebote.
- Vom Nichtstun wird nichts besser: 20 Jahre Duisburger Tafel
- 100.000 Euro für die Tafel: So hilft das Geld
- „Standen vor dem Nichts“: Duisburger Tafel eröffnet Neubau
In den vergangenen Jahren war ganz schön was los. „Normalerweise sucht man sich ein Projekt und überlegt, wie man es umsetzen kann. Hier schauen wir immer, wie wir reagieren können.“ Als sich die Tafel strukturell neu aufgestellt hatte, kam die erste Flüchtlingskrise. Schlagartig gab es mehr Menschen, die auf Lebensmittel und Unterstützung angewiesen waren. Als man die Situation im Griff hatte und dachte, es würde nun wieder etwas ruhiger, gab es bei der Essener Tafel einen kleinen Skandal. Weil sich dort Kunden mit Migrationshintergrund danebenbenommen hatten, sollten diese in Essen ausgeschlossen werden. Die Debatte, die daraufhin losbrach, betraf alle Tafeln.
Eine Krise nach der anderen: Tafel-Mitarbeiter kommen kaum zur Ruhe
Als die Diskussionen abflachten, brannte der Standort am Grunewald. Die Spendenbereitschaft war groß, doch es dauerte Jahre, bis ein neues Gebäude stand – übrigens wieder am alten Standort. Und dann war da noch Corona …
„Es gab Zeiten, da habe ich mich verflucht, dass ich der Frau vom Jobcenter einen Blumenstrauß besorgt habe, weil sie mich auf den Job aufmerksam gemacht hat.“ Doch meistens macht ihm die Arbeit Spaß, auch wenn er längst nicht mehr so viel mit den Kunden zu tun hat, sondern sich eher um den Papierkram oder den Kontakt mit den Spendern kümmert. Aber wenn er doch mal wieder bei einer Ausgabe dabei ist, sieht er: „Unsere Hilfe kommt an. Man bekommt ein direktes Feedback, die Leute sind dankbar.“
„Unsere Hilfe kommt an. Man bekommt ein direktes Feedback, die Leute sind dankbar.““
Ruhigere Zeiten sind für die Tafel übrigens erst einmal nicht in Sicht. Der Betrieb des neuen Mittagstisch-Angebots sei gut angelaufen. Es soll allerdings noch ein Sozialarbeiter eingestellt werden, der den Standort mitbetreut. Zudem ist sicher, dass die Zentrale der Tafel samt Lager bald umziehen muss, weil das Gelände an der Gelderblomstraße in Meiderich anders genutzt werden wird. „Wir haben vielleicht neue Räume in Aussicht, aber sie müssen bezahlbar und gut erreichbar sein“, schaut Spikofski nach vorne. Den Umzug würde er noch gerne regeln, bevor er sich Ende 2025 in Rente verabschiedet.

Nun steht aber erst einmal die Weihnachtszeit an. Die ist besonders wichtig, denn die Tafel finanziert sich komplett aus Spenden. Was die Tafel am meisten braucht? Spikofski muss nicht lange überlegen. „Die Antwort ist ganz profan: Geld.“ Damit die Ehrenamtlichen auch mal ein bisschen zur Ruhe kommen, legt die Organisation erstmals nach Jahren eine Pause ein und schließt zwischen den Jahren.
Günter Spikofski freut sich über die Anerkennung. Er und die Ehrenamtlichen der Tafel haben mittlerweile ein Regal, in dem sie Auszeichnungen sammeln. „Ich würde gerne darauf verzichten, wenn stattdessen die Politik Geld in die Armutsbekämpfung stecken würde“, sagt er. So lange machen er und die anderen Engagierten eben weiter.
>> Weitere Auszeichnung geht an Birgit Gietzel
Die Bezirksvertretung Mitte hat insgesamt zwei Ehrennadeln vergeben. Die zweite Auszeichnung wurde Birgit Gietzel verliehen. Mit dem Verein „Helferelfen e.V.“ erfüllt sie Herzenswünsche, organisiert Ausflüge und Weihnachtsgeschenkaktionen.