Duisburg. Tessa und Sissi machen in ihrem Duisburger Autohaus einiges anders – speziell für Frauen und junge Familien. Diese Punkte sind ihn dabei wichtig.

Mal ein Gedankenspiel, nicht ausschließlich, aber besonders für Frauen. Sie bringen das Auto zu Inspektion in die Werkstatt, unterschreiben einen Zettel und blättern das Geld hin: Wissen Sie, was die Schrauber da überhaupt geschraubt haben? Beziehungsweise, trauen Sie sich überhaupt, zu fragen? Wenn ja, more power to you! Wahrscheinlicher ist es aber, dass sie es nicht tun, sei es aus Scham oder aus Angst vor abfälligem „Mansplaining“.

Das haben auch Tessa Cramer-Biermann und Sissi Figura festgestellt. Die Schwestern führen das Duisburger Skoda-Autohaus am Grossmarkt – und haben es sich auf die Fahnen geschrieben, mit Vorurteilen und Vorbehalten zu brechen, ein freundliches „Autohausklima“ zu schaffen, nicht nur, aber besonders für Frauen. Wie kam das denn? Und vielleicht wichtiger noch: wie funktioniert das?

Tessa und Sissi sind mit ihrem Duisburger Autohaus große geworden

Ein kleiner Sprung in die Vergangenheit: 1988 eröffnet ihr Vater eine kleine Autowerkstatt in Kaßlerfeld, dort, wo das Autohaus noch heute steht, eine Hebebühne, mehr nicht. Nach und nach wächst das Unternehmen, es kommt eine Werkhalle dazu, 1992 der Vertrag mit der – damals noch ziemlich unbekannten – Marke Skoda. „Als einer der ersten Händler in NRW“, erinnern sich die Schwestern, während sie zwischen schwarzen Skoda-E-SUVs sitzen, die im großen Verkaufsgebäude ausgestellt sind.

Die beiden Frauen wachsen sozusagen im Autohaus auf, das Elternhaus steht nämlich auch auf dem Grundstück. Mittlerweile sind sie ausgezogen – allerdings bloß ein paar Meter weiter, aus dem Fenster haben sie immer noch alles im Blick. Beruflich wagen sie sich schon ein bisschen weiter hinaus. Tessa verkauft Mercedes und Porsche, Sissi arbeitet bei einem Autohaus-Konzern mit über 1000 Mitarbeitern.

Was der Duisburger Familienbetrieb anders macht

Und jetzt sind sie wieder da. Sissi schon seit vier Jahren, Tessa seit April 2023, zurück beim Vater, sozusagen. Auf dem Papier ist der zwar noch der Chef, „und wir sprechen auch alles mit ihm ab, aber Papa lässt uns freie Hand“. Wobei denn? Dabei, die Weichen für die Zukunft zu stellen, sagen die beiden, bei der Digitalisierung, dabei, sich als kleines Familienunternehmen abzuheben. „Und dabei, die Schwächen großer Autohaus-Konzerne zu unserem Vorteil zu nutzen.“

Passt das? Tessa Cramer-Biermann berät im Duisburger Skoda-Autohaus am Grossmarkt junge Familien entsprechend ihrer Bedürfnisse.
Passt das? Tessa Cramer-Biermann berät im Duisburger Skoda-Autohaus am Grossmarkt junge Familien entsprechend ihrer Bedürfnisse. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Damit sind wir dann wieder beim Thema „Autohaus für Frauen“. Wobei „Autohaus für Familien“ besser passt, Männer sind in Kaßlerfeld natürlich genauso willkommen. Aber Frauen im Autohaus, speziell Mütter im Autohaus, darauf schauen die Schwestern ganz besonders, auch weil sie selbst Erfahrungen gemacht haben. „Wenn ich früher Autos verkauft habe, waren die Frauen nachher oft überrascht, dass ich mit ihnen und nicht automatisch mit ihrem Mann gesprochen habe“, erinnert sich Tessa.

Besonderer Service für junge Familien

Sissi, die ihre automobile Berufung in der Werkstatt gefunden hat, hat ähnliches erlebt. „Im Service haben Frauen eigentlich immer einen Mann dabei. Aus Angst, blöd angeschaut zu werden, möglicherweise sogar hinters Licht geführt zu werden.“ Sitzen Frauen im Service aber ihr gegenüber, berichtet die Duisburgerin, sei die Hemmschwelle für Fragen niedriger.

Nicht nur Männersache: Sissi Figura packt in der Werkstatt ihres Duisburger Autohauses an – und wird gerade als Kfz-Mechatronikerin ausgebildet.
Nicht nur Männersache: Sissi Figura packt in der Werkstatt ihres Duisburger Autohauses an – und wird gerade als Kfz-Mechatronikerin ausgebildet. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Seit anderthalb Jahren ist Sissi Mutter, noch eine Sache, die ihr Berufsleben direkt beeinflusst hat. „In die Rolle der Mama kann man sich nicht hineindenken, wenn man keine ist“, erklärt sie, deswegen war es völlig klar, dass es in „ihrem“ Autohaus eine Spielecke, eine Stillmöglichkeit und einen Wickeltisch geben muss. „Die Frauen, die Familien, müssen sich bei uns keine Gedanken um die Betreuung machen, sie können ihre Kinder mitnehmen“, sagen die Schwestern. „Hier wird keiner blöd angeguckt, und das Kind muss auch nicht still in der Ecke sitzen.“ Das gilt im übrigen auch dann, wenn das Kind noch im Bauch ist. „Welches Auto braucht es jetzt, mit Nachwuchs, passt ein Kinderwagen in den Kofferraum, wie geht das mit dem Kindersitz: Da helfen wir genauso.“

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Alles irgendwie eine Selbstverständlichkeit, sollte man denken, in der Männerdomäne Autohaus aber immer noch etwas Besonderes. „Wir sind ein faires Familienunternehmen“, fassen Tessa und Sissi zusammen, die auch im Internen auf Niedrigschwelligkeit setzen. Weil sie als Quasi-Geschäftsführerinnen jeden Tag selbst vor Ort sind, ist der Draht für die Mitarbeiter kurz.

Apropos Mitarbeiter: Die sucht das Autohaus im Lichte des Fachkräftemangels, ganz besonders Kfz-Mechatroniker, die in Kaßlerfeld auch ausgebildet werden. Potenzielle Azubis würden dann quasi mit Sissi Figura zusammen lernen, die macht nämlich gerade selber so eine Ausbildung. „Mit 28 zusammen mit 17-Jährigen in der Berufsschule zu sitzen ist natürlich ein bisschen seltsam“, grinst sie, „aber das ist es wert, im Service dann selber helfen zu können, anstatt immer nachfragen zu müssen.“

>> NICHT NUR SKODA: DUISBURG AUTOHAUS SUCHT AUCH DEN WUNSCHGEBRAUCHTEN

  • Neben dem Skoda-Neuwagengeschäft und der Werkstatt sind die Schwestern täglich auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt unterwegs.
  • Je nachdem, was die Kunden möchten, gehen die beiden auf die Suche nach dem passenden Gebrauchten – ganz unabhängig von der Marke.
  • Auf Instagram kann man unter „autohaus_am_grossmarkt“ den Alltag der beiden Schwestern in ihrem automobilen Zuhause verfolgen – und erfahren, mit welchen Aktionen sie das Thema „Frauen im Autohaus“ noch mehr normalisieren.